Gagnaire wird ein Restaurant in Berlin eröffnen

Der Starkoch bestätigt im Falstaff-Interview, dass er seine Küche im Waldorf Astoria etablieren wird. Chefkoch wird ein Belgier, Souschef ein Österreicher.

Pierre Gagnaire ist einer der einflussreichsten Köche der Welt, führt ein Dutzend Restaurants rund um den Globus und war Wegbereiter der Nouvelle Cuisine und einer der ersten Proponenten der Fusionsküche. Sein nach ihm benanntes Hauptrestaurant in Paris ist mit drei Michelin-Sternen dekoriert. Falstaff-Redakteur Bernhard Degen traf den Starkoch anlässlich seines Engagements bei der Salon-Gala der Österreich Wein Marketing in Wien und holte sich die Bestätigung seines Berlin-Projekts aus erster Hand.

Falstaff: Monsieur Gagnaire, eben wurde bekannt, dass Sie das Restaurant im Waldorf Astoria in Berlin übernehmen werden. Worauf können sich die Berliner freuen?

Pierre Gagnaire: Das neue Restaurant wird zu der Atmosphäre des Hotels und zu Berlin insgesamt passen. Berlin ist eine internationale Metropole und das wird man in der Küche wieder finden, aber natürlich werde ich auch die deutsche Genusskultur einfließen lassen. Ich werde mir viel Zeit nehmen um meine Persönlichkeit und meine Sensibiltät bei der Kreation von Gerichten einbringen. Oberstes Ziel ist es nicht, möglichst viel Michelin-Sterne zu erobern, sondern ein stimmiges Restaurant zu schaffen.

Falstaff: Gibt es schon eine Mannschaft und wann soll die Eröffnung sein?

Pierre Gagnaire: Chef wird der Belgier Roel Leterman. Es war mir wichtig, eine deutschsprachige Persönlichkeit einzusetzen, die reibungslose Kommunikation mit dem gesamten Umfeld ist sehr wichtig. Souschef wird mit Thomas Leitner ein Österreicher, der schon neun Jahre für mich arbeitet und im Moment in Hongkong stationiert ist. Die Eröffnung ist für Februar 2012 geplant.

Pierre Gagnaire © Falstaff/Renée del Missier

Falstaff: Sie sind seit gestern in Wien, hatten Sie schon Gelegenheit die Restaurantszene zu begutachten?

Pierre Gagnaire: Leider habe ich nicht sehr viel Zeit, aber gestern Abend waren wir im »Steirereck«, wovon ich sehr beeindruckt war. Für mich war faszinierend wieviele Details der Chef bei jedem Gang verarbeitet hat.

Falstaff: Kennen Sie österreichische Gerichte und wenn ja, was davon essen Sie am liebsten.

Pierre Gagnaire: Ich mag sehr gerne Wiener Schnitzel, wir bereiten es oft für die Mitarbeiter zu, die lieben das.

Falstaff: Das Salon-Dinner wird von österreichischen Weinen begleitet, haben Sie selbst welche in ihren Restaurants und haben Sie Favoriten?

Pierre Gagnaire: Ich muss gestehen, dass wir natürlich auf französische Weine fokussiert sind und auch ältere Jahrgänge - bis zu zwei Generationen zurück - lagernd haben. Österreichische Weine sind eher ein Randthema, aber wir haben immer wieder Schwerpunkte und spezielle Angebote von österreichischen Winzern.

Falstaff: Was ist für Sie der wichtigste Trend in der internationalen Gastronomie? Ist Molekularküche wirklich obsolet und ist die Verwendung von regionalen Produkten tatsächlich ein Megatrend?

Pierre Gagnaire: Es gibt immer wieder Strömungen, die manchmal extrem betont werden, so wie das bei der Molekularküche war. Das ist jetzt wieder auf ein normales Maß zurückgegangen, aber sie ist keineswegs obsolet sondern wichtiger Bestandteil der bedeutenden Küchen. Regionalität ist eine schöne Sache, das ist auch sehr beeindruckend was René Redzepi macht, ich war erst am Wochenende im Noma in Kopenhagen essen. Aber viel wichtiger ist, dass die Köche ihre Talente und unterscheidbaren Charakterzüge erkennen und diese weiter ausbilden. Es kommt viel mehr auf Herz, Energie und Persönlichkeit an!

Pierre Gagnaire © Falstaff/Renée del Missier

Falstaff: Ist die französische Küche in einer Krise? Bei den letzten Wettbewerben wie dem Bocuse d'Or oder der San Pellegrino Top 50-Liste schnitten skandinavische Länder oder auch Spanien deutlich besser ab, als Frankreich...

Pierre Gagnaire: Früher war der Stellenwert guten Essens nur in Frankreich so stark ausgeprägt, jetzt ist hohes gastronomisches Niveau überall wichtiger geworden. So gesehen haben die französischen Köche mehr Mitbewerber gewonnen. Sehen Sie mal, wie sich die Thai-Küche entwickelt, da kommt Großartiges auf uns zu.

Falstaff: Was ist Ihre Reaktion auf die Überfischung der Meere?

Pierre Gagnaire: Wir verwenden nach wie vor Meeresfische, auch wenn sie gefährdet sind. Allerdings begegnen wir den Produkten mit größtem Respekt, verwerten wirklich alles und werfen nichts weg. Das ist keine Schande.

Falstaff: Haben Sie ein Gericht, das Sie als Ihr Signature Dish bezeichnen würden?

Pierre Gagnaire: Nicht konkret, meine Mission ist, dass ich Produkte verwende, die ich gut kenne und in der Komposition von Gerichten möchte ich etwas Neues kreieren, was genial passt.

Falstaff: Welche Köche haben Sie in Ihrer Entwicklung beeinflusst?

Pierre Gagnaire: Alain Chapelle, der für mich Wegbereiter der cleveren Nouvelle Cuisine war und Freddy Girardet.

www.pierre-gagnaire.com

(Interview von Bernhard Degen, Fotos von Renée del Missier)

Pierre Gagnaire © Falstaff/Renée del Missier

Bernhard Degen
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