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Funkelnde Alpenweine

Weine aus Südtirol sind heute in Guides und bei Kennern an vorderster Stelle zu finden. Zudem hat sich das einstige Rotweinland zu einer tonangebenden Weißwein-Hochburg entwickelt. Eine Bestandsaufnahme.

Ende der 1970er-Jahre war es um den Südtiroler Wein nicht gut bestellt. Der Absatz unseres Rotweines – in erster Linie Vernatsch – war stark zurückgegangen. Ich setzte auf Weißwein und begann, meine Weinberge umzustellen«, erinnert sich Alois Lageder, einer der Südtiroler Paradewinzer. Seinem Beispiel folgten weitere Pioniere, die sich nun verstärkt dem Weißwein widmeten und die Zeichen der Zeit richtig deuteten.
In Südtirol wird auf Höhenlagen von 250 bis 1000 Meter Wein angebaut. Das sind mehrere verschiedene Klimazonen, die umgelegt auf flaches Land viele hundert Kilometer Distanz ergeben würden. In den Südtiroler Hang- und Berglagen sind es aber nur wenige Kilometer Fahrweg. Während in den niedriger gelegenen Lagen vor allem Rotweine und wärmebedürftige Weißweine wie Gewürztraminer zu finden sind, bleiben die höheren Lagen für duftige Weißweine reserviert.
Diese belegen mittlerweile sechzig Prozent der Anbaufläche. Südtiroler Weiße sind aber nicht nur frisch, sie können auch klotzen ­und zeigen Fülle und Kraft.
Da ist für alle etwas dabei, denn die Sortenvielfalt ist breit gestreut, es dominieren aber die Burgundersorten und Gewürztraminer. Im Bereich der trockenen Gewürztraminer sind die Südtiroler sogar international führend.
Sie bieten vielschichtige Aromen, Kraft und doch auch feines Spiel. Der Gewürz­traminer gilt zu Recht als Roter unter den Weißen. Der Nussbaumer der Kellerei Tramin oder Hofstätters Kolbenhof markieren hier die Spitze.
Die Burgundersorten Pinot Grigio, Chardonnay und Weißburgunder haben einen Anteil von je gut zehn Prozent an der Gesamtfläche. Weißburgunder war lange Zeit der Südtiroler Weißwein schlechthin, und in den letzten Jahren gibt es verstärkt Bemühungen, dem Weißburgunder ein hochwertiges Profil zu geben. Das größte Verdienst kommt dabei der Kellerei Terlan zu. Mit ihrem Vorberg aus hohen Lagen hat sie nicht nur gezeigt, wie feingliedrig und mineralisch Weißburgunder-Weine sein können, sondern vor allem auch wie langlebig.

Mitarbeiter der Kellerei St. Michael-Eppan bei der Weinlese. Die Kellerei stellt Italiens ­bekanntesten Sauvignon Blanc her: den Sanct Valentin.
© Udi Bernhart
Mitarbeiter der Kellerei St. Michael-Eppan bei der Weinlese. Die Kellerei stellt Italiens ­bekanntesten Sauvignon Blanc her: den Sanct Valentin.

In Südtirol wird Wein auf Höhenlagen von 250 bis 1000 Meter angebaut. Das entspricht mehreren Klima­zonen. Auf Flachland um­gelegt ergibt das Distanzen von vielen hundert Kilometern.

Klima-Anlagen

Aber im alpin-mediterranen Klima Südtirols gedeihen auch einige herausragende Chardonnays. Lageders Löwengang war im Jahrgang 1984 einer der ersten Barrique-Chardonnays außerhalb Frankreichs und zählt nach über 30 Jahrgängen zu den besten Weißweinen ­Italiens. Auf ähnlichem Niveau liegen der Chardonnay Sanct Valentin der Kellerei ­St. Michael-Eppan, Tiefenbrunners
Linticlarus, der Baron Salvadori von Nals ­Margreid oder der Burgum Novum von Castelfeder. Selbst der sonst oft als banal verschriene ­Pinot Grigio bringt bemerkenswerte Weine hervor. Wer es nicht glaubt, der sollte mal Punggl von Nals Margreid, Unterebner der Kellerei Tramin, den 15 von ­Castelfeder, den Pinot Grigio von Garlider oder den vom Köfererhof probieren – er wird Sternstunden erleben!
Aber auch der Sauvignon Blanc hat in den vergangenen Jahren kräftigen Zuwachs erhalten. Bekanntester Sauvignon Blanc Süd­tirols ist der Sanct Valentin der Kellerei ­­St. Michael-Eppan, der in Italien Kultstatus genießt. Der überwiegend im Stahltank ausgebaute Wein begeistert mit seinem Duft und seiner Rasse, zeigt zugleich Komplexität und Langlebigkeit.

Die Kellerei Schreckbichl steht für ausgezeichneten Sauvignon Blanc. Hier wird aber auch die Vorzeige-Cuvée LR gekeltert. 
© Helmuth Rier
Die Kellerei Schreckbichl steht für ausgezeichneten Sauvignon Blanc. Hier wird aber auch die Vorzeige-Cuvée LR gekeltert. 

Am anderen Ende der Sauvignon-Blanc-­Stilpalette steht der Quarz der Kellerei Terlan, der im Holzfass ausgebaut wird und immer ein Jahr länger reift. Dazwischen gibt es eine Reihe hervorragender Sauvignons Blancs wie etwa den Lafòa von ­Schreckbichl, den Mantele von Nals Margreid, den ­Oberberg von Kornell, ­Peter Dipolis ­Voglar oder Ignaz Niedrists ­Sauvignon.
Zudem profitieren zwei Südtiroler Randgebiete, der Vinschgau und das Eisacktal, von den Temperaturerwärmungen der letzten Jahre. Bis vor eineinhalb Jahrzehnten noch kaum beachtet, sind die Weißweine aus diesen kleinen Gebieten heute hoch geschätzt. Der Vinschgau westlich von Meran ist eines der niederschlagsärmsten Gebiete im Alpenraum. Auf den kargen Schieferböden wachsen beachtenswerte Rieslinge. Dieser wird übrigens auch im Eisacktal mit großem Erfolg angebaut. Weinbau gehört im Kloster Neustift nördlich von Brixen seit dem 12. Jahrhundert zum Alltag. Zwischen Neustift im Norden und der Eisacktaler Kellerei in ­Klausen im Süden der Region machte sich
in den vergangenen Jahren eine Reihe klei­ner Weinbauern selbstständig. Sie haben ehemals brachliegende Steillagen wieder bepflanzt und brachten so das Eisacktal zurück auf die Weinkarten. Zum Beispiel mit duftigem Kerner, feinem Silvaner oder rassigem Grünen Veltliner!

»Ende der 70er-Jahre war es um den Südtiroler Wein nicht gut bestellt. Vor allem der Umsatz von Vernatsch brach ein. Also stellte ich um und setzte voll auf Weißwein.«
Alois Lageder Winzer und Wein-Pionier

Alois Lageder (r.) und sein Sohn Alois Clemens prägen die Südtiroler Weißweinszene.
© Gregor Khuen Belasi
Alois Lageder (r.) und sein Sohn Alois Clemens prägen die Südtiroler Weißweinszene.

Die »Super-Südtiroler«

Mit rund 5400 Hektar Weinbergen gehört Südtirol flächenmäßig zu den Schlusslichtern im italienischen Weinbau. Klein in der Menge, zeigt sich Südtiroler Wein aber groß in der Qualität. Das fördert das Selbstbewusstsein der Winzer, und in den neuen »Super-Südtirolern« kommt dies zum Ausdruck. ­»Super-Südtiroler« sind Ultra-Pre­mium-Weine, die preislich deutlich über 50 Euro ­liegen. Der Trend stammt aus der Kellerei ­Terlan, die 2014 mit der Terlaner I Cuvée (Weißburgunder, Chardonnay, Sau­vignon) ­den teuersten Weißwein Italiens ­präsentierte.

Danach ging es Schlag auf Schlag: Im Herbst 2014 folgte die Kellerei St. Michael-Eppan mit dem Appius. Der langjährige Kellermeister Hans Terzer schuf sich ­damit ein Denkmal. »Ich nehme dafür die besten Partien im Keller und kreiere daraus eine Cuvée. In der Regel wird das ein Weißwein sein. In besonderen Jahren kann das aber auch ein Rotwein sein«, erklärt die Weinlegende.
Die Kellerei Schreckbichl kreiert ebenfalls High-Class-Weine und schickt ihre Vorzeige-Cuvée LR in anspruchsvoller Aufmachung ins Rennen. Und die Kellerei St. Pauls reüssierte mit dem Sanctissimus, für den Weißburgundertrauben aus einem Weingarten von 1899 in Tonamphoren vergoren werden.

Unter »Super-Südtirolern« versteht man Premium-Weine, die preislich deutlich über 50 Euro liegen. Sie sind Ausdruck des wiedergefundenen Selbstvertrauens der Winzer.

In der Kellerei Hofstätter wird u. a. aus Blauburgunder ein »Super-Südtiroler« gekeltert. 
© Stefano Scata
In der Kellerei Hofstätter wird u. a. aus Blauburgunder ein »Super-Südtiroler« gekeltert. 
Hans Terzer von der Kellerei St. Michael-Eppan ist einer der Top-Weinmacher in Südtirol.
© OskarDaRiz
Hans Terzer von der Kellerei St. Michael-Eppan ist einer der Top-Weinmacher in Südtirol.

Super geht auch in Rot

Aber auch im Rotweinbereich gibt es einige »Super-Südtiroler«. Das Weingut Hofstätter präsentierte seinen Einzellagen-Blauburgunder Ludwig Barth von Barthenau Vigna ­Roccolo 2012 im Frühjahr vergangenen Jahres. »Die Vigna Roccolo ist eine besondere Parzelle in unseren Weinbergen in Mazon. Die Rebstöcke sind über 70 Jahre alt«, erläutert ­Martin ­Foradori. Zudem bereichert die Kellerei ­Girlan das Blauburgunder-Spektrum ­mit dem außergewöhnlichen Pinot Noir ­Riserva ­Vigna Ganger 2012.
Und in den Kellern des Klosters Muri- Gries in Bozen reift unterdessen der erste große Lagen-Lagrein aus dem Klosteranger heran, den es aber erst ab 2018 geben wird. Man sieht: In Südtirols Kellern gärt es ganz gewaltig!

Othmar Kiem
Othmar Kiem
Chefredakteur Falstaff Italien
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