Das moderne Franciacorta-Weingut Barone Pizzini

Das moderne Franciacorta-Weingut Barone Pizzini
© Barone Pizzini

Franciacorta – ein Paradies für Schaumweinfreunde

Der Franciacorta, die Franciacorta... Sowohl der Schaumwein als auch die Region sind hierzulande weitgehend unbekannt. Höchste Zeit für einen Lokalaugenschein!

Vergleichen Sie einen Franciacorta nicht mit Champagner, Crèmant, Cava oder gar einem Prosecco! Ein Franciacorta ist ein Franciacorta, basta! Die Produzenten des bekanntesten italienischen Schaumweins betonen, dass man ihn ob seiner Einzigartigkeit mit keinem anderen Produkt vergleichen kann. Das Klima ist einzigartig, die Böden und selbstverständlich die Leidenschaft, mit der Franciacorta hergestellt wird. Die zugrunde liegenden Rebsorten Chardonnay, Weißburgunder und Pinot Noir sind zwar keineswegs autochthon, es handelt sich aber wohl um sehr eigenständige Klone. Der Franciacorta erhielt 1995 als erster, ausschließlich mit Zweitgärung in der Flasche hergestellter Wein die Bezeichnung »Denominazione di Origine Controllata e Garantita«/DOCG, die begehrte kontrollierte und garantierte Ursprungsbezeichnung. Spätestens seitdem bestellt man in der Lombardei keinen Spumuante sondern selbstverständlich einen Franciacorta, per favore!
Hintergrund: Kategorien und Qualitäten der Franciacorta

Die Geschichte der Franciacorta

Die Franciacorta ist das Gebiet südlich des Iseosees, der ein paar Kilometer westlich des viel bekannteren Gardasees liegt. Der Name der Region hat keineswegs etwas mit Frankreich zu tun, sondern erinnert vielmehr an selbstbewusste Bauern, die sich bereits im 11. Jahrhunder das Recht zum freien Handel erkämpft haben. Diese Freihöfe wurden als »Corti Franche« bezeichnet, woraus sich der Name Franzacurta ableitete, im Jahr 1277 erstmals urkundlich erwähnt. Schon im Jahr 1570 beschrieb der Arzt Girolamo Conforti die perlenden Weine der Gegend um Brescia: »bissig, spritzig, schäumend« sind die schriftlich festgehaltenen Attribute, mit denen der Mediziner die ersten Schaumweine beschrieb. Es handelte sich dabei aber wohl nicht um eine kontrollierte Zweitvergärung, sondern um eine Laune der wilden Hefen. Die Geschichte des heute bekannten Franciacorta ist wesentlich jünger. Das Weingut Berlucchi, brachte im Jahr 1961 die ersten Schaumweine aus traditioneller Flaschengärung auf den Markt.

Die Landschaft der Franciacorta

Der pittoreske Iseosee mit den mächtigen Zweitausendern im Norden übt klimatisch einen mäßigenden Einfluss auf die Franciacorta aus. Der Monte Isola ist eine massive, bergige Insel im Iseosee und wohl das beliebteste Postkartenmotiv der Region. Künstler Christo verband die Inseln des Iseosees mit leuchtend gelben »Floating Piers« und löste im Frühsommer 2016 einen gewaltigen Ansturm mit fast 1,3 Millionen Besuchern aus. Nach dem Abbau der schwimmenden Stege genossen die Bewohner der Franciacorta wieder die Ruhe, die das wenig bekannte Tourismusziel üblicherweise auszeichnet. Die Weinbauregion Franciacorta liegt am Übergang der Voralpen zur Ebene südlich des Iseosees. Die 20.000 Hektar sind durch bewaldete Hänge und sanft hügelige Weinberge gekennzeichnet. Die uralten Hügel sind muränischen Ursprungs und weisen eine starke Drainage auf, die die Rebstöcke zwingt, sehr tief zu wurzeln.

Die Weingüter der Franciacorta
Vorreiter und unangefochtener Leitbetrieb der Region ist Ca' del Bosco in Erbusco. Visionär Maurizio Zanella kaperte einen Kellermeister aus der Champagne und produzierte mit der Lese von 1976 die ersten drei Schaumweine: den Brut, den Dosage Zéro und den Rosé. Seither arbeitete er wie besessen an der Erhöhung der Qualität seiner eigenen Weine, fördert aber auch die gesamte Franciacorta. Mit der Gründung des Konsortium wurde zusammen mit anderen führenden Weingütern erfolgreich an hohen Qualitätsstandards und Marketingstrategien gearbeitet. Ca' del Bosco ist heute weltweit bekannt für Spitzenschaumwein aus Italien. Jeder Produktionsschritt wurde über die Jahrzehnte zu einem technischen Gesamtkunstwerk perfektioniert. Nach einer der selektiven Ernte werden die Trauben bei der Übernahme noch einmal aussortiert und in einer einzigartigen Traubenwaschanlage gereinigt und getrocknet. In endlosen unterirdischen Kellergängen dürfen die Weine jahrelang auf der Hefe reifen, werden nach ausgeklügelter Methode degorgiert und schlummern bis zum Verkauf auch noch monatelang in der Flasche. Die Ergebnisse sind brillante Schaumweine mit geringer Dosage, gut balancierter Säure und enormem Reifepotenzial.

»Man kann nie 100prozentig zufrieden sein, wir wollen nicht das Niveau halten, sondern jedes Jahr ein Bisschen besser werden.«

-> Zum ausführlichen Interview mit Maurizio Zanella

Die Franciacorta der aktuellen »Vintage Collection« mit Jahrgängen wie 2002, 2004 oder 2006 zeigen sich heute tiefgründig und lebendig mit aufrechtem Reifepotenzial. An der Spitze der Qualitätspyramide steht die Cuvée Anna Maria Clementi, die mindestens acht Jahre auf der Hefe reifen darf.

Biologischer Anbau

Immer mehr Weingüter der Franciacorta schwenken auf biologische Bewirtschaftung um. Bio-Pionier der Region ist das Weingut Barone Pizzini unter der Leitung von Silvano Brescianini. Der ehemalige Küchenchef und Sommelier ist seit 1991 bei Barone Pizzini an Bord und hat die Umstellung des Weinguts sowie den Kellerneubau dirigiert. Außerdem betreut er das biodynamische Weingut Pievalta in den Marken und die organisch bewitschafteten Poderi di Ghiaccioforte in der Maremma, die ebenfalls der Familie gehören. Die Barone Pizzini sind ein altes italenisches Adelsgeschlecht, das an vielen Orten ihre Spuren hinterlassen hat. Sogar der 12-jährige Mozart war mit Vater Leopold Gastmusiker im Palazzo Pizzini in Rovereto. Seit der Ernte 2002 ist das Weingut in der Franciacorta als Bio-Betrieb zertifiziert und seit dem Neubau des Weinkellers mit Photovoltaik und Niedrigenergie-Technologie konnten schon zahlreiche internationale Erfolge eingefahren werden. Besonders hell glänzt die Auszeichnung für den besten biologischen Wein der Welt, die bei der International Wine Challenge im Jahr 2012 für den Franciacorta Rosé errungen werden konnte.

Weitere Empfehlungen:

  • Bellavista: Eines der international bekanntesten Weingüter der Franciacorta, Lieferant der Mailänder Scala. www.bellavistawine.it
  • Berlucchi: Pionier der Franciacorta, brachte 1961 den ersten Schaumwein mit traditioneller Flaschengärung auf den Markt. www.berlucchi.it
  • Corte Fusia: Junger, dynamischer Betrieb, der mit sehr guten Qualitäten aufhorchen lässt. Vergleichsweise klein strukturiert. www.cortefusia.com
  • Cantine Majolini: Familienbetrieb, seit dem 15. Jahrhundert etabliert. Der Name geht auf eine alte Rebsorte zurück – Majolina – die nur hier wächst und immer noch angebaut wird. www.majolini.it

Kulinarik-Tipps:

  • Miramonti d'altro: Fine Dining in romantischer Villa. Mit zwei Michelin-Sternen dekoriert. www.miramontidaltro.com
  • Due Colombe: Restaurant und Weingut in uralten Gemäuern in Borgonato im Herzen der Franciacorta. www.duecolombe.com
  • Cascina Doss: Sympathische Trattoria mit lokalen Speizialitäten und großer Franciacorta-Auswahl. www.cascinadoss.com
  • Locanda al Lago: Authentisches Fisch-Restaurant auf Monte Isola, die Familie betreibt selbst Fischfang. www.locandaallago.it
Bernhard Degen
Autor
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