© Gina Müller

FRAG DEN KNIGGE! Was tun, wenn der Wein korkt?

Was sage ich, wenn der Gönner Korken samt Zieher an sich reißt und du nippst und denkst: Wow. Waldorfschulfußboden!

»Unterwegs mit einem wichtigen Geschäftspartner – er bestellt den teuersten Wein auf der Karte und merkt nicht, dass dieser korkt. Wie gehe ich nun damit um?« 

»Kein Kork«, strahlte Nina heller als die Kerzen, als der Korken aus der Flasche Châteauneuf du Pape fuhr. Wir feierten Geburtstag in Neuchâtel, und es sollte nicht der letzte bleiben, der an diesem Abend den Flaschenhals verließ. Kaum war der Wein offen, flutete strammer Schimmelmuff die Nasen. Nur nicht Ninas. Kork. Aber so was von. »Der Wein ist wie du, lieber Moritz«, sagte sie. »Hart, aber herzlich«, dachte ich. Wir lachten. Auch Nina, weil sie wie keine Zweite über sich selbst lachen kann.
20 Jahre später lacht noch immer niemand charmanter als sie. Und Winzer verkünden stolz, dass der berühmteste Weinfehler heute Seltenheitswert hat. Dank Qualitätskontrollen zwischen Baum und Flasche und natürlich dank Schraubdeckel. Zwar fliegen in der Verschlusssache die Fäuste nicht mehr wie früher. Doch für viele gehören Flaschenhals und Naturkork noch immer zusammen wie Romy Schneider und Helmut Berger. 

Eine Nase wie ein Bügeleisen

Als ich neulich nach einem schönen Essen nach Hause fuhr, erklärte mein Taxifahrer, dass Trichloranisol Wein muffig schmecken lässt. Es bilde sich beim Abbau der Chlorphenole, der Verunreinigungen durch Holzschutzmittel und Mikroorganismen bei unsauberer Behandlung des Korks während der Produktion. Ob er Chemie studiere, fragte ich. Nein, er trinke nicht mal Alkohol. Er lese viel. Weinwissen ist oft auch Kreuzworträtselwissen.

© freiherr-knigge.de

Knigge, alter Schlaumeier und Weltläufer. Raus jetzt – was ist nun beim Business-Dinner in einem Lokal, wo sich Harrison Ford und Angelina Jolie die Klinke in die Hand geben? Eingeladen vom größten Gesicht am Platz, aber mit einer Nase wie ein Bügeleisen, das von Harlan Estate, Ridge oder Joseph Phelps träumt, bevor es eine Flasche im Gegenwert eines Gebrauchtkleinwagens beauftragt. Was sage ich, wenn der Gönner Korken samt Zieher an sich reißt und dem Sommelier auf die Schulter haut: »Taste it buddy! Awesome.«? Und du nippst und denkst: Wow. Waldorfschulfußboden! 
Mein Freund Sebastian wusste Rat. Er handelt Filmrechte und ist zu Hause in Shows von Mr. und Mrs. Hollywood. Was tat er, als das Big Business an diesem einen Helden hing, der anders als Nina zum Lachen erstmal ein Hochhaus in die Luft jagt? Nase zu und durch? »The wine of my life, buddy. Lass doch bitte auch meine Familie in Düsseldorf daran riechen!« Die Flasche wanderte auf seine Rechnung – und in seinen Koffer. Mache dich zum Affen, wenn du es anderen damit ersparst. Die beiden machen seit diesem Tag beste Geschäfte. Und treffen sie sich, bestellt Sebastian den Wein.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 03/2018

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