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Falstaff exklusiv: Käsestile erstmals aufbereitet

Welcher Käse zu welchem Wein? Ein Expertenteam hat unter der Leitung der Agrarmarkt Austria Marketing eine profunde Grundlage zu den verschiedenen Stilistiken erarbeitet. PLUS: Bier zu Käse, Säften, Brot u.v.m.

Welcher Wein zu welchem Käse? Dieser Dauerbrenner füllt zwar Bände, doch sind zufriedenstellende Antworten immer noch Mangelware. Und wenn es um Most- bzw. Bierbegleitung oder gar eine alkoholfreie Alternative geht, dann herrscht meist große Ratlosigkeit. Die AMA hat sich dieser Problemstellung angenommen und akribisch die verschiedenen Stilistiken der sechs Hauptkategorien erarbeitet. Denn erst wenn man den Charakter des Käses kennt, weiß man, was gut zu ihm passt.
Zwei Jahre und viele Verkostungsdurchgänge  waren notwendig, um einen Standard zu schaffen, der endlich die wichtigsten Fragen beantwortet. Das Expertenteam unter der Leitung von Dr. Peter Hamedinger (AMA-Produktmanager) und Dr. Eva Derndorfer (Sensorikerin) hat sechs Stilistiken herausgearbeitet, beschrieben und ideale Begleiter gefunden. Neben Getränkeempfehlungen wurde auch großer Wert auf andere Beigaben sowie Brot gelegt.
Falstaff präsentiert eine erste Übersicht über die Ergebnisse: Beschreibung der sechs Stile mit konkreten Empfehlungen für ideale Begleiter – Wein, Most, Bier, alkoholfreie Getränke, Beigaben, Brot:

Frischkäse

© AMA-Marketing

Entstanden aus Kuh-, Schaf-, Ziegen- und manchmal sogar aus Büffelmilch präsentiert sich Frischkäse entweder streichfähig, oder als Rolle, Kugel oder Gupf. In jedem Falle  aber ungereift, jedoch trotzdem sehr erwachsen.  Zum Beispiel im Geschmack. Frischkäse pflegt süß, salzig, säuerlich nach Milchsäure, selten bitter auf der Zunge zu zergehen. Je nach Fettgehalt neigt er sich geschmacklich sehr behutsam der Molke, Milch oder der Butter zu. Etwas temperamentvoller tritt Frischkäse aus Schaf- und Ziegenmilch auf. Beide bleiben der Zunge und dem Gaumen ein wenig länger im Gedächtnis. Vor allem dann, wenn auch noch Kräuter oder gar Knoblauch mit im Spiel sind.  Frischkäse gefällt sich überdies als Schmeichler. Denn mit seiner cremigen, weich-samtigen oder topfigen Konsistenz löst er im Mund Gefühle aus, zu denen wohl kein anderer Käse fähig ist.

PASSENDE BEGLEITER

  • WEIN:  Leichte Schaum-, Weiß- und Roséweine; Spätlesen zu buttrigen Vertretern
  • TIPPS: Süßliche Birnenmoste; Lager-Bier, Weizenbier, Cider, Radler, Kölsch
  • ALKOHOLFREI: Birnensaft, Schwarztee, Kräutertee, Almdudler zu Kräuterfrischkäsen
  • BEIGABEN: Prosecco- oder Schilchergelee, sehr reife Früchte wie Erdbeeren, Birnen...
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BROT: Wichtig ist, dass das Brot feinporig ist, wie Baguette, Schwarzbrot, Vollkornbrot...

Weichkäse mit weißem Edelschimmel

© AMA Marketing

Nach einem Reifeprozess von einigen Wochen lockt die Weißschimmelrinde den Genießer auf einen Parcours aus betörenden Düften, raffinierten Geschmäckern und sinnlichen Gaumengefühlen. Wer sich darauf einlässt, dem begegnen Aromen aus Butter, Milch und Pilzen. Mildere Sorten verführen mit süßlichen Aromen. Rustikalere Charaktere verströmen würdig ihre Reife, während Weichkäse aus Ziegenmilch mit animalischem Odeur auf sich aufmerksam macht. Geschmacklich überzeugt er mit buttrig-salzigem Gout und einer Pilznote, die lange nachhallt. So mancher Weichkäse entfaltet auf der Zunge auch eine leicht bittere Würze. Weichkäse erzeugt Mundgefühle, die von rindenfest über weich, schmelzend und cremig bis zu kompakt sowie bissfest reichen können. Das mag erklären, warum Camembert, Brie & Co so beliebt sind.

PASSENDE BEGLEITER

  • WEIN:  Spät- und Auslesen, beerenfruchtiger und tanninarmer Rotwein
  • TIPPS: Milde und halbmilde Moste; naturtrübe, vollmundige, leicht süßliche Zwicklbiere
  • ALKOHOLFREI: Fruchtsäfte, Erdbeernektar, Birnensaft, Gespritzter HollerblütensaftBEIGABEN: Tomaten oder Paprikamarmelade, Honig, Nüsse, Pistazienkerne, Kürbiskerne
  • BROT: Helle Weizenbrote wie Baguette, Ciabatta oder Laugenstangerl

Weichkäse mit Rotkultur

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Die Kunst des Guten findet im Weichkäse mit Rotkultur ein Höchstmaß an Vollendung. Während der zwei- bis fünfwöchigen Reifung mehrmals in einer Salzlösung mit Rotkultur gewaschen, macht dieser Käse seine besondere Stellung in der österreichischen Käsevielfalt durch seinen taktvollen Stil deutlich. Und so schmecken Graf Görz, Schlierbacher, Limburger, Schlosskäse, Schärdinger Affineuer sowie viele andere meist kräftiger und nachhaltiger als Weichkäse mit weißem Schimmel. Eindrücke von Bitterkeit und Salz variieren harmonisch mit animalischen und gereiften Noten. Bei affiniertem Weichkäse dieser Provenienz sorgen wenn Butter-, Milch- oder Hefegeschmack für Milde – begleitet von Düften nach eben diesen geschmacklichen Richtungen. Unter der festen Rinde genießt man  das Käse-Innere mit seiner Textur von weicher Cremigkeit und kompakter Bissfestigkeit.

PASSENDE BEGLEITER

  • WEIN: kräftige Weißweine mit Restsüße, süße Beerenauslesen, tanninarmer Rotwein

  • TIPPS: halbsüßer Most, Apfelcider, nicht bitteres Bock- und Schwarzbier, Porter mit Malznoten
  • ALKOHOLFREI:  Erdbeer- oder Himbeernektar und weißer Traubensaft
  • BEIGABEN: süße Trauben, Quitten- oder Rotweingelee, Rosinen sowie Birnen und Nüsse
  • BROT: Zur Cremigkeit passt Brot mit Biss wie rustikale Weißbrote, Nussbrot oder Vintschgerl

Schnittkäse

© ARGE Heumilch

Sie tragen so unterschiedliche Namen wie Mondseer, Bergbaron, Moosbacher oder Raclette. Und genau diese überdurchschnittliche Vielfalt verbindet die große Schnittkäsefamilie, zu der auch Bier- und der  Zillertaler Edelziegen- sowie Schafkäse gehören. Ihren unvergleichlichen Duft enfalten sie bereits nach vier bis zwölf Wochen Reifezeit. Die Palette reicht von süßlich und buttrig über säuerlichen Aromen bis hin zum malzigen, fruchtigen, gereiften, weinigen und sogar animalischen Noten. Der Geschmacksinn darf sich bei Schnittkäse über das gesamte Aromenspektrum freuen: süß, bitter, säuerlich, salzig und umami klingen allesamt überdurchschnittlich lange am Gaumen nach. Auch individuelle Nuancen wie fruchtig oder buttrig sind möglich. Ebenso facettenreich verhält sich Schnittkäse im Mund. Bissfest, meist relativ kompakt aber dennoch elastisch, selten weich, weiß er Käsefreunde zu begeistern.

PASSENDE BEGLEITER

  • WEIN: trockene Weißweine, tanninarme Rotweine
  • TIPPS: milde oder halbmilde Moste, leichtes Weißbier oder Radler, hopfenbetonte sowie malzige Biere
  • ALKOHOLFREI:  alkoholfreies Bier, Erdbeermolke oder –nektar, Birnensaft, Holundersirup
  • BEIGABEN: Rotwein- und Birnengelee, Feigenmarmelade und süße rote Paprika- oder Tomatenmarmelade, Erdbeeren, kandierte oder getrocknete Marillen
  • BROT: Schwarzbrot, Bauernbrote sowie Nussbrot

Hartkäse

© ARGE Heumilch

Warum so viele Käsegenießer bei Hartkäse weich werden, hat viele gute Gründe. Hergestellt aus silofreier Rohmilch hüllt er sich in eine Naturrinde, die während der drei bis 18 Monate (und länger) dauernden Reifung wächst. Im Inneren bilden sich so ungestört jene Eigenschaften aus, die für die typisch österreichischen Vertreter wie Emmentaler, Bergkäse und viele andere so unverwechselbar sind. Je nach Sorte duften sie süßlich, gereift, manchmal auch buttrig, milchig und malzig oder fruchtig. Einzigartig: das nussige Aroma des lange gereiften Bergkäses. Reife zeigt Hartkäse auch im Geschmack, begleitet von salziger oder süßer Würze und Noten von Milch, Butter sowie zarter Bitterkeit, anmutiger Fruchtigkeit und nussigen Röstaromen bei Bergkäse. Das Mundgefühlr variiert von speckiger Elastizität (Emmentaler) über bissfeste Vollmundigkeit (Bergkäse) bis hin zu einer sandigen Konsistenz (Pasta-Käsesorten).

PASSENDE BEGLEITER

  • WEIN: Eisweine, Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen, gehaltvolle Rotweine
  • TIPPS: reinsortiger Birnenmost, Märzen/Lager (Emmentaler), Bock- oder Altbier (Bergkäse)
  • ALKOHOLFREI: Birnen-, Trauben-, Ananas- und naturtrüber süßer Apfelsaft, Almdudler, Pfirsich- und Marillennektar, Schwarztee
  • BEIGABEN: Marmeladen aus Herbstfrüchten, Tomaten und Paprika, Ananaschutney oder Bananen
  • BROT: saftige Roggenbrote, Nussbrot

Blauschimmelkäse

© Falstaff/Michele Pauty

Des Käsegenusses letzter Schluss für alle wahren Genießer ist der österreichische Blau- und Grünschimmelkäse aus Kuh- oder Schafmilch. Durchzogen mit geschmackvollem Edelschimmel beweist der wohl kräftigste Käse seinen selbstbewussten Stil. In der Nase ist er unverwechselbar mit seinem süßlich-muffigen, an Pilze erinnernden Geruch. Milde Sorten duften dezent nach Butter, während kräftiger Blauschimmelkäse wie der Österkron durch sein stechend-gereiftes Aroma auffällt. Geschmacklich fordert Schimmelkäse den Käseliebhaber in ähnlicher geteilter Manier. Einerseits buttrig, dezent bitter mit einem Hauch von Pilz. Andererseits rassig  mit lange anhaltendem Nachgeschmack, der salzig, süß gereift oder positiv muffig sein kann. Sinnlich, weil auf der Zunge zergehend, erweist sich Blau - und Grünschimmelkäse als Charmeur, der auch vollmundig, schmelzend, scharf und sogar sandig sein kann.

PASSENDE BEGLEITER

  • WEIN: Süßweine und gespritete Weine
  • TIPPS: Apfelcider, süßer Most oder süßer Radler, malziges Bier, Bockbier oder Holunderlikör
  • ALKOHOLFREI: Birnen- oder weißer Traubensaft, Erdbeer- und Himbeernektar, Holundersirup gespritzt, Kombucha oder Kräuterlimonade
  • BEIGABEN:  Erd-, Wald- und Himbeeren oder Birnen , Quittengelee, getrocknete Marillen, Akazienhonig, Walnüsse und Haselnüsse
  • BROT: Pumpernickel, Croissant oder Brioche sowie Baguette

Interview mit AMA-Produktmanager Peter Hamedinger

Falstaff: Wie lange haben Sie an diesem Projekt gearbeitet?
Hamedinger: Ein Expertenteam hat sich ca. zwei Jahre mit diesem Thema beschäftigt.

Was ist für Sie das Ergebnis der Arbeit?
Uns ist gelungen, die Käsesensorik auf ein neues Niveau zu heben. Wir haben auch Nuancen herausgearbeitet, die bislang wenig oder gar keine  Beachtung gefunden haben.

Wo liegen die Grenzen bei der Zuordnung?
Auf die rohe Milch haben unter anderem die Futtergrundlage, Rasse und Saisonalität großen Einfluss. Beim Käse sorgen dann Fettgehalt und Reifung für große Unterschiede.
(von Bernhard Degen)

Bernhard Degen
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