© Eva Vasari

Essay: Die Fortbewegung der Zukunft

Von selbstfahrenden Autos bis hin zu Hochgeschwindigkeits-Röhren: Was heute noch wie eine Utopie scheint, wird in wenigen Jahrzehnten zu einer neuen Art von Mobilität führen.

Während wir über die Zukunft der Mobilität und des Reisens reden, leben wir in Wahrheit bereits heute in einer Welt ungeahnter Möglichkeiten. Zwischen der pandemiebedingten Entschleunigung des Lebens und einer parallel laufenden, vorausschauenden Beschleunigung in der Entwicklung neuer, umweltschonender und sicherer Verkehrsmittel für Arbeit und Freizeit vergehen heute keine Dekaden mehr. Die Visionen einer »New Mobility«, von denen wir Ihnen hier berichten, werden allesamt in den nächsten Jahren Wirklichkeit werden. Wir leben in spannenden Zeiten, in denen sich die Welt von Grund auf wandeln und ändern kann – und zwar zum Guten.

Eine Reise in die Vergangenheit – mit Weitblick voraus

Es gibt Postkartenmotive von Paris zur Wende ins 20. Jahrhundert, wie man sich die Stadt, ihre Bewohner und ihre Infrastruktur in 100 Jahren vorstellte: also das Paris des 21. Jahrhunderts.
Jean-Marc Côté, Villemard und andere französische Künstler zeichneten ihre Zukunftsvorstellungen auf insgesamt 86 Karten, die als Seriendruck unter dem Titel »Im Jahr 2000« zur Weltausstellung in Paris 1900 erschienen. Die abgebildeten Motive wirken oftmals skurril, was aber auch der damaligen Mode geschuldet sein mag.

Der Pariser »Chic« sollte jedenfalls noch viele Dekaden des Wandels erleben. Szenen wie vollautomatisierte Körperwaschapparate, Schneide- und Friseurmaschinen, Schüler, deren Köpfe mit »gehäckselten« Büchern gespeist werden, von Walen betriebene Gondeln oder mit Uran-Wärme gespeiste Kaminöfen lösen heute ein Lachen in uns aus. Viele andere Karten zeigen uns eine Erweiterung bereits bestehender Technologien der damaligen Gegenwart.

Daneben gibt es auch Visionen, die noch immer den Zukunftsvorstellungen einer »New Mobility« entsprechen: Fliegende Feuerwehr und Polizeieinheiten über einem Paris, das Autos auf den Boulevards mit pedalbetriebenen Luftfahrrädern ersetzt hat, und Fly-through-Restaurants wirken aus heutiger Sicht –  natürlich mit zeitgemäßem Design versehen – weniger als Hirngespinste denn als Ideale für eine zukünftige innerstädtische Mobilität.

Die dritte Variation der Bilder sind – auch wenn es in der Dimensionierung von Handlichkeit und Größe frappierende Unterschiede gibt – »wahr gewordene« Versprechungen, die manche Veränderungen visionär sehr treffsicher abbildeten: Technologien wie Videotelefonie, automatische Spracherkennung und Geräte, die Menschen durch die Umwandlung von gesprochenem zu geschriebenem Wort auch über weite Strecken verbinden können, sind über die Bündelung der Schlüsseltechnologien Smartphone und Internet zu nicht mehr wegzudenkenden Teilen unseres Alltagslebens geworden. Auch Visionen wie eine Bahndirektverbindung von Paris nach Peking sind heute, wo man politisch in West und Ost über die Wiedereröffnung der »Seidenstraße« verhandelt, nähergerückt als je zuvor.

Effizient, sicher und sauber

Was uns diese Bilder aber allesamt sagen, ist, dass das Konzept einer »Smart City« eigentlich keine neue Entwicklung ist, sondern einem Menschheitstraum entspricht. Eine Utopie eines besseren, sichereren und saubereren Lebens, deren Ursprung in der ökologisch schmutzigen Industrialisierung und dem Wachsen der Ballungsräume liegt. Die daraus folgenden Bestrebungen, diese Träume durch Weiterentwicklung bestehenden Wissens wahr werden zu lassen, wurden zwar durch zwei Weltkriege unterwandert – die mit dem Wiederaufbau und Wirtschaftsboom neu erschlossene Mobilität, das Reisen um die Welt, die Beschleunigung von Bewegung, Handel und Arbeit haben schlussendlich zu der globalisierten Welt der Gegenwart geführt.

Wie wir in Zukunft arbeiten, leben und reisen werden, ist – auch durch das Gesetz der technologischen Beschleunigung – keine Frage von Jahrhunderten, sondern von Jahren geworden. Schon heute sind alle Länder Europas dazu bestimmt, die EU-Klimaziele für 2030 zu erreichen, welche eine vollständige Reduktion von nicht wiederverwendbaren Materialien und eine eklatante Verbesserung des CO2-Haushaltes vorsehen.

Daneben wird mit neuer Infrastruktur und technologischen Quantensprüngen wie selbstfahrenden Autos und Hyperloop-Röhren eine neue Art von Mobilität entstehen, in der wir beispielsweise täglich von Berlin nach Wien zur Arbeit und zurück nach Hause pendeln können – in der gleichen Zeit, die wir jetzt im Regionalzug oder im Stau auf der Autobahn verbringen. Es ist eine Zukunft, die ihre Versprechen auf ein neues Berufs- und Alltagsleben mit gleichzeitiger Be- und Entschleunigung wahr werden lässt – in smarten Citys und Regionen, in smarten Autos und öffentlichen Verkehrsmitteln, in ein sicheres, smartes und ökologisches Leben.


Prognose
Wer eine Antwort auf die Frage möchte, wie wir uns in Zukunft fortbewegen werden, der sollte einen Blick in die Vergangenheit werfen.

Michael Kirchdorfer
Autor
Mehr zum Thema