Moskauer Wolkenkratzer und Skyline-Architektur

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Erstmals Michelin-Sterne für Moskau

Gleich neun Restaurants wurden in den elitären Kreis der »Sterne-Gastronomie« aufgenommen.

Eine lange Zeit wurde Russland mit Stroganoff, Kaviar und starkem Wodka in Verbindung gebracht. Das wird sich mit der Veröffentlichung des allerersten Michelin-Guide, der die kulinarischen Angebote der russischen Hauptstadt ins Rampenlicht gerückt hat, ändern.

Der Einzug des französischen Gourmet-Führers hat für Moskau eine besondere Bedeutung – Jahrzehnte hat die Metropole um Anerkennung in der Welt der Gastronomie gekämpft und scheint langsam, aber sicher am Ziel angekommen zu sein. In Russland wird von einem Aufbruch in eine neue gastronomische Ära gesprochen.

Fünf Jahre lang haben professionelle und objektive Tester gearbeitet, um die besten Restaurants von Moskau unter die Lupe zu nehmen. Insgesamt 69 von ihnen haben es auf die Liste geschafft und widerspiegeln somit den brillanten, kühnen Fortschritt der russischen Gastronomie.

Laut Gwendal Poullennec, dem internationalen Direktor der Michelin-Guides, hat die Auszeichnung lange auf sich warten lassen, denn die geografische Lage Russlands bietet den Köchen der Metropole eine einzigartige kulinarische Vielfalt. »Die Inspektoren waren vor allem von den hochwertigen lokalen Produkten beeindruckt«, sagte er. »Russland ist ein vielfältiger Ausdruck der Natur: von Meeresküsten bis zu wilden Wäldern, von aromatischen Kräutern bis zu erlesenen Meeresfrüchten«.

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Doppel-Stern für Zwillinge

Bei einer Gala im Konzerthaus »Sarjadje«, unmittelbar neben dem Kreml, wurden auf Anhieb neun Restaurants mit mindestens einem Stern geehrt. »Twins Garden« der Zwillinge Iwan und Sergej Beresuzki wurde als Testsieger gleich mit zwei Sternen renommiert. Das Restaurant bezieht seine Produkte von der eigenen Farm und basiert auf dem Konzept der Symbiose von Wissenschaft und Natur.

Für Nachhaltigkeit und eine Bio-Ausrichtung gab es zusätzlich einen weiteren Stern – den Green Star. Die Brüder interpretieren nicht nur die russische Küche neu, sondern experimentieren auch gern. So gibt es eine Weinkollektion aus Gemüse, die Weine aus Pilzen, Kräutern, Wurzeln und Gemüse umfasst: von Petersilie und Fenchel bis zu Morcheln und Pastinaken.

In Fortsetzung des Kernkonzepts der Symbiose von Natur und Wissenschaft, haben die Beresuzki Brüder den weltweit ersten 3D gedruckten Tintenfisch geschaffen, der nur pflanzliche Bestandteile enthält. Die mit modernster Technologie hergestellten Meeresfrüchte sind in Geschmack und Konsistenz kaum von ihrer ursprünglichen Art zu unterscheiden und stellen eine hervorragende Quelle für alternative Proteine dar.

Im »Artest« - Chef's Table, das ebenfalls mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde, setzen Arkadi Novikov und Artem Estafiev kulinarisch neue Maßstäbe. Die Gäste tauchen in ein visuelles Erlebnis mit Betonung auf vielfältige Texturen, Fermentierung und kontrastierende Aromen.

Sieben Restaurants wurden mit einem Michelin Stern ausgezeichnet. Darunter:

  • White Rabbit mit dem Chefkoch Vladimir Mukhin und seinem innovativen Ansatz für die russische Küche;
  • Sachalin mit seiner erstaunlichen Vielfalt an Meeresfrüchten, geleitet von Küchenchef Alexey Kogai;
  • Beluga mit ihrer großen Auswahl an Kaviararten und russischen Delikatessen, dem atemberaubenden Blick auf den Roten Platz und der kreativen Speisekarte des Küchenchefs Evgeny Vikentyev;
  • Selfie mit seiner einzigartigen Autorenküche unter der Leitung von Chefkoch Anatoly Kazakov;
  • Biologie mit seinem sorgfältigen Umgang mit der Natur und Ekaterina Alekhina als Chefköchin;
  • Savva mit seiner neuen russischen Küche, die heimische gastronomische Traditionen mit den Prinzipien der nordischen Küche verbindet, geführt von Andrey Shmakov.
  • Grand Cru mit seiner außergewöhnlichen Verschmelzung von Aromen aus verschiedenen europäischen Ländern und einem Hauch von modernem Asien, geführt von Chefkoch David Hemmerle.

Pandemie und Sanktionen

In Moskau gibt es nach offiziellen Angaben mehr als 15.000 gastronomische Einrichtungen. Nach einem krisengeprägten Jahr hat das Gastronomiegewerbe trotz weitreichender Freiheiten in Russland noch immer mit wirtschaftlichen Sorgen zu kämpfen. Kaum eine Branche schüttelt die Pandemie so kräftig durch wie die Gastronomie.

Das ist aber nicht die einzige Herausforderung – Russland hat sein Embargo auf Lebensmittel aus der EU und dutzenden weiteren Staaten verlängert. Erstmals wurde das Einfuhrverbot im August 2014 als Reaktion auf die Krise in der Ukraine verhängt. Umso mehr greifen die russischen Gourmets auf heimische Produkte zurück, etwa Austern aus dem Weißen Meer, hochwertige Weine aus Sotchi, exotische Meeresfrüchte von der Halbinsel Kamtschatka oder Fleischspezialitäten aus Nordkaukasus. Inzwischen gibt es viele eigene Produzenten im Land. Mit den Sternen sollen nun auch ausländische Touristen nach Russland gelockt werden.

Amina Illenseer
Amina Illenseer
Chefredakteurin Russland
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