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Ein halbes Jahrhundert Amarone

43 Jahrgänge des gleichen Weines – das gibt’s wirklich selten. Bertani lud kürzlich zu solch einem Glanzmoment. Alle bisher erzeugten Amarone Classico von 1958 – 2013 wurden verkostet.

Im Jahr 1857 gründeten die Brüder Giovan Battista und Gaetano Bertani das Weingut Bertani in Quinto di Valpantena, nördlich von Verona. Das Unternehmen zählt heute zu den renommiertesten Weingütern der Welt und besitzt Weinberge in den besten Lagen von Verona.

Hundert Jahre nach Gründung machte sich Bertani an ein neues Projekt. Aus dem traditionellen Süßwein des Gebietes, dem Recioto della Valpolicella, sollte ein großer trockener Rotwein kreiert werden, der Amarone della Valpolicella. 1958 war der erste Jahrgang. Es zeigte sich allerdings, dass der Markt noch nicht reif war für den trockenen Amarone – Bertani verkaufte in den ersten 20 Jahren nicht eine Flasche dieses Weines! Glücklicherweise glaubte man aber schon zu jener Zeit an dessen Erfolg und bewahrte die Flaschen auf, sodass Bertani heute über einen wahren Schatz an alten Jahrgängen verfügt. Insgesamt 600.000 Flaschen Amarone Classico lagern in den weitläufigen Kellern, von denen die meisten Jahrgänge auch noch käuflich zu erwerben sind.

Bei der einzigartigen Verkostung wurden 43 Jahrgänge angeboten, wobei der älteste aus dem Jahr 1958 stammt, der jüngste von 2013. Der Amarone Classico - bis zum Jahrgang 1990 hieß er noch »Recioto della Valpolicella Amarone Classico Superiore« - wird bei Bertani nur in den besten Jahrgängen eingekellert, sodass nicht jedes Jahr vertreten ist.

Was erstaunte, war die beeindruckende Frische gerade der alten Weine – die Jahrgänge 1958, 1962, 1964 und 1967 waren eine wahre Trinkfreude. Daneben lag der Fokus besonders auf dem jüngsten Jahrgang 2013, der hier vorgestellt wurde. Bei Bertani dauert es immer acht bis neun Jahre, bis der Amarone Classico auf den Markt kommt. Wie Andrea Lonardi, Direktor von Bertani erläuterte, wolle man die folgenden Jahrgänge erst nach 10 Jahren Reife in den Markt bringen.

Erwähnenswert ist auch die Art und Weise, wie dieser Wein entsteht. Während es heutzutage üblich ist, die Trauben computergesteuert und mit speziellen Entfeuchtungsgeräten zu trocken, setzt Bertani beim Amarone Classico auf eine traditionelle Vorgehensweise: Nach der Lese werden die Trauben mehrere Monate auf Schilfmatten getrocknet, bevor sie gepresst und in einem großen Holzfass ausgebaut werden.

Unser Fazit der Verkostung: Der Amarone Classico von Bertani ist ein großer italienischer Rotwein, obwohl er im Unterschied zu vielen anderen Amarone-Weinen knochentrocken ist. Oder gerade weil, denn genau das macht ihn zum perfekten Essensbegleiter, etwa zu geschmortem Fleisch und Wild. Er ist ein wunderbarer Seelentröster für die dunkle Jahreszeit – jetzt kann er die Sonne und die Wärme, die er im Sommer eingefangen hat, wieder abgeben.

Hier geht es zu den Verkostungsnotizen

Zum Tasting

Othmar Kiem
Othmar Kiem
Chefredakteur Falstaff Italien
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