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Edle Weine richtig dekantieren: So geht's

Um eine Weinflasche zu dekantieren, bedarf es etwas Vorbereitung und einiger Werkzeuge: Falstaff zeigt, wie dekantieren funktioniert.

Sie brauchen: 

  • ein Dekantierkörbchen
  • einen Kapselschneider
  • eine kleine Bürste
  • ein sauberes Tuch
  • einen Korkenzieher mit »hohler Seele«
  • eine Lichtquelle
  • eine saubere Karaffe
  • eventuell ein Sieb

Dann kann es schon losgehen.

Bereiten sie jene Weine, die Sie dekantieren möchten, liegend in der optimalen Temperatur vor, zum Beispiel in einem Klimaschrank.
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Bereiten sie jene Weine, die Sie dekantieren möchten, liegend in der optimalen Temperatur vor, zum Beispiel in einem Klimaschrank.

Erster Schritt

Im Idealfall wählen Sie den gewünschten Wein einige Wochen im Voraus in Ihrem Keller aus oder kaufen ihn im Handel ein und lagern ihn dann, wenn vorhanden, in einem Weinklimaschrank in der optimalen Temperaturzone. Die Flasche liegt nun horizontal und mit dem Etikett genau nach oben. Während dieser Ruhephase sammelt sich das vorhandene schwebende Depot an der Unterseite der Flasche. Manche Weinfreunde bevorzugen die Praxis, die Flasche vor dem Dekantieren einige Tage aufrecht zu stellen, damit sich das Depot absetzen kann. Davon möchten wir aus einem ­einfachen Grund abraten: Es wird hier beim nachfolgenden Ausgießen des Weines das Depot am Flaschenboden ­wesentlich früher aufgewirbelt als beim in der Folge beschriebenen Verfahren – Sie haben im Ergebnis oft deutlich weniger blanken Wein in der Karaffe.

Nehmen Sie bitte ­die horizontal liegende Flasche und positionieren sie vorsichtig im Dekantierkorb (es gibt diese aus stabilem Flechtwerk, versilbertem Drahtgeflecht, aber auch aus Massivsilber), wo sie leicht schräg zu liegen kommt. Im privaten Bereich könnte man die Flasche schon einige Stunden vor dem Öffnen in das Körbchen legen.

Zweiter Schritt

Entfernen Sie die Kapsel, optimalerweise zur Gänze oder zumindest unter dem Flaschenhalsring, bei Anhaftungen oder Verschmutzungen kann man nun mit der Bürste den Kork vor dem Öffnen, wenn nötig, reinigen. Nun wird der Kork gezogen, wobei die Flasche im Körbchen liegend verweilt und dank festen Handgriffs mit diesem eine Einheit bildet. Es ist darauf zu achten, dass nun vorsichtig und ruckfrei vorgegangen wird, um jedes Aufwirbeln des Depots zu verhindern. Ist der Kork erfolgreich und zur Gänze entfernt, sollte die Flaschenöffnung sowohl innen wie auch am Rand mit einem sauberen Tuch abgewischt werden, um kleinere Anhaftungen zu lösen. Nun wird die Karaffe platziert, eventuell setzt man ein zusätzliches Sieb auf diese – das ist bei Vintage Port Teil der Zeremonie, wobei ein Trichtersieb vor allem bei jüngeren Rotweinen die Atmung beschleunigt –, und es wird eine Lichtquelle, sei es die Kerze, ein geeignetes elektrisches Licht oder die Lampe an Ihrem Handy, aktiviert und in Position gebracht.

Dritter Schritt

Erst jetzt nimmt man die Flasche aus dem Korb heraus und gießt den Wein ganz langsam in die Karaffe um. Mit der Lichtquelle durchleuchtet man von schräg unterhalb der Flaschenschulter den Bereich Schulter und Hals – deswegen ist es beim Dekantieren besser, die ganze Kapsel wegzuschneiden –, um den Wein beim Auslaufen in die Karaffe genau zu durchleuchten. Hält man die Kerze direkt unter die Schulter, besteht die Gefahr, dass das Glas verrußt und die Sicht beeinträchtigt wird. Sobald die ersten dunkleren, faden- oder wirbelförmigen Anzeichen von Depot sich im Halsbereich der Flasche abzeichnen, ist die Flasche sofort abzusetzen.

An diesem Punkt ist es ratsam, den Wein auf etwaige Fehler wie Korkgeschmack zu prüfen – das kann man übrigens mit etwas Übung auch am in der Flasche verbliebenen Depotwein erkennen. Nun kann der perfekt dekantierte Wein in der Karaffe noch für die gewünschte Zeit atmen oder aber gleich serviert werden. Für großformatige Weinflaschen werden auch sogenannte Dekantiermaschinen verwendet, hier wird der Kork erst gezogen, wenn die Flasche in fester Schräglage am Gerät montiert ist, da schon allein das Gewicht für Stabilität sorgt. Es gibt diese dekorativen Kurbel-Dekantiermaschinen auch für Normal- und Magnumflaschen, hier ist es aber geschickter, den Wein im Körbchen zu öffnen und die Flasche erst danach zum besonders schonenden Ausgießen ins Gerät zu spannen.

Reine Übungssache: Der Kork muss unbedingt  so sanft und ruckfrei entfernt werden, dass kein Depot im Wein aufgewirbelt wird.
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Reine Übungssache: Der Kork muss unbedingt  so sanft und ruckfrei entfernt werden, dass kein Depot im Wein aufgewirbelt wird.
Schenken Sie über einer geeigneten Lichtquelle langsam, aber in einem Zug in die Karaffe um. Wenn man die Kapsel ganz entfernt, hat man das Depot am besten im Blick.
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Schenken Sie über einer geeigneten Lichtquelle langsam, aber in einem Zug in die Karaffe um. Wenn man die Kapsel ganz entfernt, hat man das Depot am besten im Blick.

Fazit

Gekonnt zu dekantieren ist alles andere als ein übertriebenes Ritual von schnöseligen Sommeliers oder angeberisches Getue. Es dient schlicht und einfach der Optimierung des Weingenusses. Und ist der gewünschte Wein einmal sicher in der schönen Karaffe, ist man dennoch nicht ganz am Ziel. Nun gilt es, die Serviertemperatur zu beachten und die richtigen Gläser zu wählen, um den vollen Erfolg sicherzustellen. Dabei gilt, wie auch in anderen Angelegenheiten: Der Vergleich macht Sie sicher.

Falls Sie noch einen funktionellen und formschönen Dekanter suchen, hilft Ihnen Max Riedel bei der Auswahl: Wir stellen fünf Fragen an den Riedel-Chef. 

Erschienen in
Falstaff Nr. 09/2020

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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