Spektakulär: Das portugiesische Douro-Tal zählt seit 2001 zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Spektakulär: Das portugiesische Douro-Tal zählt seit 2001 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
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Duero: Iberiens Lebensader

Ein Fluss, zwei Länder: Der Duero fließt auf fast 900 Kilometern von Altkastilien bis nach Portugal. An seinen Ufern liegen einige der bekanntesten und besten Weinregionen der iberischen Halbinsel.

Spanische Strände besitzen Weltruf, spanische Berge hingegen weniger. Dabei umfasst die spanische Bergwelt nicht weniger als 38 Gipfel mit über 3000 Metern. Der höchste mit dem Namen Pico del Teide liegt übrigens auf den Kanarischen Inseln und ist 3718 Meter hoch. Für unsere Geschichte über den Duero ist aber ein ganz anderer Berg von Bedeutung: der 2228 Meter hohe Pico Urbión, der gemeinsam mit seinen schroffen Nachbargipfeln die Sierra de Urbión bildet – das Quellgebiet des Duero. Die Sierra ist eine Wasserscheide: Auf der einen Seite streben die Bäche zum Ebro, dem wichtigsten Strom im Rioja, auf der anderen in den Duero. Dort, unten in der Talsohle, in Duruelo de la Sierra, einem der letzten Dörfchen unter den Gipfeln, verbinden sich die kleinen Bäche zum Quellfluss, der bald in die Laguna Negra mündet.

Die erste Stadt, die der Duero passiert, ist Soria, die auf über 1060 Metern liegt. Vom Pico Urbión aus hat der drittlängste Fluss der iberischen Halbinsel nun rund 70 seiner knapp 897 Kilometer hinter sich. Zunächst fließt er durch Kastilien und León, bevor er auf über hundert Kilometern die Grenze zwischen Spanien und Portugal bildet, wo er Douro genannt wird. An seinem Lauf liegen einige der bedeutendsten Weinregionen Spaniens wie Ribera del Duero, Rueda und Toro, aber auch weniger bekannte wie Arlanza, Arribes, Cigales, Tierra de León und die Tierra del Vino de Zamora.

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Land der Extreme

Bis heute ist der Duero im Vergleich zu anderen europäischen Flüssen ein natürlicher Fluss geblieben. Zwar wird er an einigen Stellen zur Energiegewinnung gestaut, doch sein Lauf ist nicht zu einem Kanal geworden wie beispielsweise der Rhein. Nachdem er die Laguna Negra verlässt, frisst er sich seinen kurvenreichen Weg durch die Meseta, das Hochplateau Zentralspaniens, das 570 bis 870 Meter über dem Meer liegt. Hier, in dieser Region, herrscht kontinentales Klima, das sich durch extreme Temperaturunterschiede auszeichnet, sprich im Winter eiskalt und im Sommer ultraheiß ist. Die ersten Rebflächen entlang des Duero finden sich schon in der Umgebung von Soria, ab San Esteban de Gormaz wird es aber richtig interessant, denn hier beginnt die DO (Denominación de Origen) Ribera del Duero, die sich entlang des Flusses auf etwa 115 Kilometern Länge bis kurz vor Valladolid erstreckt. Das Zentrum des Ge-biets liegt rund um die Kleinstadt Peñafiel. Ribera del Duero, das Land der Extreme, ist ein altes Weinbau-gebiet, dessen Geschichte bis ins 17. Jahrhundert zurückreicht.

Damals versorgten die Winzer vor allem die Stadt Valladolid, die damals Hauptstadt des Landes war. Bis in die 1980-Jahre kannte man die Weine aus der Region im Ausland kaum. Vega Sicilia, dessen Unico das große Qualitätspotenzial der Gegend schon vor dieser Zeit verdeutlichte, ist bis heute eine der Ikonen der Weinwelt. Genauso wie der Tinto Pesquera der Familie Fernández, die ebenfalls zu den Pionieren der Region zählt. Den wichtigsten Impuls für die Region gab sicherlich Alejandro Fernández in den 70er-Jahren. Aus der Rebsorte Tinta del País, wie die Rebsorte Tempranillo in der Region genannt wird, begann er damals, Rotweine von Weltformat zu keltern. Projekte wie Pingus von Peter Sisseck und Aalto folgten in seinen Fußstapfen.

Weiter westlich passiert der Duero das pittoreske Städtchen Tordesillas am nördlichsten Zipfel der Weinbauregion Rueda. Letztere, bekannt für ihre trockenen Weißweine aus der einheimischen, mit Sauvignon Blanc vergleichbaren Rebsorte Verdejo, wurde nach der gleichnamigen Stadt im Zentrum der Region benannt. Im Mittelalter blühte hier der Rebbau, bis die Reblaus ihn dahinraffte. Nach der Reblauskatastrophe wurde die ertragreiche, aus dem Sherrygebiet bekannte Palomino-Traube angepflanzt, passend zu den lange in der Region vorherrschenden Likörweinen, die heute eine Seltenheit darstellen. Verdejo, die omnipräsente aromatische weiße Rebsorte der Region, fristete lange Zeit erstaunlicherweise ein Schattendasein, bis sie in den 1970ern von den Bodegas Marqués de Riscal wachgeküsst wurde. Diese erkannten das Potenzial der Region für trockene Weißweine und lösten eine wahre Welle aus. 1980 wurde die Region zur DO, und heute sind es vor allem Winzer wie der umtriebige Telmo Rodríguez, die das Bild des Verdejo im Ausland perfekt verkörpern.

Wie steil und beeindruckend die Rebterrassen im portugiesischen Douro-Tal sind, lässt sich am besten vom Fluss selbst aus entdecken. Vor uns die Quinta da Boavista.
© Fernando Ricardo
Wie steil und beeindruckend die Rebterrassen im portugiesischen Douro-Tal sind, lässt sich am besten vom Fluss selbst aus entdecken. Vor uns die Quinta da Boavista.

Revolutionäre

Das kleine Städtchen Toro liegt auf einem Plateau über dem Fluss auf etwa 700 Metern über dem Meer. Auch hier wird es im Winter bitterkalt und im Sommer heiß. Regen ist eine Seltenheit. Das Städtchen ist Namensgeber einer weiteren revolutionären spanischen Rotweinregion, die der Duero auf seinem Weg in Richtung portugiesische Grenze passiert. Die Region erstreckt sich im Osten von Zamora und besitzt seit 1987 den DO-Status. Wie Rueda war auch Toro schon im Mittelalter eine wichtige Weinmetropole, vermutlich auch wegen der speziellen Bedingungen, die hier herrschen. Toro liegt 600 bis 2800 Meter über dem Meer und verfügt über besonders trockene, felsige Böden, auf denen hauptsächlich die Rebsorte Tempranillo – hier Tinta de Toro genannt – angebaut wird. Aufgrund des spezifischen heißen Klimas in der Region bilden die Trauben auf natürlichem Weg bis zu 16 Volumenprozent Alkohol. Die Region machte vor allem auf sich aufmerksam, weil einige bekannte und große Namen aus Ribera del Duero, Rioja und Bordeaux hier eigene Ableger gründeten. Vega Sicilias Pintia, Mauros San Roman und Michel Rollands Campo Elisio sowie Jacques Lurtons El Albar seien hier erwähnt.

Das Anbaugebiet Douro DOC ist in drei Subregionen unterteilt. Wenn man sich von der Hafenstadt Douro flussaufwärts bewegt, beginnt dort das westlichste Anbaugebiet namens Baixo Corgo. Hier ist das Klima am relativ kühlsten, weil der Einfluss des Meeres noch zur Geltung kommt. Daran schließt rund um den Ort Pinhão das Cima-Corgo-Gebiet an, das das eigentliche Zentrum bildet. Die Weingärten sind durch die Bergketten bereits von maritimen Witterungseinflüssen geschützt, rund zwei Drittel des Douro-DOC-Weins werden hier gewonnen. Weiter hinauf in Richtung Osten, der spanischen Grenze zu, liegt das heiße und karge Douro-Superior-Gebiet. Hier ist das Wetter extrem, eisige Winter und glühend heiße Sommer wechseln sich ab. Der Weinbau gestaltet sich von jeher schwierig, aber die Zahl jener, die das Potenzial der Region erkannt haben, wächst, wie immer neue Auspflanzungen beweisen. Von den Rebsorten haben sich für die Rotweinerzeugung Touriga Nacional, Tinta Roriz (Aragonez), Touriga Franca, Tinta Barroca, Tinto Cão, Sousão, Bastardo, Mourisco Tinto, Castelão, Rufete, Tinta Amarela (Trincadeira) und Tinta Francisca als günstig erwiesen; für die Produktion von Weißwein verwendet man Viosinho, Malvasia Fina, Gouveio, Rabigato, Côdega, Donzelinho Branco, Esgana Cão und Folgazão.

Die meisten Weingärten sind kleine, alte Parzellen, in denen die Sorten im gemischten Satz nebeneinanderstehen. Allerdings sieht man in jüngerer Zeit speziell bei den trockenen Weinen immer öfter Exemplare, die reinsortig ausgebaut sind. Andererseits entsteht erst durch das Zusammenspiel der unterschiedlichen Rebsorten die besondere Komplexität, die die Douro-Weine auszeichnet. Der Douro-Wein kommt aus der ersten, im Jahr 1754 designierten und regulierten Weinregion. Das Douro-Weinbaugebiet gehört heute zum UNESCO-Weltkulturerbe. Dies unterstreicht die Anerkennung einer langen Wein-bautradition und einer Landschaft von außergewöhnlicher Schönheit. Dank großer Investitionen in den 90er-Jahren, die von der Weltbank finanziert und von der EU subventioniert wurden, konnten sich zahlreiche private Weingüter neu etablieren, um ihren eigenen Wein herzustellen, anstatt die Trauben an Genossenschaften oder große Weinhändler zu verkaufen. Eine neue Generation gut ausgebildeter Winzer und Önologen machte schließlich gemeinsam das Douro-Wunder möglich. Taktgeber war dabei Dirk van der Niepoort, Spross des bekannten Portwein-Shippers, der die Bedeutung der Stillweine früh erkannte und mit den Douro Boys eine Gruppe von Gleichgesinnten um sich scharte. Seit fünfzehn Jahren sind nun die Jungs von der Quinta do Crasto, Quinta do Vale Meão, Niepoort Vinhos, Quinta do Vallado und Cristiano van Zeller mit Quinta Vale Dona Maria, Van Zellers & Co. und Lemos & van Zeller dabei – die Speerspitzen dieser innovativen Entwicklung.

In ihrem Sog hat sich das Bild des Douro-Tals gewandelt. Heute gibt es neben den Weinen auch ein wachsendes weintouristisches Angebot mit großartigen Hotels (»Six Senses«, »Vallado«, »Vintage House«) und einer facettenreichen Gastronomie (»DOC Restaurant«, »Castas & Pratos«, »Sus Douro«, »Quinta da Pacheca«).

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Vom Duero zum Duoro

Wenn der Duero den gemeinsamen Naturpark an der Grenze zu Portugal durchmessen hat und zum Douro wird, dann liegen bis zur Mündung in Porto noch 213 Kilometer vor ihm. Er erreicht hier das Weinbaugebiet, das seinen Namen trägt und Herkunftsort der kraftvollen Portweine und einer wachsenden Zahl exzellenter Stillweine ist. Lange verbanden Weinkenner das portugiesische Douro-Tal ausschließlich mit den kraftvollen, feurigen Portweinen. In jüngerer Zeit haben aber auch die klassischen Rotweine und die stoffigen Weißweine ein ausgezeichnetes Renommee erreicht und sind international geschätzte Speisenbegleiter. Das spezielle Klima, die steilen, oft terrassierten Hänge mit ihren von Granit und Schiefer geprägten Böden und eine große Vielfalt an Sorten bilden die Basis für ein Angebot an trockenen Spitzenweinen, das noch nie so groß war wie heute. Eine erstaunlich große Zahl von qualitativ bedeutenden Winzern erzeugt hier Weine, die sich vom Rest Portugals deutlich unterscheiden. Sowohl für die Herstellung von Stillweinen unter der Douro DOC sowie zur Produktion von Portwein Porto DOC sind gesetzliche Ursprungsbezeichnungen eingeführt worden, die dafür vorgesehene Region ist geografisch deckungsgleich.

Erschienen in
Falstaff Nr. 07/2019

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Peter Moser
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