In vielen Schweizer Weinregionen experimentieren Winzer mit der Herstellung von Schaumweinen. Etwa im Lavaux am Genfersee.

In vielen Schweizer Weinregionen experimentieren Winzer mit der Herstellung von Schaumweinen. Etwa im Lavaux am Genfersee.
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Die besten Schaumweine aus der Schweiz

Immer mehr Schweizer Produzenten überraschen mit charaktervollen, ausdrucksstarken Schäumern, die auf dem internationalen Parkett mithalten können.

In der Schweiz gab es während vieler Jahre keinen wirklich guten Grund, statt eines Champagners einen heimischen Schaumwein zu entkorken. Denn während in vielen europäischen Ländern die Qualitätsrevolution beim Schaumwein längst abgeschlossen ist, befindet man sich in der Schweiz diesbezüglich noch im Anfangsstadium. Ordentliche Qualitäten findet man zwar bei vielen Weingütern, kompromisslose Exzellenz allerdings noch immer nur im Einzelfall.

Beim Schaumwein auf Exzellenz zu setzen braucht viel Mut. Denn der Aufwand ist immens – nicht nur im Rebberg, sondern auch im Keller. Und so ist es nur logisch, dass bis heute viele Schweizer Weingüter die Versektung – also den Akt der zweiten Gärung – an Betriebe vergeben, die darauf spezialisiert sind. Die Verkostung anlässlich der Falstaff Schaumwein Trophy 2020 zeigte allerdings, dass dieser Weg nicht der richtige sein kann, wenn man kompromisslos hochwertig produzieren möchte.

Das Bündner Weingut Adank verwies bei der Falstaff Trophy zum wiederholten Mal die Konkurrenz auf die hinteren Plätze. Patrick Adank zeichnet für die Schaumweinproduktion im elterlichen Betrieb verantwortlich. Er absolvierte einen Teil seiner Ausbildung in der Champagne und ist sich sicher, dass das ein wichtiger Schlüssel für den heutigen Erfolg seiner Schaumweine ist. »Ich habe gesehen, wie sie es dort machen, und daraus viel für die eigene Produktion gelernt.« Auf die Idee, mit dem Schaumwein einen Schritt weiterzugehen, kam Adank aus mehreren Gründen. Einerseits weil seine Heimat, die Bündner Herrschaft, mit den Sorten Pinot Noir und Chardonnay sowie dem Kalk in den Böden ideale Voraussetzungen bietet, andererseits weil er hier mangels Konkurrenz auf dem Schweizer Markt große Chancen sah. Der Adank Brut war nicht nur in der Falstaff Trophy siegreich, er ist auch in den besten Schweizer Gourmetlokalen anzutreffen und ersetzt dort nicht selten ein Glas Champagner.

Sich deswegen auf dem Erfolg auszuruhen kommt Adank allerdings nicht in den Sinn. »Wir stehen erst am Anfang«, sagt er. Derzeit sind sie daran, ein Lager an Reserveweinen aufzubauen. »Den Reserveanteil möchten wir in den nächsten Jahren noch steigern«, sagt Patrick Adank. Doch das ist eine langwierige Angelegenheit, das geht nicht so einfach von heute auf morgen.

Patrick Adank hat zur Falstaff Trophy zwei unterschiedliche Weine eingereicht, die auf demselben Grundwein aufbauen. Einmal als Normalflasche, dosiert mit drei Gramm Zucker pro Liter, und einmal als Magnum mit Zero Dosage und ohne den Zusatz von Schwefel dosiert. Die trockenere Version hat die Falstaff-Verkoster überzeugt, was sich mit Adanks Eindruck deckt. »Wirklich trockene Schaumweine sind für uns besonders interessant«, sagt er. »Sie zeigen den vollen Ausdruck des Grundweins, was noch lange nicht heißt, dass süßere Varianten nicht auch gut schmecken können.«

Champagner aus dem Thurgau

Ähnliches wie bei Familie Adank geht derzeit beim Schlossgut Bachtobel im thurgauischen Weinfelden vor sich. Das Team um Schlossbesitzer Johannes Meier ist auf der Suche nach der eigenen Rezeptur für einen Top-Schaumwein. Dafür reiste man mitunter in die Champagne und besuchte verschiedene Güter. »Die Offenheit der Produzenten dort verblüffte uns«, sagt Johannes Meier. »Wir konnten einige Inputs mitnehmen.«

Für den Schaumwein des Schlossguts kommen schon heute die klassischen Champagnersorten zum Einsatz: jeweils ein Drittel Chardonnay und zwei Drittel Pinot Noir. Der Wein wird vergoren und erlebt einen biologischen Säureabbau. Jeweils im Spätsommer wird er in Flaschen gefüllt und mittels Méthode Traditionelle zum Prickeln gebracht. Der »Bachtobel MX« lagert ganze 30 Monate im kühlen Schlosskeller auf der Hefe, damit sich die Kohlensäure gut einbinden und die Aromenvielfalt entfalten kann. Erst drei Jahre nach der Ernte wird der Wein degorgiert, mit einer leichten Dosage von sechs Gramm versehen, verkorkt und gelangt schließlich in den Verkauf.

Der Aufwand und der Platzbedarf sind enorm. Der Schaumwein erinnert geschmacklich durchaus an seine großen Vorbilder aus Nordfrankreich, verfolgt jedoch eher einen frischen als einen oxidativen Typus. Es ist der Schaumweinstil, den das Bachtobel-Team selbst am liebsten trinkt. Doch auch hier ist man sich sicher, dass die Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft sind, was die Verbesserung der Qualität betrifft.

Der »Brut« des Bündner Weinguts Obrecht steht zum dritten Mal in Folge auf dem Treppchen der Falstaff Schaumwein Trophy. Eine Beständigkeit, die sicher mit der großen Erfahrung der Winzer in der Schaumweinbereitung zusammenhängt. Denn bereits im Jahr 2010 begannen die Obrechts, ihren Schaumwein selbst zu versekten und diesen wichtigen Schritt der Produktion nicht länger auszulagern. Basis für diesen eleganten Schaumwein sind 100 Prozent Pinot-Noir-Trauben.

Diese werden rund 14 Tage vor der Haupternte gelesen und direkt gepresst. Was dann folgt ist eine klassische zweite Gärung nach Champagnervorbild – und das, wie erwähnt, im eigenen Keller.

Falstaff Schaumwein Trophy 2020

Die Falstaff Schaumwein Trophy 2020 förderte nicht nur Sieger zutage, allgemein zeigte sie ein vielfältiges Bild der Schweizer Schaumweinszene. Während Winzer in allen Anbauzonen mit der Flaschengärung nach Champagnervorbild experimentieren, sind auch vermehrt Weine aus Schweizer Produktion zu finden, die eher dem Prosecco-Vorbild folgen, Weine also, die mittels Tankgärung oder Méthode Charmat hergestellt werden.

Zu den Vorzeigeprojekten in diesem Bereich gehört die Schaumweinproduktion der Kellerei Rimuss & Strada Wein AG in Hallau. Im Jahr 2017 übernahm die Bündner Familie Davaz den Betrieb und nahm die Entwicklung von Schaumweinen in Tankgärung aus heimischem Traubengut in Angriff. Grund dafür war nicht etwa alleine das erkannte Potenzial am Markt, sondern insbesondere die Überproduktion von Trauben in der Nordostschweiz. Diese finden nun in verschiedenen fruchtig-frischen Produkten eine neue Bestimmung.

Noch einen Schritt weiter geht der renommierte Waadtländer Weinmacher Bernard Cavé. Er präsentiert mit seinem »Chasselagne« einen frischen, trinkigen Schaumwein aus Chasselas. Dieser wird nicht etwa im Tank vergoren, sondern nach der Vinifizierung mit Kohlensäure angereichtert. Der Wein wird in einer Normalflasche mit Schraubverschluss verkauft und als Cocktailzutat angepriesen. Ein prickelnder Schweizer Wein mit Spaßfaktor.

Erschienen in
Falstaff Sparkling Special 2020

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