Jährlich werden weltweit 300 Millionen Flaschen Champagner genossen.

Jährlich werden weltweit 300 Millionen Flaschen Champagner genossen.
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Das Große Prickeln: Festliche Champagner

Vom erschwinglichen Alltagsprodukt bis zur nahezu unbezahlbaren Rarität – Falstaff hat sich die Champagner-Trends für 2019 angesehen und die spannendsten Champagner ermittelt.

Wie jedes Jahr hat sich die Falstaff-Weinredaktion durch eine Vielzahl an Neuerscheinungen durchgekostet, und man kann sagen, selten war das Angebot an spannenden Champagnern in jeder Hinsicht so vielfältig und lohnend wie aktuell. Dem Konsumenten spielen gleich mehrere Faktoren gleichzeitig in die Hände. Der Konkurrenzdruck am Markt führt dazu, dass sich die Erzeuger sehr darum bemühen, das Niveau ihrer Qualität weiter zu heben. Dabei kommt die oft besprochene Klimaänderung einer kühlen Region wie der Champagne entgegen.

Zum anderen wächst dank einer immer größer werdenden Zahl von Champagner-Winzern neben den alteingesessenen Häusern auch im deutschsprachigen Raum das Angebot von Jahr zu Jahr. Und angesichts von zukünftigen Schwierigkeiten in den wichtigsten Exportmärkten USA und Großbritannien, wo hohe Zölle, aber auch Mitbewerber aus dem jeweiligen Inland den Absatz abschwächen, wird man in Zukunft noch mehr neue Champagnernamen in Europa kennenlernen.

Die sprudelnden Trends

Wie also lauten die Trends für die bevorstehenden Feiertage? Es ist Zeit für Vintage-Champagner. Mutter Natur hat den Champagnerfreunden mit 2008 einen grandiosen Jahrgang geschenkt, mit 2012 ist das nächste tolle Jahr im Kommen. Wenn es um Preis-Leistung geht, dann ist dieses Mini-Segment (nur 1,6 Prozent des exportierten Champagners fallen da hinein, wenn man Rosé und Prestige-Cuvées nicht berücksichtigt) jenes mit der höchsten Qualität im Bewertungsdurchschnitt.

Rosé ist ein Must-have: Die Trendkurve beim Rosé-Champagner zeigt weiterhin nach oben.  Über 10 Prozent der Exporte betreffen heute bereits das lachsrosa Segment. Zwar sind die Rosés durchschnittlich stets etwas teurer, aber man kniet sich bei der Qualität der Grundweine ordentlich hinein, um das auch zu rechtfertigen.

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Keine trockene Angelegenheit

Es lohnt sich, jetzt nach Einzellagen-Champagner und Prestige-Cuvées Ausschau zu halten. Mit rund 5 Prozent der Produktion ist das Topsegment gemessen am Gesamtmarkt ein winziges. Von einigen wenigen berühmten Produkten abgesehen ist die erzeugte Flaschenzahl sehr limitiert, von manchen Lagen-Champagnern werden nur wenige tausend Flaschen produziert. Die aufgerufenen Preise sind zwar nicht gering, aber im Vergleich mit den besten Stillweinen aus dem Burgund oder Bordeaux doch recht überschaubar. Nur eine Handvoll Raritäten erreicht die Preise der Premiers Grands Crus Classés wie Lafite oder Latour, und von diesen Spitzenchampagnern werden deutlich geringere Flaschenzahlen aufgelegt.

Es gibt aber auch Fragen, die in jüngerer Zeit unter Champagner-Kennern eher kontrovers diskutiert werden. Das wäre die Frage: Brut Nature – muss das wirklich sein? Als der Stil für den routinierten Weinkenner wurden die Champagner ohne oder mit so gut wie keiner Dosage angepriesen, von Terroir und vinösem Charakter war da oft die Rede. Die Zahlen sprechen ein andere Sprache: Die Konsumenten haben diese Richtung nicht honoriert. Die meisten (es gibt natürlich Ausnahmen) dieser Champagner werden als uncharmante Zeitgenossen betrachtet, fehlt es doch an Bukett und Frucht, die beide von einer dezenten Dosage profitieren. Etwas Zucker gibt den Weinen Harmonie, lässt sie runder erscheinen. Die Zero-Nummer mag ja bei Coke aus diätischen Gründen vernünftig sein, beim Champagner hinterlässt sie oft einen schalen Nachgeschmack.

Bei manch hochgepriesenem Produkt (z. B. von Selosse & Co) fragt man sich als Konsument: Ist das nun Sherry oder Champagner? Im Fahrwasser der an sich positiven Hinwendung zur organischen Bewirtschaftung der Weingärten und einer Kellertechnik mit minimalistischem Zugang tauchen immer wieder Produkte mit deutlich oxidativen Zügen sowie solche, die im Nachgeschmack sherryähnliche Rancio-Noten aufweisen auf. Mag sein, dass Hardcore-Biodynamie-Fans so etwas schätzen, für den Großteil der Champagner-Liebhaber ist diese Erfahrung allerdings entbehrlich. Auch der Hinweis, dass sich diese Weine mit Dekantieren und Offenhalten über viele Stunden und Tage verbessern, ist aus Sicht des Autors eine Themenverfehlung. Großer Champagner lebt von Spontaneität, Emotion und dem unmittelbaren Glückserlebnis, das die besten dieser Weine zu vermitteln imstande sind.

Und schließlich Achtung vor Bling-Bling: Je mehr Gold, Platin oder glitzernde Steinchen – egal ob echt oder Fake – auf eine Champagnerflasche gepackt werden, umso sicherer können Sie sein, dass der Inhalt diese Behübschung dringend nötig hat. Kaufen Sie diese aufgedonnerten Figuren nur dann, wenn Ihnen die Verpackung das wirklich wert ist. Der teuerste Champagner aktuell ist der Goût de Diamants Brut Diamond um 1,8 Millionen Euro pro Flasche. Sie wird geziert von einem echten 19-Karat-Stein. Um das Geld können Sie sich schon die Garage bis zum Dach mit Armand de Brignacs goldenen Ace of Spades füllen lassen – funkelt auch schön und werden Sie ebenso nie trinken wollen.

Auf den folgenden Seiten stellen wir Ihnen in verschiedenen Kategorien die handverlesenen Favoriten der Falstaff-Redaktion vor, mit denen Sie die kommenden Festtage unter Garantie genussvoll verbringen können. Die Verkostungsnotizen zu diesen Champagnertipps finden Sie unten.


Die außergewöhnlichen Perlen

Dcie kommenden Festtage bieten vielleicht die Gelegenheit, einmal einen der ganz besonderen Champagner zu genießen. Wir denken hier an seltene Einzellagen-Champagner oder solche, die sich durch eine zusätzliche Reifeperiode von der ohnehin schon luxuriösen Prestige-Cuvée des jeweiligen Hauses unterscheiden. Meist nur in limitierter Menge von einigen tausend Flaschen erzeugt und aus Grundweinen der besten Jahrgängen stammend, haben diese Weine natürlich ihren Preis. Vergleicht man diesen mit den großen Bordeaux- oder Burgunderweinen, so relativiert sich das. Diese Weine bieten ein absolut einzigartiges Trinkerlebnis, das nur schwer von anderen getoppt werden kann.

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Jahrgang 2008 – the Must-Have

Dieses Jahr war einfach wie maßgeschneidert für großen Champagner. Es ist ein Jahrgang von klassischer Finesse, kristallklarer Reinheit, eng verzurrter Säurestruktur und monumentaler Langlebigkeit, da sind sich alle Experten einig. Der Jahrgangsverlauf war optimal, alle Faktoren passten für die perfekte Champagnertraube zusammen. Perfekte Zuckerreife, gute aromatische Konzentration und tolle Säurewerte lassen die Topprodukte dieses Jahres dank ihrer Harmonie und Balance heute bereits absolut trinkreif erscheinen.

Klar ist aber auch, dass diese Weine das Potenzial für viele weitere Jahre der Reife in sich tragen. Es ist ein Jahrgang, in den jeder wahre Champagner-Fan investieren wird, die Preiskurve wird sich rasant nach oben entwickeln. Decken Sie sich richtig ein.

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Rosé for the perfect day

Die einfachste Methode, Rosé-Champagner herzustellen, wurde von der Witwe Clicquot im Jahr 1818 erfunden. Madame Barbe-Nicole Clicquot-Ponsardin, wie sie mit vollem Namen hieß, war die Erste, die rote und weiße Rebsorten mixte, um auf diese Art Rosé-Champagner zu erzeugen. Heute verwendet man mehrheitlich das sogenannte Saignée-Verfahren, bei dem aus dem auf der Maische gärenden Rotwein ein kleiner Teil ohne Pressung abgelassen wird. Auf diese Art wandern die Farbstoffe aus den roten Schalen der Trauben in den Saft. In den letzten Jahren haben Beliebtheit und Produktion von Rosé-Champagner deutlich zugenommen. Falstaff verrät Ihnen die aktuellen Favoriten.

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Biologische Charakterköpfe

Mit der wachsenden Erkenntnis um die Wichtigkeit der biologischen Bewirtschaftung der Weingärten nimmt auch die Zahl der Produzenten, die ihren Champagner aus Bio-Trauben herstellen, sprunghaft zu. Klarerweise ist diese Herangehensweise für kleinere Häuser und Winzerchampagnerhersteller leichter umzusetzen als für die großen Markenhäuser, die einen hohen Anteil der Trauben zukaufen müssen.

Einige der spannendsten Produkte kommen aus dem organischen und biodynamischen Segment und erfreuen sich wachsender Beliebtheit, sodass manche der Spitzen­produkte bereits schwer zu bekommen sind. In der industriell dominierten Champagne ist Bio immer noch eine winzige Nische, nur rund zwei Prozent der Flächen sind heute bereits offiziell umgestellt.

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Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2019

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