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Cortis Küchenzettel: Bohnen mit Potenzial

Bohnen sind ein bescheidenes Lebensmittel, aber mit großem kulinarischem Potenzial. Im Friaul wissen die Menschen das noch – und daran sollten wir uns ein Beispiel nehmen!

Wie soll man das verstehen? Einerseits gibt es kaum noch Restaurants, die nicht mit Regionalität und der Rückbesinnung auf unsere große kulinarische Tradition punkten möchten. Hehre Worte wie Nachhaltigkeit, verlockende Konzepte wie Slow Food werden im Brustton der Überzeugung postuliert. Anderseits spricht das, was man tatsächlich auf den Speisekarten vorfindet, leider eine ganz andere Sprache. Allzu oft wird das Repertoire da auf ein paar wenige, immer gleiche Gerichte reduziert, bei denen kurz der Pfanne oder, noch schlimmer, der Fritteuse anvertrautes Fleisch die Hauptkomponente bildet. Dabei hat unsere Tradition weiß Gott mehr zu bieten als die Troika aus Gebackenem wie Schnitzel und Cordon, oft zu lange Gekochtem wie Tafelspitz oder Beinfleisch und ein bissel einem Schweinsbraten.

Schon klar: Um auf die Schnelle etwas auf den Tisch zu bringen, das nach »echtem Essen« aussieht, sind Schnitzel, Kotelett oder Hendlfilet die einfachste Wahl. In Zeiten, da Fleisch um verwerflich wenig Geld zu haben ist, wird das zur Verlockung, der nur wenige, ehrbare Wirte zu widerstehen mögen. Die Vielfalt und Kultur unserer Küche aber geht auf diese Art verloren. Die ist nämlich gar nicht so versessen auf Fleisch, wie es uns die Industrie weiszumachen versucht. Unter dem Preisverfall bei Fleisch – im Besonderen bei Schweinefleisch und Geflügel – leidet eine Kategorie von Lebensmitteln ganz besonders. Nämlich jene, die dank ihres Reichtums an pflanzlichen Proteinen quasi ein natürlicher Fleischkonkurrent wäre: Hülsenfrüchte, und da besonders die Bohnenfamilie. Das lässt sich nicht zuletzt daran erkennen, dass trockene Bohnen im Supermarkt inzwischen nur noch bei den Ethnolebensmitteln eingeräumt werden – außer Türken und Serben scheint sich kaum noch jemand dafür zu interessieren.

Einzig die Käferbohnen wird man in der Steiermark noch leicht finden. Überhaupt muss man die Steirer an dieser Stelle loben: Im Vergleich zum Rest des Landes wird die Freude an der Bohne dort noch hochgehalten. Was aber ist mit Bohnengulasch und -strudel, mit Bohnen­salaten und den legendären Bohnensuppen geschehen, die vor Jahren noch weithin zu finden waren? In Triest, das nicht weniger als 600 Jahre lang bei Österreich war, ist das ganz anders. Da wird die Bohne noch mit Inbrunst geliebt, ob im Klassiker Pasta e fagioli, in der fantastischen Bohnen-Kraut-Suppe Jota – oder als köstliche Creme, die mit frischen, ganz kurz gegarten Muscheln versehen zu einer herrlich herzhaften Deli­katesse wird.

Wie Sie eine Bohnencremesuppe mit Miesmuscheln zubereiten, zeigt Ihnen Severi Corti:
ZUM Rezept

Erschienen in
Falstaff Nr. 02/2020

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Severin Corti
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