Eine illustre Jury bewertete acht Drei-Gänge-Menüs auf der Sherry-Meisterschaft Copa de Jerez. 

Eine illustre Jury bewertete acht Drei-Gänge-Menüs auf der Sherry-Meisterschaft Copa de Jerez. 
© Pablo Calvo

Copa de Jerez: Große Bühne für den Sherry

Auch wenn das deutsche Team keine bleibenden Spuren hinterlässt – die diesjährige Copa de Jerez im Mutterland des Sherry könnte ein Vorbild für Deutschland sein.

Die Reihen sind gut gefüllt im Theater von Jerez, einem hübschen Gebäude von 1926, das sich im Zentrum der geschichtsträchtigen andalusischen Stadt befindet. Kameraleute eilen durch den Zuschauerraum, am Rand kontrollieren Techniker Licht und Ton. Das Bühnenbild ist schon aufgebaut, acht kleine Abteile, mit Plexiglasscheiben voneinander getrennt. Allerdings sind die Hauptdarsteller des folgenden Spektakels keine Schauspieler, sondern Köche und Sommeliers aus der ganzen Welt – sie werden in den kleinen Abteilen live auf der Bühne kochen und im Anschluss ihre Kreationen einer hochkarätigen Jury präsentieren. Die Vorstellung hat auch nicht am Abend begonnen, sondern am Vormittag.

Um kurz nach zehn an diesem klaren Novembertag bitten die Moderatoren die Jury des diesjährigen Finales der Sherry-Meisterschaft auf die Bühne. Die Juroren haben in den nächsten fünf Stunden die herausfordernde Aufgabe, acht Drei-Gänge-Menüs zu probieren, also insgesamt 24 Teller. Damit nicht genug, zu jedem Gang aus der Hand eines Kochs servieren die Sommeliers aus den Paarungen einen korrespondierenden Sherry. Die neunte Ausgabe der Copa de Jerez, einer der prestigeträchtigsten kulinarischen Wettbewerbe in Europa, hat begonnen.

Gigantischer Aufwand

Der Aufwand, den das Organisationskomitee für die alle zwei Jahre stattfindende Copa betreibt, ist groß. In der Jury sitzen Legenden der spanischen Gastro-Szene, darunter Josep Roca, Sommelier des Drei-Sterne-Restaurants »El Celler de Can Roca« aus Girona und der Drei-Sterne-Koch Quique Dacosta aus Alicante. Als einen der zwei ausländischen Juroren hat das Komitee den Deutschen Peer Holm berufen, den Vorsitzenden der Sommelier-Union Deutschland. Die Teilnehmer-Teams des Finales kommen aus den USA und Russland sowie sechs weiteren europäischen Ländern und haben sich zuvor in Länderentscheiden für die Finalteilnahme in Spanien qualifiziert. Es sind teilweise große Namen darunter, für die Niederlande tritt ein Duo aus dem mit drei Sternen prämierten »De Librije« an. Für Deutschland im Rennen sind Marianus von Hörsten, Küchenchef im Restaurant »Klinker« in Hamburg sowie die Sterne-gestählte Sommelière und Weinberaterin Maria Rehermann.

Im Foyer und hinter der Bühne haben sich spanische Fernsehsender mit kleinen Teams postiert, die Aufmerksamkeit, die der Wettbewerb erhält, ist beträchtlich. Für die Region ist die Bedeutung des Sherry kaum zu überschätzen. Wichtigste Zentren für den weltbekannten Wein sind das schon erwähnte Jerez de la Frontera sowie das Städtchen Sanlucár de Barrameda, das an der Mündung des Guadalquivir an der Atlantikküste liegt und als Ausgangspunkt für Kolumbus‘ dritte Reise im Jahr 1498 Geschichte schrieb. Beide Städte sind namensgebend für eine Herkunftsbezeichnung, was auf Spanisch Denominación de Origen (D.O.) heißt, nämlich: Jerez-Xérès-Sherry sowie Manzanilla - Sanlúcar de Barrameda. Hinzu kommt eine dritte, die für Sherryessig steht: Vinagre de Jerez. Die drei Hauptrebsorten des Sherrys sind hier zuhause: Palomino, Moscatel und Pedro Ximénez.

»Kathedralen des Sherry«

Sie wachsen auf trockenen, nährstoffarmen Kreideböden, die auf Spanisch Albariza heißen. Weil sie noch die kleinste Menge an Feuchtigkeit speichern, ist Weinbau hier im südlichen Spanien überhaupt möglich. Bis zu sechs Meter tief graben sich die Wurzeln der Rebstöcke in den Boden ein. Auch auf Sand- und Lehmböden wachsen teilweise Trauben, die zur Sherryherstellung genutzt werden, doch weitaus seltener als auf Albariza.

Im August, selten im September, beginnt die Lese der Palomino-Trauben – zum überwiegenden Teil per Hand, nur ein gutes Zehntel der Rebflächen wird mit Maschinen bearbeitet. Die Trauben für die Süßweine, Pedro Ximénez und Moscatel, werden nach der Lese für etwa eine Woche zum Trocknen auf Matten gelegt, um den Zuckergehalt zu konzentrieren. Beeindruckend sind die Gebäude, in denen die Fässer meterhoch aufgetürmt im »solera/criadera«-System lagern. Die »Kathedralen des Sherry« folgen einem ausgeklügelten Bauplan, sind etwa von der Ausrichtung genau auf die feuchten Nachtwinde abgestimmt und immer mit einem Sandboden versehen – Faktoren, die möglichst stabile Lagerbedingungen auch während Extremtemperaturen garantieren sollen.

Jury lobt Niveau der Teilnehmer

Wenn am Ende aus den untersten Fässern, die Soleras, die Weine abgefüllt werden, nähert sich die aufwändige Herstellung dem Ende – und für Genießer beginnt das Vergnügen. Die für Einsteiger manchmal unüberschaubare Vielfalt des Sherrys ist sein größter Schatz: Je nach Rebsorte und Ausbau entstehen hoch individuelle Weine, von denen manchmal kaum zu glauben ist, dass sie alle aus dem gleichen Anbaugebiet stammen. Am Ende stehen Finos, Manzanillas, Olorosos, Amontillados und Palo Cortados, die in Aromatik und Zuckergehalt teilweise Welten trennen – und den teilnehmenden Sommeliers der Copa ein willkommenes Spielfeld bietet.

Das Niveau des Wettbewerbs sei extrem hoch gewesen, berichtete dann auch Jurysprecher Josep Roca nach dem fünfstündigen Verkostungsmarathon, der von interessanten Sessions und Verkostungen außerhalb des Theatersaals begleitet wurde. Die Juroren probierten Gänge, deren Herkunft aus der Sternegastronomie unverkennbar war. Ein Auszug: Lamm mit Polenta, Kalamataoliven und Pflaume, rohe Jakobsmuschel mit Apfel und Auster, Taube mit Rote Bete und Heidelbeere – jeweils begleitet von hochklassigen Sherrys. Und auch wenn das deutsche Team am Ende keinen der Preise gewann, sondern insbesondere das belgische Team aus dem Restaurant »Paul de Pierre« triumphierte: Wie stolz und wirkmächtig ein heimisches Genussmittel präsentiert werden kann, bleibt im Gedächtnis haften – und sollte auch für Deutschland Schule machen.


Wer sich eingehender mit dem Thema Sherry beschäftigen will, findet hier viele Infos.

Philipp Elsbrock
Philipp Elsbrock
Autor
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