Ein Besuch in Bars und Coffeeshops, die das Zusammenspiel aus Koffein und Alkohol bereits perfektioniert haben.

Ein Besuch in Bars und Coffeeshops, die das Zusammenspiel aus Koffein und Alkohol bereits perfektioniert haben.
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Cocktails: Ein Kaffee mit Schuss

Obwohl die Kaffeekultur boomt, gehen die Kreationen bei Kaffee-Cocktails selten über Espresso Martini hinaus. Dabei wären die Einsatzmöglichkeiten der aromatischen Bohnen weitaus vielfältiger.

»Über den Tellerrand zu schauen macht immer Sinn und vor allem Spaß«, sagt Alexander Afrough, und geht mit bestem Beispiel voran: Anfang vergangenen Jahres stand der Inhaber von »Aggys Third Wave Coffeeshop« in Wien im Österreich-Finale der Coffee in Good Spirits (CIGS) Meisterschaft. Bei der weltweiten Competition müssen die teilnehmenden Baristas und Barkeeper neben einem traditionellen Irish Coffee auch eine Eigenkreation zubereiten, in der Kaffee und Alkohol zum Einsatz kommen.

Afrough entschied sich für einen doppelten Espresso Äthiopien Natural mit Aromen von Milchschokolade, Erdbeere und Buttermilch, der mit Ardbeg 10, Pedro Ximénez-Sherry Trink-Essig von Erwin Gegenbauer und einem Barlöffel Waldhonig vermengt, auf Körpertemperatur serviert und mit einem kalten Orangen-Espuma garniert wurde. »Der Cocktail hatte Aromen von teerigem Rauch, salziger Lakritze, Grapefruit und besoffener Kirsche. Eine verrückte Komposition«, erinnert sich Afrough, der in der Vermischung der Kaffee- und Barszene keinen Widerspruch sieht. »Wenn wir uns High-End-Bars und Third-Wave-Coffeeshops ansehen, geht es hauptsächlich um Qualität und weniger um Quantität. Die Arbeitsweisen sind oft sehr ähnlich: Da wie dort geht es darum, so viel wie möglich selbst herzustellen und dem Gast ein einmaliges Erlebnis zu garantieren. Nur bei den Öffnungszeiten treffen dann doch zwei verschiedene Welten aufeinander.«

Muntermacher-Drinks

Wobei es dafür mit Crossover-Lokalen mittlerweile Lösungen gibt, die vom Tagescafé nahtlos in den Barbetrieb übergehen. Ein aktuelles Beispiel ist das »Sammy Junior« im Central Business District in Sydney, das heuer im März eröffnet hat und ein Ableger der renommierten Bar »Maybe Sammy« ist, die 2020 auf Platz 11 der weltweit besten Bars gereiht wurde. Co-Gründer beider
Lokale ist Martin Hudak, der 2017 als Gewinner der CIGS Weltmeisterschaft hervorging und mittlerweile unter dem Label »Spiritual Coffee« seinen eigenen Kaffee röstet. Ab 15 Uhr wird in dem Hybrid aus Espresso- und Cocktailbar die Aperitivo-Karte aufgelegt, die mit Kaffee-Cocktails wie »Coffee Negroni« mit Gin, Coffee Amaro, Campari und rotem Wermut, »Autumn Sazerac« mit Brandy, Génépi und Cascara oder »Irish Coffee« mit Whiskey, Honig, Muscovado, Filterkaffee, Mandeln und Obers aufwartet.

Das gleiche Konzept fährt auch das »Intermezzo« in Saint Petersburg in Florida. Auch hier findet sich bereits auf der Tageskarte eine kleine Cocktailauswahl, darunter der »Caffe Mezzo« mit Wodka, Espressolikör, Cold Brew und Chocolate Bitters als Eigeninterpretation des Espresso Martini. Abends kommen weitere Kaffee-Alkohol-Kreationen dazu, darunter der »Branca Brew« mit Bourbon, Fernet Menta und Cold Brew, der »Manhattan Blackout« mit Kaffeeinfused Whisky, Averna und Black Walnut Bitters oder »La Notte« mit Rum, Amaro, Kaffee, Honig und Obers, der heiß serviert wird. »Für Cocktailbars machen Espressobasierte Drinks Sinn, da ohnehin häufig eine Espressomaschine verfügbar ist und die Zubereitung relativ schnell geht. Durch das Shaken auf Eis wird der Espresso-Drink zudem sehr cremig und es bildet sich obenauf eine schöne Schaumhaube. Für Coffeeshops eignen sich eher kaffeebetonte Drinks, in denen der Kaffee noch klar herauszuschmecken ist, also zählen hier Parameter wie Herkunftsland, Aufbereitungsart, Röstprofil und Zubereitungsmethode. Der Alkohol sollte ein Begleiter sein und die Aromen unterstützen, anstatt einen gänzlich neuen Geschmack zu  kreieren. Zudem sollte der Alkoholgehalt geringer ausfallen. Ideal wäre ein Irish Coffee als bekanntester Vertreter«, so Coffeeshop-Inhaber Alexander Afrough.

»Wichtig sind ausgezeichneter Kaffee und hochwertige Alkoholika. Der Kaffee sollte nicht in zu viel Alkohol ertränkt werden.«
Barbara Bauer, J. Hornig

Den gibt es beispielsweise im »Happy Baristas« in Berlin, gelistet unter der Rubrik »Breakfast Cocktails«. Der Specialty Coffee Shop hatte 2018 den Versuch gestartet, die Öffnungszeiten bis 22 Uhr auszudehnen und gemeinsam mit Martin Hudak, der mit Mitinhaber Marian Plajdicko befreundet ist, eine Kaffee-Cocktailkarte ausgearbeitet. Auf dieser befanden sich zehn Cocktail-Klassiker, die von Hudak mit lokalen Zutaten und Specialty Coffee neu interpretiert wurden, darunter der »Coffee Libre« mit Cold Brew, Rum und Sekt und der »Malecon Mojito« mit Cold Brew, Rum, Grapefruitsaft und Elderflower Tonic. Mittlerweile schließt das Café aber wieder um 17 Uhr. Von den Cocktails sind nur der »Irish Coffee« und der »Nitro Espresso Martini« geblieben, die wie bereits erwähnt vom Gast auch schon zum Frühstück bestellt werden können.

Dos & Dont's

Worauf muss bei der Zubereitung eines Kaffee-Cocktails nun aber genau geachtet werden? »Wichtig ist es, für die Cocktails ausgezeichneten Kaffee und qualitativ hochwertige Alkoholika zu verwenden. Für den optimalen Geschmack sollte der Kaffee nicht in zu viel Alkohol ertränkt werden«, rät Barbara Bauer, Geschäftsführerin der »J. Hornig Kaffeebar« in Wien. Für ihre Kreationen arbeitet die Profi-Barista mit Kaffeebohnen aus dem Specialty-Coffee-Segment, konkret mit Filterröstungen, die heller geröstet wurden. Bei der Kaffee-Zubereitung gäbe es keine Einschränkungen, so Bauer weiter, grundsätzlich sei jede Methode gleichermaßen gut geeignet, sofern auch hier auf die Qualität und die Dosierung geachtet wird. Ist der Kaffee säurebetont oder mit ausgeprägten Bitternoten, setzt man ihm am besten Süße entgegen. Bauer: »Grundsätzlich ist ein Cocktail aber immer nur so gut wie seine einzelnen Komponenten. Soll der Drink zum Beispiel frische Früchte enthalten, sollte man unbedingt darauf schauen, was gerade Saison hat. Wässrige Erdbeeren im Winter wirken sich nämlich nicht gerade positiv auf den Drink aus.«

»Für Bars machen Espressobasierte Drinks Sinn, da häufig eine Espressomaschine verfügbar ist und die Zubereitung schnell geht.«
Alexander Afrough, »Aggys Third Wave Coffeeshop«

Wer sich eingangs übrigens gefragt hat, welchen Platz Alexander Afrough beim CIGS Österreich-Vorentscheid belegt hat: Es war der dritte – trotz Höchstbewertungen in Präzision und Workflow. Der Grund: Sein Signature Drink wäre in der Praxis für Coffeeshops zu stark. Für Bars wäre wiederum die Kaffee-Zubereitung zu komplex. Laut Reglement müssen die zubereiteten Cocktails aber in beiden Lokaltypen realisierbar sein. Woran sich zeigt, dass das Feld ein weites ist: Kombiniert man die ohnehin schon enormen Aromaspektren von Cocktails und Kaffee, werden die Möglichkeiten für Kreationen schier endlos. Wem das für den Anfang zu komplex ist, der wirft am besten einen Blick zurück in die Geschichte der Barkultur. Denn dort gibt es genügend Kaffee-Cocktails wie Café l’orange, die einfach und rasch zuzubereiten sind – unabhängig von Lokaltyp und Ausstattung.

Ran an den Shaker!

Zwei Rezepte für Kaffee-Cocktails – mit und ohne Alkohol – von »Brewing Bartender« Timon Kaufmann:

Sonja Planeta
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