Champagner: Rosé im Trend

Die Cover-Story aus dem brandneuen Heft: In den vergangenen Jahren ist Bewegung in den Markt der Rosé-Champagner gekommen. Vielerorts wird absolute ­Top-Qualität produziert.

Der Anteil des Rosé-Champagners an der Gesamtproduktion betrug vor zwei Dekaden noch keine drei Prozent, und es gab Betriebe, die keinen Rosé in ihrem Sortiment hatten. Selbst so prominente Namen wie Krug ­begannen relativ spät, im konkreten Fall erst in den 80er-Jahren, einen Rosé Brut zu vermarkten.
Zunächst sah man den Rosé eher als Luxusprodukt, das in sehr limitierter Menge hergestellt wurde. Mit wachsender Nachfrage wurden die Paletten der Häuser auch in Richtung Rosé erweitert. In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist Bewegung in den Rosé-Champagner-Markt gekommen, auch die sprudelnde Variante hat vom un­übersehbaren Roséboom profitiert, der Absatz hat mittlerweile gute zehn Prozent ­erreicht.

Rosé für jeden Geschmack
Neben einem gezielten Marketing kommt der frische, fruchtbetonte und unkomplizierte Stil der meisten rosafärbigen Produkte den gelegentlichen oder jüngeren Konsumenten entgegen, denen die typischen nussig-hefigen Nuancen der weißen Champagner nicht so vertraut sind. Die kräftigen und komplexeren Rosés aus der Luxusabteilung sprechen mit ihrer vinösen Art aber auch immer mehr Rotweinfreunde an.

>>> Bildergalerie: Best of Rosé-Champagner

Hergestellt wird Rosé-Champagner grundsätzlich nicht anders als die weißen Vertreter. Durch drei Verfahren kommt der Rosé-Champagner zu seiner Farbe. Die mit Abstand gebräuchlichste Methode ist der Verschnitt von weißen Grundweinen mit roten Stillweinen der Region aus Pinot Noir oder Pinot Meunier. Je nach Intensität der angestrebten Farbe kann der Rotweinanteil von fünf bis zu 20 Prozent ausmachen. Diese Version nennt man auch »Rosé d’assemblage«, man schätzt, dass rund drei Viertel aller Rosé-Champagner heute so gemacht werden.

Auch den großartigen Roederer Cristal gibt es als Rosé / Foto beigestellt

Unter »Saignée« versteht man wiederum die Verwendung von frei ablaufenden Mos­ten, wenn rote Trauben frisch gepresst werden. Dieser Seihmost ergibt klarerweise die hellsten Grundweine und vermittelt dem Endprodukt ein zartes Lachsrosa.

Als dritte Möglichkeit kann man die roten Trauben vor dem Abpressen eine kurze Zeit ­mazerieren lassen (»Rosé de maceration«), um etwas mehr Farbe aus den Beerenhäuten auszulösen. Man muss in jedem Fall darauf achten, nicht zu viel Tannin in den Wein zu bekommen, denn das verträgt sich nicht mit der Säure des Endprodukts. Die unterschiedlichen Herangehensweisen in der Produktion erklären auch die weit skalierte Farbpalette von einem feinen Lachsrosa-Schimmer bis hin zu pinkvioletten Nuancen. Und natürlich ist auch die stilistische Vielfalt enorm und reicht von sehr rassig wie beim reinen Chardonnay mit einem Schuss Rotwein wie beispielsweise bei Gimonnet bis hin zu tiefgründig und würzig wie beim reinen Pinot »Dizy Terres Rouges« von Jacquesson.

Selbstverständlich wirkt sich auch die ­Dauer des Ausbaus auf der Hefe auf das ­Geschmacksbild des Rosé-Champagners aus. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Frage, ob der Champagnergrundwein einen biologischen Säureabbau gemacht hat wie bei Bollinger oder bewusst darauf verzichtet wird wie bei Marken wie Gosset.

Die Holzfasslagerung ist stilbildend bei Billecart-Salmon / Foto: Billecart-Salmon

Andere Top-Marken entscheiden diese Frage im Lichte der Jahrgangstypizität, Billecart-Salmon macht bei den Brutqualitäten immer eine ­malolaktische Gärung, bei den Jahrgangs­produkten nicht zwingend. Neben ein umfangreiches Angebot an typischen Bruts ohne Jahrgang gesellen sich die Vintages, die den Charakter einzelner Jahrgänge präzise wiedergeben, und schließlich die Produkte im Luxusbereich, oftmals ebenso mit einer Jahrgangsbezeichnung.

Rosé hat lange Tradition
Rosé-Wein wurde in der Region schon lange produziert. Als Vin gris, als »grauer Wein« bezeichnet, war er seit dem 16. Jahrhundert populär, allerdings noch ohne Perlen und als Stillwein. Die Kellermeister des Klosters Hautvillers schafften es schließlich, klarweiße Grundweine aus roten Trauben zu keltern und den Schaumwein zu entwickeln. Es war der königliche Erlass von 1728, der die Basis für den weltweiten Erfolg des prickelnden Genusses aus der Champagne möglich machte. Das neue Gesetz gestattete den Franzosen erstmals, Wein auf Flaschen gefüllt zu transportieren. Und damit war für den flaschenvergorenen Schaumwein die Tür zum Weltmarkt geöffnet. Es soll die legendäre Veuve Clicquot im Jahr 1804 gewesen sein, die bewusst den ersten Rosé-Champagner kreierte. Bis zu jener Zeit waren alle Champagner hefetrüb, denn das Verfahren des Degorgierens, mit dem man den Champagner von den Rückständen der zweiten ­Gärung trennt, wurde ebenfalls bei Clicqout-Ponsardin 1806 erdacht. Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte markant pinkfarbiger Champagner eine erste Blüte, eine zweite in einer etwas helleren Variante zum Fin de Siècle. In jener Zeit bedienten sich die findi­gen Champagnerwinzer zum Färben der Grundweine eines Likörs namens »Vin des Fismes«, benannt nach einer Ortschaft 24 Kilometer außerhalb von Reims. Dort ­erzeugte man diesen, indem man Holunderbeeren mit Weinstein einreduzierte.
In der führenden Gastro­nomie kommt der Rosé inzwischen auch verstärkt als ­versatiler Speisen­begleiter und nicht nur als eleganter Aperitif zum Einsatz.

Den vollständigen Text von Peter Moser – sowie Ulrich Sautters spannende Verkostung von gereiften Jahrgangschampagnern und eine Story über Cava, Sekt & Co. – lesen Sie im neuen Falstaff! Jetzt druckfrisch am Kiosk!

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