Rose-Marie Ponsot am Rand der 1911 gepflanzten Parzelle im Clos des Monts Luisants.

Rose-Marie Ponsot am Rand der 1911 gepflanzten Parzelle im Clos des Monts Luisants.
© Ulrich Sautter

Burgunds eigensinnigster Weißwein

Anlässlich ihres 150. Geburtstags veranstaltete die Domaine Ponsot zwei Vertikalproben im Weingut in Morey-St-Denis. Teil I: Der Weißwein Clos des Monts Luisants.

Rose-Marie Ponsot steht am Rand des Weinbergs und fragt: »Verstehen Sie, warum man an dieser Stelle Weißwein gepflanzt hat?« Ein bissiger Wind fährt ihr dabei an diesem warmen und sonnigen Frühlingstag durchs Haar und lässt auch die saftig grünen Blätter der knorrigen alten Rebstöcke erzittern. Im Jahr 1911 wurden die Stöcke in dieser Parzelle ganz oben am Waldrand gepflanzt, hoch über dem Dorf Morey-St-Denis, dessen Rotwein aus Grand Cru-Lagen wie Clos de Tart, Clos-St-Denis und Clos de la Roche weltberühmt ist. Doch der Weißwein, den die Domaine Ponsot in diesem Premier Cru mit Namen Clos des Monts Luisants pflegt, besitzt ebenfalls Weltruhm. Während der Clos de la Roche der Domaine ein mit vierstelligen Preisen gesuchter Kultwein ist, ist der weiße Clos des Monts Luisants nochmals deutlich rarer, es gibt in jedem Jahr nur ein paar Barriques voll davon. Doch preislich ist dieser Cru bislang noch einigermaßen auf dem Boden geblieben, als Weißwein aus der zu 99 Prozent von Rotwein dominierten Côte de Nuits fliegt er komplett unterm Radar der Märkte. Bislang.

Abseits des Mainstreams

Ungewöhnlich ist alles an diesem Wein: der gesteinsreiche Boden in Höhenlage, das über 100 Jahre zählende Alter der Rebstöcke, die Beschränkung auf die Sorte Aligoté. Zwar soll Aligoté im Mittelalter selbst am Montrachet gewachsen sein, doch im 19. und 20. Jahrhundert wurde die Sorte als Kneipenwein verunglimpft und gemeinsam mit Crème de Cassis zum Mischen von Kir verwendet. Dabei zeigt der Clos des Monts Luisants, dass die Sensibilität des Aligoté fürs Terroir mindestens ebenso stark ausgeprägt ist wie diejenige des Chardonnay, wenn nicht sogar nicht deutlicher.

Auch die Geschichte des Weinbergs seit 1911 hat ihre Eigenheiten: Als 1936 das System der kontrollierten Ursprungsbezeichnungen eingeführt wurde, wurde damals bereits 25 Jahre alte Aligoté in einer Premier Cru-Lage widerwillig toleriert. Die Auflage war jedoch, dass Fehlstöcke mit Chardonnay oder Pinot blanc zu ersetzen seien. Erst 2004 wurde dieses Dekret aufgehoben, seither wird der Monts Luisants wieder zu 100 Prozent aus Aligoté bereitet, zuvor waren immer auch ein paar Prozent Chardonnay und Pinot blanc (letzterer bis zum Jahr 1992) im Bottich.

Ein ungewöhnliches Geschmacksbild

Und wie schmeckt sie denn nun, diese Premier-Cru-Aligoté aus einer Rotweingemeinde? Bei der Vertikalprobe in Morey-St-Denis gab es 15 Jahrgänge von 2019 zurück bis 1961. Der rote Faden all dieser Jahre ist, dass der Clos des Monts Luisants die Mineralität eines echten weißen Burgunders mit einer kühlen und straffen, im Vergleich zu einem Chardonnay viel weniger cremigen Struktur vereint. Die Würze dieser Weine steigert sich von jugendlichen Apfelnoten über blumige und nussige Aromen und Noten von Salzlakritz bis ins Jodige wie beim furiosen 1961er, die die Faszination von Sorte und Lage auf den Punkt bringt: Nach 60 Jahren zeigt dieser Wein eine perfekte Vereinigung von mineralischer Eleganz mit seidiger Feinheit, am Ende seines Lebenswegs angekommen wirkt er dabei noch lang nicht.

Langlebigkeit ist natürlich der Adelsnachweis eines jeden Burgunders – und diese zeigte sich ebenfalls bei einer Vertikalen des Ponsot-Clos de la Roche, die am selben Tag stattfand. Aber diese Geschichte erzählen wir ein andermal.

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Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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