Lutz Geißler bäckt seit 2008 selbst Brot. Sein einstiges Hobby ist heute sein Beruf.

Lutz Geißler bäckt seit 2008 selbst Brot. Sein einstiges Hobby ist heute sein Beruf.
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Brot selbst backen: Die besten Tipps von Lutz Geißler

Lutz Geißlers »Plötzblog« ist die wichtigste Hobbybäcker-Plattform im deutschsprachigen Raum. Mit Falstaff sprach er über Ambitionen, Anfängerfehler sowie gutes und besseres Brot.

Falstaff: Während des Corona-Lockdowns schien fast jeder sein eigenes Brot zu backen – und das in den sozialen Medien zu teilen. Haben Sie eine anstrengende Zeit hinter sich?
Lutz Geißler: Ja. Auf jeden Fall. Ich hatte doppelt so viele Fragen zu Rezepten auf meinem Blog als sonst. Das Beantworten nahm viel Zeit in Anspruch.

Woher kommt Ihrer Meinung nach der Drang der Menschen, etwas selber zu machen, das man ja auch an jeder Ecke kaufen kann?
Ich denke, bei den meisten geht es um einen Ausgleich zum Alltag. Brotbacken ist entspannend, es macht den Kopf frei. Der Anteil an Menschen aus der IT-Branche ist in meinen Kursen beispielsweise recht hoch, ich denke, das ist kein Zufall.

Sie selber waren Geologe und arbeiteten im Labor, als Sie das Brotbacken entdeckten, heute ist es Ihr Beruf. Besteht da nicht die Gefahr, dass das Backen als Ausgleich zum Alltag irgendwann nicht mehr taugt?
Nein. Auch wenn ich in den Urlaub fahre, backe ich Brot. Sonst würde ich das nicht mehr machen. Ich schreibe meine Blog-beiträge und die Bücher nicht, um Geld zu verdienen, das ist purer Eigennutz, um meine Erlebnisse und das Wissen zu verarbeiten. Im September ist mein bisher emotionalstes Buch erschienen – es handelt von meinen Erlebnissen auf der Kalchkendlalm in den Salzburger Alpen. Seit mehr als fünf Jahren fahre ich dorthin und entwickle gemeinsam mit Brotenthusiasten neue Rezepte. Wenn wir danach wieder nach Hause zurückkehren, sind wir nicht nur um neue Rezepte reicher, sondern haben einen ganz anderen Blick auf die Welt.

Insbesondere das Backen von Sauerteigbrot – Brot nur aus Mehl, Wasser und Salz – fasziniert viele Menschen. Ist Sauerteigbrot das bessere Brot?
Ganz platt: Sauerteigbrot ist immer das bessere Brot. Sauerteigbrot ist geschmacklich komplexer, gesundheitlich die bessere Wahl, weil mehr Stoffe aus dem Mehl freigegeben werden, und es bleibt auch länger frisch. Bei gewissen Brotarten ist es aber natürlich sinnvoll, Hefe zu verwenden – eine Kaisersemmel etwa bringt man mit Sauerteig niemals gleich hin wie mit gekaufter Backhefe.

Für gutes Brot braucht es also nur drei Zutaten – Wasser, Salz und Mehl. Die Qualität der Grundprodukte ist entsprechend entscheidend. Wie kommt man als Laie an wirklich gutes Mehl?
Ich empfehle jedem, einmal zur nächstgelegenen Mühle zu fahren und dort mit den Leuten zu sprechen. Kleberstarke Mehle etwa sind auf anderem Weg nur schwer zu kriegen. Ich habe mittlerweile meine Haus- und Hofmühle, kenne die Bauern und deren Äcker, weil ich das will. Qualitativ kann man aber auch mit einem Supermarktmehl gutes Brot backen. Wichtiger ist es, die Prozesse zu kennen, die aus Mehl Brot machen, und weniger, bestimmte Produkte zur Verfügung zu haben.

Womit haben Heimbäcker nach Ihrer Erfahrung bei diesem Prozess die größte Mühe?
Die meisten Fragen, die mich erreichen, betreffen die Teigreife. Allerdings ist es sehr schwierig, einem Anfänger per E-Mail zu erklären, wann sein Brot zum Backen bereit ist – in den Kursen ist das natürlich sehr viel einfacher. Ein Brotrezept darf man nicht zu 100 Prozent ernst nehmen, das unterscheidet das Backen vom Kochen, dort spielen Dinge wie etwa die Umgebungstemperatur selten eine Rolle. Für das Backen und die Teigreife muss man ein Gefühl entwickeln. Grundvoraussetzung dafür ist, dass man viele Fehler einmal selber macht und so eigene Erfahrungen sammelt. Positiv dabei ist, dass auch auf den ersten Blick misslungene Backversuche meist gut schmecken. (Tipps und Tricks gibt's hier!)

Und das Backen selbst? Ist das im Heimbackofen überhaupt gut möglich?
Ein Ofen zum Brotbacken muss in erster Linie heiß sein – auch die meisten Heimöfen schaffen 250 Grad, und das reicht aus. In einem Gusseisentopf zu backen oder auf einem Brotbackstein, das funktioniert gut. Wichtig ist auch, dass man in der ersten Backphase für Dampf sorgt. Ich gebe dafür beim Aufheizen eine Pastetenform gefüllt mit Metallkugeln in meinem Ofen. Bevor ich das Brot hineingebe, spritze ich dort Wasser drauf. Viel Hitze und Dampf, das ist das Wichtigste.

Und danach? Gibt es Regeln für das Brotessen?
Brot muss man immer gut auskühlen lassen, bevor man es anschneidet – das ist gerade für Anfänger manchmal schwer. Doch ofenwarmes Brot schmeckt immer anders als durchgekühltes. Gerade Sauerteigbrote zeigen ihre volle Pracht erst in abgekühltem Zustand. Roggenbrot muss gar mindestens einen Tag liegen, damit es seinen vollen Geschmack entfaltet.

Backkurse

  • Backstube Plötzbrot: Lutz Geißler bietet Kurse in seiner eigenen Backstube an, ist aber auch als Kursleiter in Deutschland, Österreich und der Schweiz in Backschulen anzutreffen. Seit Corona lehrt er das Backen vermehrt online.
    Karlsbader Straße 46, 09465 Sehmatal-Cranzahl
    brotbackkurse.de
  • Julian Kutos: In der Kochschule von Julian Kutos ist die Kulinarik verschiedenster Länder zu Hause – von thailändisch über indisch bis mediterran kann hier alles erlernt werden. Und auch das Brotbacken bringt einem der Jungkoch in seiner Kochschule bei.
    Wipplingerstraße 15/5, 1010 Wien
    juliankutos.com
  • Kruste & Krume: Die Leiterin von Slow Food Wien, Barbara van Melle, eröffnete 2018 das erste Wiener Brotbackatelier. Das Kursangebot ist groß und behandelt neben Brot auch andere, nah verwandte Themen wie Pasta und Pizza.
    Heumühlgasse 3/1/1, 1040 Wien
    krusteundkrume.at
  • Szihn: Das Backen vom Bäcker lernen kann man bei Familie Szihn. In den Kursen erfährt man von Bäckermeister Stefan Szihn persönlich alle Kniffe und Tricks der handwerklichen Brotherstellung.
    Breitenfurter Straße 354, 1230 Wien
    szihn.at
Benjamin Herzog
Benjamin Herzog
Chefredaktion Schweiz
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