Das Team des »Kuultivo« in Leipzig.

Das Team des »Kuultivo« in Leipzig.
© Foto bereitgestellt

Breaking Bread im »Kuultivo« Leipzig

Michael Bauß und sein junges Team vom »Kuultivo« in Leipzig überraschen mit experimenteller, erstklassiger und erschwinglicher Küche.

Bis vor ein paar Jahren habe an dem gepflasterten Platz noch eine kleine Verbindungsstraße entlanggeführt, die das Restaurant von genau diesem trennte, meint Klaus Schunack, Chefkoch des jungen Leipziger Restaurants im Stadteil Schleußig. Mit der Lage hat Betreiber Michael Bauß einen Volltreffer gelandet: ganz am Anfang der beliebten Könneritzstraße alias „Kö“, mit großer Fläche für den Freisitz und historischem Baumbestand

Zwanglose Atmosphäre

Das Team des »Kuultivo« strahlt eine locker-leichte Leipziger Coolness aus. Bei den Gästen kommt das gut an. Viele junge Leute seien dabei, für die das »Kuultivo« einen erschwinglichen Einstieg in die gehobene Kulinarik bietet, meint Michael Bauß. Willkommen sei hier grundsätzlich jeder: Ob in Anzug oder Jogginghose.

Basta zu Pasta, alles tutti mit Mutti

Gestartet ist das »Kuultivo« als ein Projekt von Bauß und Chef Alessandro Porcelli. Die Ursprungsidee war, das Leben Porcellis als Fusion-Küche abzubilden. Mit zarten achtzehn Jahren hatte der junge Alessandro seine Triester Heimat verlassen, um die Welt zu bereisen. Als kulinarischer Nomade arbeitete er mit weltberühmten Köchen, unter anderem in Norwegen, Kanada und Mexiko. Porcellis italienische Wurzeln spiegeln sich bis heute in der hausgemachten Pasta des »Kuultivo« wider.

Nach Porcellis Weggang übernahm Klaus Schunack den Chefposten. Sein Sous-Chef Nicho Wuelfing war Koch im »Falco«, einem von zwei Leipziger Sterne-Restaurants. Der Fokus hat sich seit diesem Personalwechsel weg von Pasta und hin zum Sauerteigbrot verschoben. Die Liebe zum Sauerteig ist in Klaus Schunack während seiner Zeit an der Seite von Tom Elstermeyer entbrannt, der in Osnabrück das inzwischen renommierte »Iko« ins Leben gerufen hat. Seitdem ist die tradierte Arbeit mit der eigenen Teigkultur für Schunack das Nonplusultra: »Anders geht’s gar nicht mehr. Man muss auch sagen, dass das Brot einen ein bisschen verdirbt, weil man dann kein anderes Brot vom Bäcker mehr kaufen kann.« Die Sauerteigmutter des »Kuultivo« – eine Kultur aus Milchsäurebakterien und Hefen, von Schunack schlicht »Mutti« getauft und mit ihm nach Leipzig gezogen – ist gerade mal zarte sieben Jahre alt, hat aber einiges auf dem Kasten.

Ist das Mahl erst fermentiert…

Von Anfang an hat das »Kuultivo« versucht, sich mit der Reihe »Breaking Bread« kulinarische Inspiration in Form von Gästen ins Haus zu holen – mal mit einer mexikanischen Nacht, mal mit einem Dinnerabend rund ums Thema nachhaltiger Fischfang. Einer dieser Gäste war Olaf Schnelle, der noch vor der Ankunft der gärenden »Mutti« die Liebe zur Fermentation ins Haus gebracht hat. Seitdem erwarten einen im »Kuultivo« Spezialitäten wie fermentierter Honig-Brioche oder fermentierte Blaubeeren als Eiscreme-Topping. Wo die Großelterngeneration noch eher mit herzhaften Gerichten wie Sauerkraut zu tun hatten, da wird hier auch explizit mit fermentierten Desserts experimentiert, so Schunack: »Das gibt dem einfach noch eine ganz andere Komplexität. Wenn man die Fermentation stoppt und dann noch ein bisschen Zucker hinzufügt, dann ergibt das einen unglaublichen Geschmack, den man vorher einfach nicht hatte. Man merkt zum Beispiel immer noch den Grundbaustein der Blaubeere, aber mit einem wesentlich höheren Säureanteil. Dann denkt man sich nur WOW, sowas habe ich vorher noch nie gegessen.«

Den Spagat wagen

Bei den Zutaten setzen Bauß, Schunack und ihr Team insbesondere auf lokale und saisonale Produkte. Dazu kooperieren sie neben dem obligatorischen Gang zum Wochenmarkt auch mit dem Verein »Annalinde«, einem Urban-Gardening-Projekt im Leipziger Westen. Irgendwo stehen sie allerdings immer vor der Entscheidung, wo die Auswahl der Zutaten preislich noch ins Konzept der Erschwinglichkeit passt und wo nicht. Es ist ein Spagat, den das »Kuultivo« hier meistert. 

Spaß und Notwendigkeiten 

Wer das »Kuultivo« und seine Küche kennenlernen möchte, der kann sich laut Schunack darauf einstellen, viel Obst auf dem Teller zu finden. Außerdem habe er »einen kleinen Faible für Dill und für Buttermilch. Das findet man fast immer auf der Karte. Auch wenn es viele Leute gibt, die keinen Dill mögen. Aber das ist mir relativ egal, wenn ich ehrlich bin. Ansonsten verschiedene Texturen und verschiedene Temperaturen, das ist ganz wichtig. All das, was im Mund Spaß macht und immer etwas anderes, je nachdem, was man vom Teller nimmt.« 

Für den Spätsommer perfekt eignen sich auch die hausgemachten Limonaden mit Sirup aus fermentierten Beeren. Große kulinarische Projekte möchte sich das Team für die nähere Zukunft erst einmal keine mehr vornehmen. Konstant gute Arbeit und Routine bei dieser stehen nun im Vordergrund, meint Schunack: »Corona ist ja immer noch da und für unseren noch jungen Laden hat sich in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass die Blase ganz schnell platzen kann. Auch finanziell war es hier immer wieder kurz vor knapp, ob das Ganze überhaupt weitergehen kann.« Und Bauß ergänzt: »Wenn man sich entwickeln will, dann hängt das ja meistens auch mit Investitionen zusammen, ob wir zum Beispiel einen neuen Koch einstellen, et cetera. Und wir hinterfragen hier sehr regelmäßig, wo wir gerade stehen, wo wir hinwollen und was aktuell die Notwendigkeiten sind.«


INFO

Kuultivo
Könneritzstraße 24
04229 Leipzig
kuultivo.com

Maximilian Enderling
Falstaff Scout
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