Bars und Restaurants lassen die Puppen tanzen
Modische Schaufensterpuppen im Wiener »Kleinod Prunkstück«.
© Niko Mautner Markhof

Modische Schaufensterpuppen im Wiener »Kleinod Prunkstück«.
© Niko Mautner Markhof
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie stellen Gastronomen vor enorme Herausforderungen. Die Abstandsregel inspiriert die Wirte und Gastgeber zu teils kreativen Lösungen. Werden mancherorts Trennwände aus Plexiglas oder Pflanzen eingesetzt, um den Platz zwischen den Tischen zu nutzen bzw. den gebotenen Mindestabstand zu gewährleisten, so scheint sich auch ein weiterer Trend abzuzeichnen: In mehreren Lokalen werden Schaufensterpuppen als Platzhalter eingesetzt, um einerseits den Eindruck eines gut gefüllten Gastraums zu erwecken und andererseits das Abstandhalten zu erleichtern.
Normalität suggerieren
International sorgte etwa das US-amerikanische Sterne-Restaurant »Inn at Little Washington« für Schlagzeilen, das lebensgroße Puppen in – zum Interieur des Lokals passenden – historischen Kostümen an den sonst leeren Tischen platziert. Das Personal sei aufgefordert, mit den Puppen so zu agieren, als seien es Gäste, um so etwas wie Normalität entstehen zu lassen, heißt es in einem Bericht des The Washingtonian.
Schaufensterpuppen mit Charakter
Auch das Restaurant im »Hotel Haase« in Laatzen (Region Hannover) hat neue Stammgäste in Form von Schaufensterpuppen, die den Gastraum ein wenig voller erscheinen lassen. Und sie haben sogar Namen: Jens, Britta, Hannelore und Conny Corona wurden die Schaufensterpuppen von Inhaberin Ulrike Haase getauft und auch charakterisiert – eine Puppe gilt als modebewusst, eine andere als streng, eine hat einen eher ernsten Gesichtsausdruck. Allen gemein ist, dass sie keinerlei Ansteckungsgefahr in sich bergen, im Gegenteil: Vor jeder Schaufensterpuppe steht Desinfektionsmittel, auf das man als echter Gast jederzeit zugreifen kann.
Mode meets Martini
Die Puppen tanzen lässt auch das Team des Wiener »Kleinod« rund um Alexander Batik, Oliver Horvath, Philipp Scheiber und David Schober. Alle drei Betriebe – das »Kleinod«, das »Kleinod Prunkstück« und der »Kleinod Stadtgarten« im Stadtpark – öffnen mit 15. Mai, im »Prunkstück« haben die ersten »Gäste« allerdings bereits Platz genommen. Zusammen mit dem Atelier Mirow, einem Spezialisten für die Vermietung und kosmetische Aufhübschung von Schaufensterpuppen, und dem Modegeschäft Philipp Maly haben die »Kleinod«-Macher eine Alternative zum viel zitierten Babyelefanten gefunden, um den gesundheitsrelevanten Mindestabstand zu halten.
»Bei den Bestellungen sind unsere neuen ›Stammgäste‹ noch sehr zurückhaltend, aber sie geben uns schon einen kleinen Vorgeschmack auf unsere Gäste, die wir in den letzten Wochen vermisst haben«, schmunzelt Schober. »Gemeinsam mit Philipp Maly und Atelier Mirow möchten wir das Schöne mit dem Nützlichen verbinden und Lust auf die aktuelle Frühjahrs- und Sommermode machen, die jetzt endlich ausgeführt werden darf.«
Die 30 modisch inspirierenden Schaufensterpuppen sollen die Gäste auf unterhaltsame Weise auf die Gebote der Stunde aufmerksam machen: Abstand, »Physical Distancing«, und weiterhin strikte Einhaltung der Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung zur Eindämmung der COVID-19-Verbreitung.
Illustre Gesellschaft
Im »Puppenfieber« ist auch der »Marchfelderhof« vor den Toren Wiens. Das vor allem unter Prominenten beliebte Lokal ist bekannt dafür, stets gut gefüllt zu sein. »Ein halb leerer ›Marchfelderhof‹ sieht ungewöhnlich und auch ungemütlich aus. Unser Haus ist seit Jahrzehnten so gut wie täglich bummvoll«, wird »Marchfelderhof« Geschäftsführer und Juniorchef Peter Großmann in einer Presseaussendung zitiert. Deshalb nehmen auch im »Marchfelderhof« künftig an den sonst leer bleibenden Tischen bunt gekleidete, teils lustig inszenierte Schaufensterpuppen Platz und sorgen somit nicht nur für ein volles Haus, sondern wohl auch für den einen oder anderen Lacher in der sonst angesichts der Corona-Krise eher tristen Zeit.
Weitere kreative Konzepte
Das »Mediamatic ETEN« in Amsterdam bewirtet seine Gäste normalerweise in einem Glashaus. Die Corona-Krise und das damit verbundene »Distancing« hat die Betreiber inspiriert, Mini-Gewächshäuser zu bauen, in denen jeweils zwei Personen platznehmen können.
Im schwedischen Värmland findet man das Projekt »Bord för en«, was übersetzt so viel heißt wie »Tisch für Einen«. Das Konzept wurde aus der Not geboren: Als Linda Karlsson und Rasmus Persson Besuch von Karlssons Eltern bekamen, wurde für diese angesichts des Corona-bedingten Social Distancing der Tisch kurzerhand draußen gedeckt. Mittlerweile kann man das One-Table-Restaurant buchen, das drei-gängige Menü wird per Korb über eine Wäscheleine »serviert«.
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