Barkultur: Drinks mit Deckel
Was die in Spanien können, können wir schon lange! Hierzulande sind in den Bars jedoch deftigere Happen zum Drink en vogue.
Es hat sich in Spanien einfach aus dem Usus entwickelt, Getränke abzudecken, damit sie nicht verunreinigt werden. Darauf hat man dann eine Olive oder Krabbe oder irgendetwas anderes zum Knabbern gelegt. Im Lauf der Zeit wurden diese Liebesgaben immer elaborierter, sodass sie heute zum Drink dazugereicht werden.
Die Herkunft des Begriffs »Deckeldrinks« liegt im Dunkeln, wird aber in Ostpreußen vermutet. Von dort kommt der Signature-Drink der Gattung, der (oder die?) »Nikolaschka«, ein Weinbrand mit Kaffee und Zucker auf einer Zitronenscheibe. In den 60er- und 70er-Jahren noch ein Modegetränk, insbesondere in der ehemaligen DDR, dort aber bevorzugt mit »Goldkrone« gemacht (ein Weinbranddestillat mit einem Zusatz von Agraralkohol, mit Zuckercouleur gefärbt).
Davon gibt es eine Reihe von Spin-offs wie den Pillkallen aus dem Baltikum, Korn mit einer Scheibe Leberwurst drauf, aus dem Ruhrgebiet den Braunschweiger, Wacholderschnaps mit Mettwurst. Die Niederlande haben ihren Holländer, nämlich – wie könnte es anders sein – eine Scheibe Gouda auf Genever. Im süddeutsch-helvetisch-österreichischen Trinkraum wird der Deckelbrauch eher weniger gepflegt, aber immerhin gibt es den Wilhem Tell (Kirschwasser/Gruyère), den Andreas Hofer (Obstler/Speck) und die Piroschka (Barack/Paprika). Ob der Pernod (Pastis/Shrimps) genuin französisch ist oder eine deutsche Lehnschöpfung, sei dahingestellt.
»Nikolaschka«: Ein »Deckeldrink« nach dem Rezept von David Wiedemann
Aus Falstaff Deutschland 01/15