Barcelona - Die Genuss-Metropole

In der Hauptstadt Kataloniens decken Spitzenköche das gesamte kulinarische Spektrum ab. Immer mehr Toplokale eröffnen in den aufregenden Hotels der Genussstadt am Mittelmeer.

Der Name Adrià bürgt für ­zweierlei: aufregende Genüsse und – warten. Seit sich Anfang Jänner die Eröffnung der Bar »41°« herumgesprochen hat, bilden sich allabendlich Schlangen an der Avinguda del Paral·lel.

Intensiv wurde am neuen Doppelprojekt »Tickets« und »41°« gearbeitet. Und wie üblich sind Zeitpläne dazu da, nicht eingehalten zu werden: Ende 2010 sollten beide Lokale eröffnen, nun wurde es bei »Tickets« doch der 1. März. Diesmal stehen beide Brüder Adrià für Konzept und Umsetzung. In der Cocktailbar »41°« finden genau 34 Personen Platz, lärmendes Gedränge wird durch einen Türsteher Das »Tickets« ist die neue Tapasbar der Adriàs/Foto: Alexander Bachlmit Wartezeitprognosen verhindert. Drinnen erwarten den Gast feinste Kompositionen zweier Mixologists und allerlei Snacks aus der Hexenküche des »elBulli«.

Satt wird man hier nicht, genau diese Funktion übernimmt das »Tickets«. Der Raum gliedert sich in mehrere Zonen. An einem Hochtisch werden »Chuchis« serviert, kleine Brötchen, zum Beispiel belegt mit Manchego-Eiscreme oder Speck mit Senfsauce und knusprigen Gurken, eine Zone ist Grilladen gewidmet, eine Albert Adriàs legendären Desserts. Reservierungen werden ausschließlich per Homepage entgegengenommen.

»Adriàisierung« und die »Filialisierung«
Unterzieht man die lebendige Lokalszene Barcelonas einer kleinen Analyse, fallen zwei Phänomene auf: die »Adriàisierung« und die »Filialisierung«. Viele der renommiertesten Köche der Stadt haben bei Ferran Adrià im »elBulli« gelernt und als Schüler des Großmeisters naturgemäß das ideale Zeugnis in der Hand. Ande­­r­erseits gilt Barcelona zwar als eine gastronomische Hochburg Europas, sämtliche Drei­sterner im Michelin sind aber in der weiteren Umgebung oder anderswo in Spanien zu Hause. Dafür unterhalten mehrere dieser Spitzenlokale Filialbetriebe in Kataloniens Hauptstadt.

Das ­Restaurant »Dos Cielos« der Brüder Torres liegt im 24. Stock des ME Hotel/Foto beigestellt

Die Gebrüder Javier und Sergio Torres betreiben ihr »Dos Cielos« an einem der spektakulärsten Punkte der Stadt und haben die alte Weisheit »Je besser der Ausblick, desto schwächer das Essen« ins Gegenteil verkehrt. Was im 24. Stock des ME Hotel mit Blick auf die Sagrada Familia auf den Teller kommt, zählt zum derzeit Aufregendsten der Stadt und wurde eben mit einem Stern belohnt.

Schon sehr viel länger erfreut sich Jean Louis Neichel seines Sterns. Sein feines Restaurant »Neichel« in einem Wohnviertel ist Mitglied bei »Relais & Châteaux«. Er lernte einst bei Alain Chapel und war von 1976 bis 1980 Küchenchef im »elBulli« – knapp vor der Ära Adrià.

Topkoch Carles Abellán betreibt im spektakulären W Hotel das Grill­restaurant »Bravo 24« mit Strandblick/Foto beigestellt

»Burj al Arab« auf Katalanisch
Carles Abellán stammt aus der aktuellen »elBulli«-Schule und hat in den letzten Jahren ein Gastroimperium aufgebaut. Aushängeschild ist das »Comerç 24« mit einem Stern, seine neueste Filiale das »Bravo 24« im 2009 eröffneten W Hotel.
Das direkt am Strand von Stararchitekt Ricardo Bofill in Form eines Segels geplante Haus wirkt wie Spaniens Antwort auf Dubais »Burj al Arab«.

Das »Bravo 24« gibt sich ähnlich schnell und unkompliziert wie das Hotel, hier dominiert das Produkt. Vorspeisen und Desserts stehen nicht im Fokus der Küche, die Grilladen auf selbst hergestellter Holzkohle von Steineichen sind dagegen Weltklasse. Die Fische stammen aus Tagesfang, die Auswahl an Steaks sucht ihresgleichen.

Weit mehr blitzt die Adrià-Schule im »Dos Palillos« im Hotel »Casa Camper« hervor, wo mit Albert Raurich der langjährige Chefkoch des »elBulli« werkt.

Stichwort: »Filialisierung«

In Sachen »Filialisierung« hat die Drei-Sterne-Köchin Carme Ruscalleda aus Sant Pau gerade einen Erfolg eingeheimst. Das von ihrem Sohn Raül Balam geleitete »MOments« im neuen Hotel Mandarin Oriental zählt mit einem Stern zu den großen Gewinnern im Michelin 2011. Nun hält Ruscalleda als einzige Frau und somit beste Köchin der Welt sechs Sterne, zwei davon in Tokio. Und sie führt vor, wie man einen Filialbetrieb mit Volleinsatz der Familie hochfährt.

Designerin Patricia Urquiola stylte das Hotel Mandarin Oriental/Foto beigestellt

Die Top-Adressen in Barcelona

Barcelonas »Bis­tronomie«, die besten Tapas der Stadt oder wo Sie die Lieblingsbar von Ferran Adrià finden lesen Sie im vollständigen Artikel im Falstaff Nr. 2/2011 - Jetzt am Kiosk!

Text von Alexander Bachl

Alexander Bachl
Alexander Bachl
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