Die Inhaber der »Traube Tonbach«: Heiner und Renate Finkbeiner.

Die Inhaber der »Traube Tonbach«: Heiner und Renate Finkbeiner.
© Julian Beekmann

Baiersbronn: Neubau mit »Schwarzwaldstube« wird eröffnet

Gut zwei Jahre nach dem Brand startet am 8. April in der »Traube Tonbach« auch der Service in der neuen »Schwarzwaldstube«. Wieviel Schwarzwald noch in der Stube steckt, verrät Seniorchefin und Bauleiterin Renate Finkbeiner im Interview.

Falstaff: Frau Finkbeiner, nach dem Brand im Januar 2020 sind Sie nicht in Schockstarre verfallen, sondern haben alsbald auf dem Garagendach ein »Temporaire« für die Gourmetrestaurants entwickelt und nun in Rekordzeit von 21 Monaten einen Neubau errichtet. Schwingen bei aller Vorfreude auf den Neustart doch noch ein bisschen wehmütige Gedanken an den Verlust des Stammhauses mit?  
Renate Finkbeiner: Natürlich haben wir viele schöne Erinnerungen an das Stammhaus auch mit unseren Kindern und Enkeln. Und hier haben wir vor 45 Jahren mit der Gourmetküche begonnen. Aber auf der anderen Seite ist zurückschauen und wehmütig werden vielleicht kein guter Ratgeber im Leben. Man muss sich immer wieder öffnen, und insofern ist das jetzt eine neue Chance. Wir hatten hier eine sehr alte Bausubstanz, die uns viele Handschellen angelegt hat. Nun haben wir tolle neue Arbeitsplätze, mit denen wir hoffentlich auch neue Mitarbeiter begeistern können.

Sie gelten in der Familie als die oberste Bauinstanz und waren maßgeblich an der Neugestaltung beteiligt.
Das hat sich so ergeben. Ich habe mich immer gerne mit Architektur beschäftigt. Mein Schwiegervater war dann Architekt. Von ihm habe ich viel gelernt und im Hotel schon in jungen Jahren viele Handwerkertermine übernommen. Was mir wichtig ist: Für einen guten Raum sind auch immaterielle Dinge entscheidend: gute Akustik, gutes Raumklima, gutes Licht – vieles, das wir nur unbewusst wahrnehmen, aber sehr dazu beiträgt, dass man sich in einem Raum wohlfühlt.

Der Neubau entspricht ungefähr den Dimensionen des Stammhauses. Wie war Ihr Plan?
Wir wollten den Nachbarhäusern ihre Würde lassen und sie nicht mit allem überragen. Tonbach ist eher ein Straßendorf ohne Ortsmittelpunkt. Deswegen wollten wir, dass das Gebäude den Bauch einzieht, damit es einen Vorplatz gibt. Jetzt sind Hotel und Stammhaus optisch verbunden, und die Straße fällt gar nicht mehr so sehr ins Auge. Auf dem Vorplatz kann man im Sommer auch einen schönen Aperitif zu sich nehmen, oder man stellt mal ein paar Tische und Stühle hin, dann können die Nachbarn mit ihren Kindern ein Eis essen. Wir stellen uns das als Ortsmittelpunkt vor.

Wie sehr fühlten Sie sich architektonisch dem Schwarzwald verpflichtet?
Der Schwarzwald war eine sehr arme Gegend, und man hat sich früher eher an den bayerischen und österreichischen Hotelbauten orientiert. Aber der Schwarzwald hat auch einen ganz eigenen Charme, den wollten wir betonen und in der Bauweise bodenständig bleiben. Bei den Materialien haben wir Lärchenschindeln an den Gebäuden und ums Haus herum Granitpflaster, das wir auch hineingezogen haben, damit wir innen und außen verbinden konnten. Wir haben sogar einige Lehmstampfwände, das ist schon fast archaisch.

Dennoch haben Sie mal gesagt, Sie wollen kein Disneyland, also auch keine Schwarzwald-Klischeebilder von Überseegästen bedienen.
Ja, wir haben tatsächlich eine klare, strenge, moderne Architektur, nur eben mit traditionellen Bauweisen und Materialien.

Und inwieweit ist die neue »Schwarzwaldstube« überhaupt noch eine Stube? Mit hoher Giebelspitze statt dunkler Holzdecke, und mit einer vollverglasten Stirnwand?
Nun, wir haben außer den Natursteinplatten auch noch eine Holzwandverkleidung. Aber natürlich wollten wir den sehr bekannten Namen »Schwarzwaldstube« erhalten, weil er als Begriff so etabliert ist. Die neue »Schwarzwaldstube« ist übrigens genau am Platz der alten. Das ist auch gut zur Orientierung und zur Erinnerung.

Die beiden anderen Restaurants aber haben Sie umbenannt. Sie heißen jetzt »1789« und »Schatzhauser«.
1789 ist das Gründungsjahr unseres Hauses. Es ist doch schön, wenn man auf so eine lange Tradition zurückschauen kann. Die funktioniert aber auch nur, wenn man sich immer wieder neu erfindet. Weil wir ein Ferien- und Familienhotel sind, haben wir mit dem »Schatzhauser« die Möglichkeit für eine Neuausrichtung genutzt. Manchmal haben wir drei Generationen an einem Tisch, dem tragen wir mit unserem Konzept »Wald und Welt« Rechnung, das Gutbürgerliches aus der Region bietet, aber ebenso eine unkomplizierte Urlaubsküche mit internationalen Klassikern.

Sind die Küchen für die drei Restaurants getrennt oder wird jetzt alles aus einer großen heraus bespielt? Die alte Küche der »Schwarzwaldstube« war sehr klein.
Jetzt hat auch Torsten Michel für die »Schwarzwaldstube« eine große Küche. Für die anderen beiden Restaurants mit Florian Stolte als Küchenchef gibt es eine separate Küche. Alles ist optimal ausgerichtet nach dem neusten Stand der Technik. Beide Küchenchefs waren in die Planung involviert, haben sich dafür bei Kollegen umgeschaut, während die Mannschaften die Schließzeit für Praktika in anderen Häusern genutzt haben. Es ist ganz wichtig, dass diejenigen, die in der Küche arbeiten, auch mitplanen können und nichts übergestülpt bekommen. Die freuen sich nach der langen Zeit in einem Provisorium riesig, dass es jetzt endlich richtig losgeht.

Sie machen kein Event zur Eröffnung am 8. April, sondern starten mit einem ganz normalen Service. Wie ist die Buchungslage in der »Schwarzwaldstube«? Wann ist ein freier Tisch zu haben?  
Viele Gäste wollten unbedingt schon am ersten Abend dabei sein. Und soweit ich weiß, ist ein freier Tisch am Wochenende frühestens im Oktober, eher November, Dezember zu bekommen. Unter der Woche gibt es noch einige wenige Möglichkeiten im September.

Matthias Ring
Autor
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