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Aus Kiedrich in die Welt: Weinbotschafter Wilhelm Weil

Wilhelm Weil ist ein rastloser Botschafter – für das Weingut Weil ebenso wie für den Rheingauer Riesling und den deutschen Wein im Allgemeinen.

Kiedrich, 4.000 Einwohner, liegt etwa 80 Höhenmeter über dem Rhein abseits des Flusses an den Ausläufern des Taunus. Urkundlich erwähnt wurde der Ort erstmals Mitte des zehnten Jahrhunderts. Die Bevölkerung folgt überwiegend der katholischen Konfession und wählt mit ebenso großer Mehrheit sozialdemokratisch. Seit dem 14. Jahrhundert und bis zum heutigen Tag pflegen die Chorbuben der St.-Valentinus-Kirche, die Papst Benedikt vor einigen Jahren zur Basilika erhob, eine besondere Form des gregorianischen Gesangs. Verschwistert ist Kiedrich mit dem Ort Hautvillers in der Champagne – jenem Ort, in dem der berühmte Dom Pérignon wirkte.
Mit Blick auf seine weinbauliche Bedeutung könnte sich Kiedrich heute aber durchaus in »Weil-Ville« umbenennen. Denn in den Kiedricher Spitzenlagen Gräfenberg, Turmberg und Klosterberg ist das 1875 gegründete Weingut Robert Weil nachgerade Monopolist. Erwähnt man irgendwo auf diesem Planeten unter Weinkennern den Namen Kiedrich, so hallt der Name Weil wie ein Echo zurück.

Wilhelm Weil ist ein geduldiger Mensch. Er, der komplexe
und zuweilen nachgerade komplizierte Weine erzeugt,
ist sich nicht zu schade, auch die einfachsten Dinge zu erklären.

Von der Vinothek des Weinguts hat man einen Panoramablick in die Kiedricher Weinberge.
© Jürgen Nogai
Von der Vinothek des Weinguts hat man einen Panoramablick in die Kiedricher Weinberge.

Erstklassige Weinberge, ein Heimatort von kulturellem Rang, internationales Prestige und dazu noch eine strahlende Corporate Identity – das Weil’sche Himmelblau auf Kapseln und Etiketten hat beinahe denselben Markenwert wie Ferrari-Rot oder Post-Gelb: Was könnte einem solchen Weingut eigentlich passieren? Würde es angesichts dieser starken Stellung nicht ausreichen, zu Hause am warmen Ofen zu sitzen, die Preisliste zu schreiben und zu warten, bis die Kunden Schlange stehen?

Geduldig und gewissenhaft

Werfen wir einen Blick in den Showroom eines prestigereichen Küchenherstellers irgendwo in Deutschlands Süden. Es ist Montag abend, rund 40 Gäste haben sich versammelt: Gastronomen, Journalisten, Weinhändler und Privatleute. Sie alle werden im Küchenstudio von einem Sternekoch umsorgt, es gibt ein Amuse von Pulpo und Rindertatar, dann gebratene Jakobsmuscheln mit Perigord-Trüffel, später Saibling und Reh. Wilhelm Weil geht bei jedem Gang von Tisch zu Tisch, Flaschen mit himmelblauen Etiketten in der Hand. Er gießt die Gläser voll, hält kleine Schwätzchen – und kommentiert die Weine. Es bleibt unklar, ob er selbst auch einen Bissen zu essen bekommt an diesem Abend.
Wilhelm Weil ist ein geduldiger Mensch. Das beweist er alleine schon dadurch, dass es ihm auch in schwierigen Jahren gelingt, Trockenbeerenauslesen und Eisweine zu erzeugen. Dieselbe Geduld legt der Kiedricher aber auch bei der Vermittlung von Weinwissen an den Tag. So erklärt er den Gästen des Wein-Menüs mit Ausdauer die feinen Unterschiede: warum ein Turmberg anders schmeckt als ein Gräfenberg, warum kühle Jahrgänge wie 2004 in ihrer Jugend leicht unterschätzt werden.

Ein Schmuckkästchen: das Weingut Weil in festlichem Glanz.
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Ein Schmuckkästchen: das Weingut Weil in festlichem Glanz.

Doch er, der zusammen mit seinem Team komplexe und zuweilen nachgerade komplizierte Weine erzeugt, ist sich auch nicht zu schade, die allereinfachsten Dinge zu erklären, wie etwa was eine Auslese von einem Großen Gewächs unterscheidet. Egal, ob Basiswissen oder Nähkästchen: Weil bringt seine Themen so engagiert an den Mann und die Frau, dass der Funke überspringt. Das tut er deutschlandweit, das tut er international. Als Botschafter für das Weingut Weil, aber unabdingbar immer auch zugleich als Botschafter für den Rheingauer Riesling und für den deutschen Wein im Allgemeinen.
Als Wilhelm Weil am 24. Februar 2018 im »Schloss Hugenpoet« von Falstaff den Titel eines »Weinbotschafters« verliehen bekommt, hält die Laudatio ein Jugendfreund aus Kiedrich: der Countertenor Andreas Scholl, dessen internationale Karriere klein und bescheiden bei den Kiedricher Chorknaben begann und der heute zusammen mit den besten Orchestern auf dem ganzen Planeten Konzertsäle füllt. 
Bei seiner dankenden Erwiderung auf die Laudatio hat Wilhelm Weil hörbar einen Kloß im Hals und ringt einen kurzen Augenblick lang mit den Worten. Für alle Anwesenden wird sicht- und spürbar: Der gefeierte Winzer und weltweit tätige Weinbotschafter ist tief drinnen ein Kiedricher Bub geblieben. Es ist wohl genau das, was sein Charisma ausmacht und seine große Überzeugungskraft.

Erschienen in
Falstaff Nr. 02/2018

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Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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