Käse-Reifelager in der Schaukäserei in Affoltern

Käse-Reifelager in der Schaukäserei in Affoltern
© Falstaff / Degen

Auf der Suche nach echtem Emmentaler

FOTOS: Falstaff besucht die Emmentaler Schaukäserei in Affoltern und findet hervorragende Qualitäten ebenso wie spannende Fakten.

»Wie kommen die Löcher in den Käse?«. Mit dieser Frage wird fast jede Story über Emmentaler begonnen. Falsche Frage. Nächste Frage? »Wo gibt es den besten Emmentaler?« Das ist eine gute Frage, denn Emmentaler wird als Käse-Art rund um den Globus produziert – nur ein kleiner Teil davon, zwei bis fünf Prozent, wird in der Schweiz gekäst. Es soll auch außerhalb der Schweiz guter Emmentaler gemacht werden, beste und verlässliche Qualität entsteht aber nur im Emmental. Achten Sie auf das Herkunftssiegel AOP, nur dieser Zusatz garantiert die Original-Herkunft aus dem Emmental (L’Appellation d’origine protégée –– geschützter Ursprung).

Doch warum soll der Original Emmentaler eigentlich besser schmecken, als jener aus industrieller Produktion? Wir wollen der Sache auf den Grund gehen und machen uns auf ins beschauliche Emmental. Nach kurzweiliger Fahrt durch grünes Hügelland mit saftigen Weideflächen erreichen wir die Emmentaler Schaukäserei in Affoltern, eine Dreiviertelstunde nordöstlich von Bern. Ein ehemaliger Gutshof wurde zu einem modernen Besucherzentrum ausgebaut, ohne dass die historisch-bäuerliche Bausubstanz gelitten hätte.

Käseaficionado und Marketingleiter Mimo Caci begrüßt uns herzlich und führt uns durch den Betrieb. Es gibt ein großes Restaurant, das natürlich viele traditionelle Gerichte anbietet, deren wichtigste Zutat Emmentaler Käse ist. Daneben liegt ein Shop, in einem kleinen Bauernhaus kann man noch selbst Frischkäse zubereiten und der »Königsweg« ist eine multimediale Reise, in der die Geschichte und die Produktionsweise von Emmentaler gezeigt wird. Das Herzstück ist aber die gut einsehbare Käseproduktion, in der jeden Tag ein paar hundert Kilo Emmentaler gemacht werden.

Mimo Caci bringt die Wichtigkeit der Herkunft und der achtsamen Produktion auf den Punkt: »Aus schlechter Milch wird man nie guten Käse machen können, aber mit guter Milch einen schlechten.« Für einen 100 kg-Laib Emmentaler braucht man 1200 Liter Milch, die bei AOP-Qualität einen maximalen Lieferweg von 20 Kilometern hat. Warum die Laibe derartig groß sind, hat historisch bedingte steuerliche Gründe: Es musste nur die Anzahl der Laibe besteuert werden, nicht das Gewicht. Da dies aber auch produktionstechnische Vorteile hat, sind die imposanten Laibe so groß geblieben, rund 100 Kilo bei einem Durchmesser von fast einem Meter.

Emmentaler AOP muss nach einem umfassenden Pflichtenheft produziert werden und wird streng kontrolliert. Als Konsument muss man sich aber nur merken, dass die Qualität der Milch entscheidend ist. Die Milchlieferanten im Emmental sind klein strukturiert und haben im Schnitt nur 24 Kühe. Wir spazieren fünf Minuten zum nächstgelegenen Lieferanten und machen uns selbst ein Bild. Der Milchbauer zeigt uns einen Boxenlaufstall, in dem sich die Kühe frei bewegen können und selbst zum Melken kommen. Wir sehen 19 Kühe friedlich auf der Weide grasen und lernen, dass ältere Weiden für die Qualität besser sind als jüngere, weil darauf mehr breitblättrige Kräuter wachsen. Die Geschichte des Hofes ist bis 1766 nachverfolgbar, seit 1844 wird nachweislich Milch abgeliefert. Heute wird die Milch in die Schaukäserei geliefert, wo der Landwirt selbst den Käse einkauft.

Wir schlendern wieder zur Schaukäserei zurück und genießen die Idylle, die immer mehr Touristen anlockt. Die sanft hügelige Landschaft mit einer durchschnittlichen Seehöhe von rund 800 Metern wird vor allem von E-Bike Touristen geschätzt. In der Käserei dürfen wir das Wunder der Käse-Werdung vom Harfenschnitt bis zu den Reifekammern mitverfolgen und beobachten wie Mimo Caci die Qualität der Laibe kontrolliert. Nachdem er sie sorgfältig abgeklopft hat, um die gleichmäßige Konsistenz zu prüfen, zieht er mit dem Bohrer eine Probe aus dem Laib. Für beste Qualität sollten zwei Löcher ansatzweise sichtbar sein. Caci zeigt stolz das geglückte Experiment. 

Und wie kommen jetzt die Löcher in den Käse? Durch gezielten Einsatz von Propionsäure-Bakterien, die bei der Gärung CO2 abgeben, fast wie bei Champagner, nur sind die Löcher größer als die Bläschen. So einfach ist das. Letztlich zählt der Geschmack – und der ist bei Emmentaler AOP vorzüglich. Durch die verschiedenen Reifestufen findet sicher jeder seinen Lieblings-Käse.

emmentaler-schaukaeserei.ch

Bernhard Degen
Autor
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