Will auch nach Corona eine Auswahl von Produkten für den Außer-Haus-Verkauf behalten: Drei-Sterne-Koch Christian Bau.

Will auch nach Corona eine Auswahl von Produkten für den Außer-Haus-Verkauf behalten: Drei-Sterne-Koch Christian Bau.
© Lukas Kirchgasser Photography (Wien)

»Auch ich muss Dinge machen, die nicht meine Kragenweite sind«

Er zählt zu den besten Köchen der Welt: Christian Bau holt seit vielen Jahren drei Sterne für das Victor's Fine Dining im Saarland. Warum es nötig ist, in der Corona-Krise über seinen eigenen Schatten zu springen, erzählt er im Interview.

Haben Sie durchgerechnet, wieviel Geld Ihnen durch den Lockdown verloren gegangen ist? 
Aus Firmengründen kein Kommentar.

Mussten Sie Mitarbeiter entlassen? Haben Mitarbeiter selbst gekündigt?
Einige sind in Kurzarbeit, aber ich habe keinem einzigen Mitarbeiter aus meinem Team kündigen müssen. Zum Glück, denn wenn wir wieder aufmachen, wird die Bude voll sein. Da brauche ich diese Mitarbeiter. 

Wie sehen Sie Ihre Perspektive?
Ich sehe eine gute Perspektive für uns. Die Nachfrage wird exorbitant sein. Alle Termine, die wir bislang eingestellt haben, wurden gebucht. Auch wenn wir sie immer wieder absagen müssen.

Was fehlt Ihnen am meisten?
Der tägliche Kontakt mit Menschen. Ich arbeite gern mit jungen Menschen um mich herum, mein Team ist Teil meiner Familie. Unser Restaurant ist wie eine Bühne für uns, der direkte Gästekontakt fehlt.

Gibt es irgendetwas Positives, das Sie der Krisenzeit abgewinnen können?
Wir haben erkannt, dass man kreativ arbeiten muss. Das macht mich stark und positiv denkend. Ich bin überrascht, dass nicht mehr Kollegen das erkannt haben. Dabei müsste damals jeder begriffen haben, dass die Pandemie nicht nur einen Monat andauert. Mir war im vergangenen Jahr klar: Wenn wir jetzt noch mal in den Lockdown gehen, dann sperren wir so schnell nicht mehr auf. Dass es bis zum Sommer dauern würde, hätte ich nicht gedacht. Man musste also neue Geschäftsmodelle suchen.

Welche Rolle spielt das To-Go-Geschäft für Sie?
Seit diesem Jahr verschicken wir unter dem Namen »Bau in the Box« Lieferboxen. Wenn Sie mich vor zwei Jahren gefragt hätten, ob ich mal in meinem Restaurant stehe und 60 Liter Hummersuppe koche, hätte ich gelacht. Jetzt kochen wir wie in einer Kantine. Auch ich muss eben im Moment Dinge machen, die nicht unbedingt meine Kragenweite sind. Aber jede Woche kommt ähnlich viel Umsatz wie zu den normalen Öffnungszeiten rein. Es hilft, dass der Motor in Bewegung bleibt. Außerdem hat die Arbeit noch einen anderen Effekt. Wenn der Lockdown vorbei ist, und es von null auf hundert geht, wird man sehen: Es ist nicht mehr jeder in der Spur. Wir kämpfen ein Stück weit ums Überleben.

Würden Sie sagen, Sie haben Das Beste aus der Krise gemacht?
Wir haben nicht viel falsch gemacht. Klar, wir hätten die Box früher anbieten können. Aber es ist ein Risiko, einen Drei-Sterne-Betrieb umzustellen, von à la carte auf große Mengen. Man muss Verpackungsmaterial organisieren, Verträge mit Logistikfirmen vereinbaren. Das ist nicht ganz einfach.

Für wann rechnen Sie mit der Wiedereröffnung?
Wir dürfen hoffentlich im Juni wieder aufsperren.

Gibt es etwas aus dem aktuellen Corona-Angebot, das Sie nach dem Lockdown beibehalten werden?
Die Box werden wir in dem Moment einstellen, wenn die Restauranttüren aufgehen. Was wir behalten werden, ist eine erlesene Auswahl von Produkten für Genießer zu Hause, von Macarons und Pralinen über Sojasauce und Vinaigrettes. Das Feeling von Victor’s fine Dining für Zuhause. 

Hören Sie hin und wieder von Gästen?
Ja, wir bekommen jede Woche 20 Mails, in denen sich die Leute bedanken für den Hochgenuss, den wir ihnen bereitet haben.

Dieses Interview ist Teil des Artikels »Sechs Monate Lockdown – Top-Gastronomen ziehen Bilanz«. Einen Überblick und den Verweis auf weitere Koch-Interviews finden Sie hier.

Philipp Elsbrock
Philipp Elsbrock
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