Eine Schatzkammer der Superlative: Im Bremer Ratskeller lagert die größte Sammlung reifer deutscher Weine.

Eine Schatzkammer der Superlative: Im Bremer Ratskeller lagert die größte Sammlung reifer deutscher Weine.
© Thomas Babovic

Auch bei Weißweinen: Besser alt

Einen guten Rotwein lässt man gerne eine Zeit lang reifen. Aber wieso eigentlich keinen Weißwein? Dabei bieten gereifte Weiße unglaublich viel Trinkvergnügen. Ein Plädoyer für die perfekte Reife.

In den letzten Jahren steigt die Nachfrage nach reifen Weinen extrem«, sagt Dorothee Zilliken vom Weingut Forstmeister Geltz Zilliken aus Saarburg an der Saar. Dabei kommt der jungen Weingutsleiterin zugute, dass ihr Vater Hanno Zilliken schon während der 1980er- und 1990er-Jahre immer wieder bedeutende Mengen an Spät- und Auslesen zur Seite gelegt hatte. Denn die noch vor wenigen Jahren marktbeherrschende Mode, Weine so früh wie möglich zu trinken, hat sich inzwischen ins Gegenteil verkehrt, zumindest in Kennerkreisen: Vor allem Privatkunden schätzen heute wieder den gereiften Wein, und diesen in beiderlei Farben.

Winzer Hanno Zilliken und Tochter Dorothee wissen reife Weißweine zu schätzen
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Winzer Hanno Zilliken und Tochter Dorothee wissen reife Weißweine zu schätzen

Oliver Donnecker, Falstaff Sommelier des Jahres 2017, setzt für die gereiften Perlen auf der Weinkarte des Frankfurter Restaurants »Heimat« auf gute Kontakte zu Winzern: »Wenn die Winzer sehen, dass die Weine hier in einem passenden Rahmen stehen, dann schicken sie auch mal eine Kiste eines älteren Jahrgangs aus ihrem eigenen Keller. Von Fritz Becker haben wir zum Beispiel Spätburgunder Sankt Paul aus 2008 und 2009 auf der Karte, und sogar Kammerberg 2007. Die hätte ich nicht bekommen, wenn die Winzer nicht mal hier gewesen wären und gesehen hätten, dass solche Weine bei uns zur Küche passen.«

Weißwein mit großem Lagerpotenzial bietet Fritz Becker.
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Weißwein mit großem Lagerpotenzial bietet Fritz Becker.

Auch in der Gastronomie steigt die Nachfrage, das Problem ist hier jedoch der Nachschub an reiferen Jahrgängen. Nur wenige Weinhändler halten ältere Jahrgänge vor, und für das eigene Lagern von Weinen bis zum idealen Trinkzeitpunkt fehlt es den meisten Gastronomen an Lagerfläche und auch an Kapital.

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Gerade beim trockenen Weißwein ist es zudem eine Entwicklung der letzten Jahre, dass die Winzer von sich aus wieder mehr Wert auf Lagerfähigkeit legen. Denn bis in die 1960er-Jahre hinein war es durch die angewandten traditionellen Methoden der Weinbereitung zwingend notwendig, beispielsweise trockene Rheingauer Rieslinge reifen zu lassen. In den 1970er- und 1980er-Jahren kam mit neuer Kellertechnik – scharfe Vorklärung der Moste, Vergärung im Edelstahl, Kaltvergärung, Reinzuchthefen – auch ein Umschwung hin zur früheren Trinkbarkeit der Weine. Heute versuchen viele Winzer, das Beste aus zwei Welten zu vereinen: Sie verleihen ihnen jugendlichen Charme und dennoch auch Potenzial für eine langsame Entfaltung ihrer Komplexität.

Eine Analyse der Weißwein-Jahrgänge in Deutschland sowie die besten Einkaufstipps lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Falstaff Magazins.

Aus dem Falstaff Magazin Nr. 03/2017.

Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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