© Klaus Gaggl

Alles über Naturwein

Natur, Orange, Amphor: Naturweine boomen. Sie führen abseits der gewohnten Geschmackswelten und mögen den einen oder anderen überraschen.

Bio/Biodynamisch

Bioweine sind nicht zwingend Natural oder Orange. Die gesetzlichen Vorschriften umfassten lange Zeit nur den Anbau. Chemisch-synthetische Spritzmittel und Dünger dürfen beim Anbau nicht eingesetzt werden und im Keller dürfen etwas weniger Schwefel und Zusatzstoffe als beim konventionellen Weinbau eingesetzt werden. Biodynamische Produzenten setzen im Rebberg zusätzlich Pflanzenstärkungsmittel ein, vergleichbar mit der Homöopathie, und sind im Keller noch etwas strenger reguliert als Biowinzer. Auch biodynamisch produzierte Weine sind nicht per se Natural oder Orange.

Orange Wine

Orangeweine sind maischevergorene Weiß-weine. Das bedeutet, sie werden im Grunde wie Rotweine produziert, also mit der Beerenhaut und den Kernen vergoren. Der Wein bleibt bei diesem Prozess zwischen mehreren Tagen bis zu einem Jahr oder länger mit der Maische in Kontakt und nimmt währenddessen Farb- und Gerbstoffe auf. Die Weine weisen oftmals eine dunklere Farbe auch, weshalb sich der Name Orangewein etablierte. Per se haben sie nichts mit Naturweinen zu tun, denn auch konventionell arbeitende Winzer haben das Verfahren mittlerweile für sich entdeckt, schwefeln die Weine aber beispielsweise genauso wie normalen Weißwein. Aufgrund der Andersartigkeit im Geschmack kann man Orange­weine getrost als neue Weinfarbe neben Weißwein, Rosé und Rotwein bezeichnen.

Amphorenwein

Maischevergorene Weißweine sind seit mehreren tausend Jahren bekannt. In ihrem Herkunftsland Georgien werden sie seit jeher in Amphoren, sogenannten Qvevris, ausgebaut. Ende der 1990er-Jahre begann eine Gruppe von Winzern im Friaul, dieses Verfahren zu adaptieren – von hier aus breitete es sich in der Folgezeit über ganz Europa hin aus.
Der Begriff Amphorenwein bezieht sich dabei jedoch lediglich auf die Reifung von Wein im Amphoren und setzt weder biologischen Anbau noch Maischevergärung oder den Verzicht auf Schwefel voraus.

Naturwein

Naturwein gibt es im Grunde nicht, denn der Anbau von Trauben und das Einkellern ist immer ein Akt des Menschen. Trotzdem wird damit eine bestimmte Produktionsphilosophie umschrieben. Die meisten Winzer arbeiten biologisch oder biodynamisch und setzen im Rebberg wie auch im Keller auf Verzicht. Das heißt: niedrige Erträge, keine Zusatz- und Hilfsstoffe, keine Schönung, keine Filtration und andere Manipulationen sowie ein Verzicht oder ein achtsamer Einsatz von Schwefeldioxid zur Haltbarmachung. 

Erschienen in
Falstaff Nr. 06/2018

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