Über 1000 leere Stühle auf dem Dresdner Neumarkt vor der Kulisse der Frauenkirche, ein stiller Protest und ein schönes Bild…
Ja, das hat auch dazu beigetragen, dass ab da alles Fahrt aufnahm. Wir bekamen Anfragen aus ganz Deutschland – und haben schnell das Logo mit den beiden leeren Stühle in grün, der Farbe der Hoffnung, und eine Webseite entwickelt. Über diese sowie immer noch über WhatsApp organisieren wir die ganzen Aktionen, mittlerweile in Kommunikation mit über 100 Initiativen in Deutschland!
In wie vielen WhatsApp-Gruppen diskutieren Sie denn jetzt mit?
In fünf. Aber anders geht’s ja nicht, denn wir wollen positive Signale senden. Wir machen still auf uns aufmerksam. Niveauvolle Veranstaltungen gibt’s in Dresden seit August dem Starken. Und das hat Strahlkraft: Es gab vergangenen Freitag über hundert Aktionen bundesweit mit nahezu 50.000 leeren Stühlen, die auf die Situation der Gastronomen aufmerksam machten. Prominentester Veranstalter ist übrigens Jens Weißflog, der in Oberwiesenthal ein Hotel betreibt. Zu unserer aller Freude war die Existenzangst der Branche am Wochenende Tagesthema Nr. 2, und das bundesweit.
Am vergangenen Freitag standen nun über 2000 Stühle auf dem Dresdner Altmarkt, die Forderungen und Nachbesserungswünsche konnte Benjamin Unger vom »Blauen Engel« in Aue, einer der besten Köche Sachsens, stilvoll unter der Cloche an den sächsischen Wirtschaftsminister Martin Dulig überreichen. Geht’s in dem Tempo weiter?
Es geht auf jeden Fall weiter! Hand in Hand arbeiten die Gastronomen zusammen – wenn auch mit Abstand. Diese Pandemie hat eine Solidaritätswelle ausgelöst, die jegliches Konkurrenzdenken beiseitegeschoben hat. Spannend ist allerdings, dass bei unserer Initiative wenig Lieferanten dabei sind, auch kaum Brauereien, die uns unterstützen – was ich als Fehleinschätzung bewerte. Wir sprechen die Sprache der Gastronomen. Dadurch ist die Unterstützung unserer Aktion in allen Teilen unseres Landes sehr groß. Der Hashtag #leerestuehle ist die Verbindung.
Wie geht es denn konkret weiter, was sind die aktuellen Forderungen?
Es soll am kommenden Freitag weiter gehen – am 1. Mai, dem Tag der Arbeit. Wir wollen klar machen, dass wir Gastgeber sind, Menschen, die gerne kommunizieren. Gastronomie ist auch eine Passion. Was wir fordern, was wir uns wünschen, was wichtig ist für die Gastronomen.
Da ist vor allem unsere Forderung nach einem Kurzarbeitergeld von 90% rückwirkend. Wir haben ausgerechnet, dass unseren Leuten im Service mit der jetzigen Regelung faktisch nur etwa 40 Prozent vom Nettogehalt bleiben – das kann nicht sein! Es kann auch nicht sein, dass – was man so hört – bei einer Wiedereröffnung unsere Mitarbeiter in eine Kluft gestellt werden. Wir sind Gastgeber. Wir wollen keine Öffnung um der Öffnung willen. Sie muss die Menschen berücksichtigen. Kellner mit Maske, Handschuhen oder Helm? Das ist unvorstellbar. Fühlt sich der Gast da noch wohl?
Natürlich wollen wir alle schnell öffnen, aber unter menschenwürdigen und betriebswirtschaftlich akzeptablen Bedingungen. In Dresden beispielsweise fällt gerade der Tourismus komplett weg, die Anforderungen müssen ja auch passen. Deswegen fordern wir einen Bundeszuschuss, so dass Gastronomie/Hotellerie und Veranstalter unterstützt werden, so lange geschlossen ist.
Und für die Zeit danach – ab dem Tag der Öffnung – fordern wir den Mehrwertsteuersatz von 7% auf Speisen, aber nicht nur für ein Jahr, sondern für sieben bis zehn Jahre – so lange wird es nämlich dauern, bis die Kredite zurückgezahlt sind.
Über die Webseite www.leere-stuehle.de können Aktionen angemeldet werden. Hier finden sich auch das Logo, Plakate, Pressemitteilungen u.v.m. zur Unterstützung.