Heidelberg ist nicht nur schön, sondern bietet auch allerhand kulinarische Highlights. 

Heidelberg ist nicht nur schön, sondern bietet auch allerhand kulinarische Highlights. 
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24 Stunden in Heidelberg: Eine kulinarische Hommage

Wer einen Kurztrip nach Heidelberg plant, sollte diese gastronomischen Institutionen – von Brunch bis Bar – in die Planung mit einbeziehen.

Heidelberg mag zunächst nach heimeligem Studentenstädtchen aussehen. Ist es auch. Da sind die dezidiert für die sich in Ausbildung befindlichen Gastronomien: geldbeutelfreundlich, gastlich und allem voran gut gegen den Durst. Da sind die Orte für den besuchenden Teil der Bevölkerung, mit starker Überschneidung zu denen für die Genuss-Connaisseure der Stadt, die so essen und trinken, als hätten sie es gelernt. Heidelberg, das ist eben eine Stadt, in der man fürs Leben studiert. Wir gehen für 24 Stunden in gastronomische Heidelbergologie.

»Neo«: Aperitif und feines Soulfood

Unterrichtet wird dies zunächst beim Aperitif in Bahnhofsnähe: Das »Neo«, Restaurant und Bar zugleich, liegt zehn charmante Minuten entfernt vom Hauptbahnhof, steht da wie ein Hallenbad und strotzt im Inneren nur so vor Industrial. Dazu ein immenser Garten auf Holz, aus Polstern und Palmen. Bestellen sollte man einen Pinot Grit Mint Smash (10,80 Euro) sowie einen Grape Blossom Martini mit Vodka, Pink Grapefruit und Rosmarin (12,80 Euro). Auch eine alkoholfreie Aperitif-Karte steht bereit. Der Abend ist lau und serviert werden neben Sashimi und Tatar auch Jakobsmuscheln mit geräuchertem Aal, Amalfizitrone und Chorizo-Beurre Blanc.

INFO

Neo
Zollhofgarten 2
69115 Heidelberg
neo-heidelberg.de

»959«: Zwischen Kunst und Macaire-Kartoffeln

Bislang bekannt unter der Ägide von Tristan Brandt und Timo Steubing war der aufsteigende Stern am Heidelberger Haute Cuisine-Himmel das »959«. Seitdem Brandt sich im September vergangenen Jahres aufgemacht hat in neue Gefilde in Pforzheim wie Miami – denn auch dazwischen liegt Heidelberg – ist Marvin May nachgerückt. Der Küche des ehemaligen Stadtgarten-Pavillons aus dem Jahr 1936 hat das nichts an Zielstrebigkeit abgetan. Punk und Prunk liegen hier nicht weit entfernt, und auch wenn hier Schnitzel und Pizza serviert werden, heißt das nicht, dass eine Abendrobe unangebracht ist. Nach der Devise, »zu viel Trüffel gibt es nicht«, ist das »959« ist eine Parallelgesellschaft zwischen Kunst und Macaire-Kartoffeln, Mittagstisch und 4-Gang-Menü. Die Brücke zwischen oben und unten stellt nicht zuletzt der Paternoster, der hinter der zentralen Bar an der Flaschenwand entlangfährt, um die Wünsche der Gäste vom Himmel auf die Erde zu bringen. Die Lampen bewegen sich, und es liegt nicht am Wein. Langsam, entlang Rehrücken und Rotbarbe, trinken frisch Eingetroffene Rosmarin Spritz.

INFO

959
Friedrich-Ebert-Anlage 2
69117 Heidelberg
959heidelberg.com

»Pino’s Bar«: Von güldenen Gaben

Hier herrscht Barchefin Sumaiya Khampha und sie ist die Patrolin des Paternosters und somit von acht Stockwerken aus Flaschen. Wer Zigarre raucht oder einmal den von Lady Gaga höchstselbst signierten Dom Perignon Rose streicheln möchte, geht einmal um die Kurve, wo sich eine Lounge aus Leder auftut, umgeben von Humidoren, Weinkühlschränken und Spirituosen in der Liga eines »Hibiki 21«. Namensgeber der Bar ist ein im Jahr 2015 verstorbener Freund des Hauses, Giuseppe »Pino« Persico. Der Gastgeber mit Leib und Seele hatte sich – ganz Hollywood in Heidelberg – vom Tellerwäscher zum Pizzabäcker hochgearbeitet und zeichnete sich durch seine Gabe aus, viele Menschen zusammenzubringen. Vergoldet ist der Pizzaofen, und gülden fließt auch der Whiskey Sour in den Cohiba qualmenden Schlund des Schnaps-Aficionados. Und warum auch nicht? Das »959« und »Pino’s Bar«, das ist die Verwirklichung des Vanitas-Gedankens: Leben, jetzt, gut und viel.

INFO

Pino’s Bar
Friedrich-Ebert-Anlage 2
69117 Heidelberg
959heidelberg.com

»Bent Bar«: Blood and Sand auf Biegen und Brechen

Die ums »Frollein Bent« ergänzte »Bent Bar« ist der Ort schlechthin für Neckarluft bei wenig Geld, dafür in der Sonne. »Zum Vereinszimmer« steht da hinter der Retro-Bar und, ja: fühlt sich nach Vereinsausflug an. Den Tag beginnt man hier mit einem doppelten Saquella-Espresso (2,50 Euro) und einer Waffel; im Winter könnte man direkt zum Winzerglühwein, Apfel-Rum-Walnuss-Punch übergehen, im Sommer zum Spritz – nie gibt es keinen Snack dazu: ein menschenfreundliches Gastro-Modell eines jeden Studienstädchens. Das bis heute gänzlich ohne Werbung existierende Zuhause strahlt vor allem eins aus: Entspanntheit, im gut gelaunten Blinzeln gegen die Wintersonne, bei immerhin 32 Außenplätzen. Wer in dieser Institution noch keinen »Bent’s Blood and Sand« in der Sonne getrunken und dabei Touristen auf der »Weissen Flotte«, der Neckarfähre, zugewinkt hat, war nicht in Heidelberg.

INFO

»Bent Bar«
Leyergasse 2
69117 Heidelberg

»Meiks Brunch & Bar«: »Durchbrunchen«

»Meiks Brunch & Bar«, das ist Mareike Baur, und sie hat ein gutes Gefühl für Menschen und ihre Nöte: Dach überm Kopf, Essen und Trinken. In Verschiedenen Schwieirgkeitsstufen: mit Veganern, Vegetariern und Karnivoren in ein- und derselben Runde, mit Elternbesuch oder als Katerfrühstück, warm wie kalt. Wir bestellen Cusco, das sind mit Käse überbackene Nachos und hausgemachter Käsesauce, zudem »Honolulu«, ein gerösteter, mit Rauke, Mayo, gratiniertem Käse, Bacon, Ananas und Sprossen belegter Bagel, und Eggs Benedict à la Chicago – mit Truthahn. Inspiriert ist die Küche portugiesisch und balinesisch – ein weiterer Spagat, der diesem Ort keiner streitig macht. Denn in dieser gastronomischen Bandbreite gewiss ein Heidelberger Alleinstellungsmerkmal, das weist sich auch im liquiden Bereich aus: vom Affogato über die Iced Chai Latte bis zum selbstgemachten Eistee ist alles dabei, Wein und Lillet Reine sowieso. Der Nebentisch spricht vom »Durchbrunchen« und schmiedet Abendpläne. Verben, die an Orten wie diesen geboren werden. Heidelberg, das ist eine Ode ans Miteinander im Melting Pot zwischen Mannheim und Miami.

INFO

Meiks Brunch & Bar
Landhausstraße 3
69115 Heidelberg
meiksbrunchandbar.de


Juliane Eva Reichert
Autor
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