© Peter Aaron/OTTO/Picturedesk

Tradition trifft auf Pioniergeist

Neuengland gilt als Wiege der USA. Die Farbenpracht des Indian Summers und die abwechslungsreiche Landschaft mit Wäldern und Küsten zieht nicht nur Tourist:innen an. Seit Jahrhunderten trifft sich hier auch die US-Elite – nicht nur zur Sommerfrische. Ein kurzes Regionenporträt.

14.09.2022 - By Manfred Gram

»Neuengland ist mehr als eine geo­grafische Einheit, es ist ein Geisteszustand«, bemerkte einmal der amerikanische Journalist Michael Walsh. Wie er auf diese treffenden Worte kam? Dazu reicht ein kleiner Blick auf das Big Picture dieser Region im Nordosten der USA. 

Eingebettet zwischen dem Atlantik und den grünen Bergen, angrenzend an die ­Weltmetropole New York im Süden und die kanadische Grenze im Norden, drängeln sich hier im Nordosten der USA gleich sechs Bundesstaaten auf relativ kleiner Fläche. Diese sechs Bundesstaaten, Connecticut, Maine, Massachusetts, New HampshireRhode Island und Vermont, gelten als so etwas wie die Wiege der Vereinigten Staaten und der modernen Demokratie. Hier landeten die Pilgerväter, hier wurde für Amerikas Unabhängigkeit von England gekämpft, hier finden sich Elite-Unis wie Harvard, Yale, die Brown University oder das MIT. Die indus­trielle Revolution, die im Laufe des 19. Jahrhunderts die USA zur Industrienation machte, fand hier ihren Ausgang. Und nicht zuletzt emanzipierten sich Künstler:innen, Literat:innen und Architekt:innen in Neuengland erstmals von europäischen Vorbildern und legten so den Grundstein für eine eigenständige amerikanische Kultur. Neuengland war also treibende Kraft einer jungen Nation, die sich erst finden musste. Nur so viel: Als der Süden der USA noch zu Mexiko gehörte, hatte das 1636 gegründete Harvard bereits 200 Jahre auf dem Buckel. Und als jenseits der Appalachen, im Wilden Westen, die Revolver knallten und es juristisch eher archaisch zuging, war Neuengland ein stabiles, demokratisches Zentrum und stand für Wohlstand. Dafür sorgte – so die Historiker:innen-Meinung – ein Mix aus britisch-puritanischen und irisch-katholischen Einwander:innen auf der einen, progressiver Wissenschaftskultur und klassischem Liberalismus auf der anderen Seite.

Isle of Dreams – Auf Martha’s Vineyard gibt es keine Hotelketten, dafür aber sehr authentische kleine Hotels wie das »Charlotte Inn«, das außen und innen den Küsten-Style von Neuengland repräsentiert. 

© The Charlotte Inn

Knallbuntes Laub

Parallel fasziniert aber die Region seit jeher durch landschaftliche Schönheit. Vor allem im Herbst fallen regelrecht Tourist:innenschwärme ein und geben sich im Indian Summer der unvergleichlichen Farbenpracht der Laub­wälder hin. Diese knallig-kitschigen Blätter muss man mit eigenen Augen gesehen haben, sonst glaubt man es nämlich nicht. »Ein ­bittersüßes Mysterium«, nannte Schriftsteller Kurt Vonnegut dieses Spektakel. Seit Generationen wird die Landschaft gut vermarktet und beworben. Von den Wäldern Vermonts über den Mount Washington in New Hampshire bis zu den wildromantischen geschützten Küsten von Massachusetts. Hier an der Küste wollen wir nun ins Big Picture hineinzoomen. 

Party Time 

Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg veränderten sich die USA, aber auch Neuengland. Neue Einwander:innen aus Europa, vor allem Ir:innen, später dann Skandinavier:innen, Italiener:innen und Deutsche, kamen im Nordosten an. Sie bildeten einen Gegenpol zum eingesessenen, vornehmen Establishment. Zusätzlich entdeckte die New Yorker High Society die Küstenorte Neuenglands für sich. Cape Cod bei Boston, die beiden Walfänger­inseln Nantucket und Martha’s Vineyard, vor allem aber die Hafenstadt Newport in Rhode Island, dem kleinsten Bundesstaat der USA übrigens, wurden immer mehr zu Arenen des Hedonismus. Der typischen Architektur der Region, einem Mischmasch aus Kolonialstil, gotischem Stil, viktorianischem Stil und weißen, mari­timen Holzhäusern mit Giebeldächern und Kamin in der Mitte, wurde noch eines draufgesetzt. Die Megareichen des Gilded Age, Familien mit auch heute noch klangvollen Namen wie Astor, McAllister, Belmont oder

Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 06/2022

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