© Alan Karchmer

Star-Architekt Sir David Adjaye: Black Buildings Matter

Der britisch-ghanaische Architekt Sir David Adjaye wurde schon in jungen Jahren zum Shootingstar. Mit seinem Museumsbau mitten in Washington setzte er der afroamerikanischen Kultur ein Denkmal. Wir zeigen seine spektakulärsten und schönsten Werke.

17.12.2020 - By Maik Novotny

Wenn Noch-Präsident Donald Trump nach Norden aus dem Fenster schaut, dürfte er schlechte Laune bekommen: Dort liegt die kürzlich offiziell in »Black Lives Matter Plaza« umbenannte Straße. Schaut er nach Süden, sieht es ähnlich aus. Denn links neben dem Obelisken des Washington Monument schiebt sich ein bronzefarbenes Gebilde ins Blickfeld, das in der steinern-weißen US-Hauptstadt aus dem Rahmen fällt. Die dreistufige Form des 2016 eröffneten und zum Smithsonian Insti-tute gehörenden National Museum of African American History and Culture (NMAAHC) ist einer westafrikanischen Skulptur nachgebildet, die Metallfassade erinnert an historische Häuser in afroamerikanischen Vierteln von Charleston oder New Orleans.

REICHER FUNDUS

Erdacht wurde das Museum jedoch nicht von einem Afroamerikaner, sondern von einem Briten mit ghanaischen Wurzeln: David Adjaye. Seit Jahren als Kandidat für den Pritzker-Preis gehandelt, ist der 54-Jährige einer der größten Shootingstars der globalen Architekturwelt. Er hält Professuren in Harvard, Michigan, Pennsylvania und Princeton, 2017 erfolgte der Ritterschlag, seitdem darf er sich Sir David Adjaye nennen. Jetzt darf er sich noch dazu die RIBA Gold Medal 2021 umhängen, die höchste Auszeichnung der britischen Architektengilde. »Architektur war für mich immer das Erschaffen von Schönheit für alle Völker der Welt. Die soziale Wirksamkeit unseres Berufs wird immer mein Leitbild bei meiner Ideen-suche und meinen Experimenten sein«, so der Architekt in seiner ersten Dankesrede.

Er ist der erste schwarze Preisträger in der 173-jährigen Geschichte des RIBA Awards, doch das Label »schwarzer Architekt« will er sich ungern umhängen lassen, zu divers ist sein Schaffen. Der Anteil nicht weißer Architekten ist weltweit allerdings immer noch ­verschwindend gering – selbst in seinem Heimatland liegt er gerade mal bei einem Prozent. Kein Wunder also, dass Adjaye als Role-Model gilt. Aus dem reichen Fundus afrikanischer Kultur bedient er sich ebenso selbstverständlich wie aus der Londoner Subkultur, in der ­er aufwuchs. Dort sorgte er auch nach Gründung seines Büros 2000 schnell für Aufsehen: mit seinem pechschwarzen, grob getünchten »Dirty House« im gerade cool werdenden Hackney, seinen ungewöhnlichen Bars und Clubs und Auftraggebern wie dem Schauspieler Ewan McGregor und dem mittlerweile verstorbenen Modedesigner Alexander McQueen.

Mehrfach ausgezeichnet

Der 1966 geborene britisch-ghanaische Architekt kann auf eine beeindruckende Sammlung von Preisen und Medaillen verweisen. 2007 kam der Order of the British Empire (OBE) dazu, seit 2017 darf er sich Sir David Adjaye nennen.

Typisch London auch sein stilistischer Mix, der sich nie festlegen ließ, und seine Nähe zur Kunst. Eine ganze Reihe von Museen und Galerien sind neben dem NMAAHC in seinem Portfolio, vom Kunstzentrum Rivington Place in London über die AÏshti Foundation in Beirut bis zum wüstenstaubroten Ruby City Art Center in San Antonio, Texas. Andere Großbauten wie die weit in den russischen Himmel greifende Moscow School of Management (2010) zeugen von seinem globalen Status.

Und doch schieben sich die stolzen Referenzen an afrikanische und afroamerikanische Kulturen immer wieder ins Bild, genau wie das NMAAHC in die Sichtachse des Weißen Hauses. Eines von Adjayes kleinsten, aber anrührendsten Werken ist das Grabmal für den 2018 verstorbenen südafrikanischen Trompeter Hugh Masekela (Bra Hugh) in Johannesburg, eine formverspielte Fingerübung in Beton, fern von jedem Afrika-Klischee.

Ebenso betongrau, doch weitaus größer und auffälliger ist sein Wohnblock Sugar Hill im New Yorker Stadtteil Harlem. Auf den ersten Blick fast abweisend, entdeckt man beim näheren Hinschauen die eingelassenen Ornamente im Stein, im Inneren wurden neben den Sozialwohnungen ein Kindergarten und ein Kinder-Kunstmuseum untergebracht. Der Reiz der ungewohnten Nachbarschaften lässt David Adjaye eben nie los. Sein nächstes Großprojekt jedoch wird ihn zu seinen familiären Wurzeln führen, denn er plant zurzeit die große Kathedrale in der ghanaischen Hauptstadt Accra. Man darf noch einiges von ihm erwarten.

Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 07/2020

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