Porsche mit Garagenplatz: Ferdinand Porsche im Interview
Ferdinand Porsche trägt einen großen Namen. Zur Familientradition steuert der junge Architekt ein bedeutendes Winter-Motorsport-Event bei, das er ins Leben gerufen hat: Das GP Ice Race in Zell am See zählte 2020 über 20.000 Besucher und erfreute sich einer weltweiten Coverage.
24 . November 2020
Ferdinand Porsche. Was für ein Name. Der Alt-Österreicher wurde zur Jahrtausendwende von einer Expertenjury zum bedeutendsten Autoingenieur des letzten Jahrhunderts gewählt. Er entwickelte bereits 1899 ein praktikables Elektroauto, brachte den Käfer zum Laufen, begründete mit seinen Leistungen eine Familiendynastie, die in der zweiten Generation eine Sportwagenlegende schuf und heute in dritter Generation die Kontrolle über den weltgrößten Autokonzern hat.
In der vierten Generation gibt es wieder einen Ferdinand Porsche. Er wird von Familie und Freunden Ferdi genannt, ist Jahrgang 1993 und damit der zweitjüngste Sohn von Wolfgang Porsche. Der 77-Jährige ist Aufsichtsratsvorsitzender der Porsche Automobil Holding SE, über die der Porsche-Piëch-Clan die Stimmrechtsmehrheit am größten Autohersteller der Welt hält.
Ferdi Porsches Erziehung dürfte ganz alte Schule sein. Denn ganz im Gegensatz zum Gedankengut von so manchem Vertreter des neuen Reichtums hat man im Hause Porsche dem Nachwuchs offenbar beigebracht, dass Macht und Geld auch etwas mit Respekt und Höflichkeit zu tun haben. Dem 27-jährigen Architekturstudenten kurz vor dem Abschluss fehlt jedenfalls jede »Rich & Famous«-Insolvenz. Er klingt schon am Telefon offen, freundlich und sympathisch, und damit ganz sicher nicht so, wie man sich im Allgemeinen den Spross einer Industriedynastie vorstellt. Damit folgt der angehende Architekt klar der Familientradition, gilt doch der Porsche-Zweig seit jeher als der umgänglichere Teil des Porsche-Piëch-Clans.
Es war Ferdi Porsche daran gelegen, dass sich das Thema VW-Konzern nicht zum Fokus des Gesprächs entwickelt. Verständlich, wenn man an all die Verwerfungen denkt, die die Familienbande im Lauf der Jahrzehnte aushalten musste. Laut Ferdi Porsche soll die jüngste Generation wieder viel besser miteinander zurechtkommen. Vielleicht, weil die 34 Cousins und Cousinen mehrheitlich so entspannte Menschen wie er selbst sind.
Den in München aufgewachsenen Studenten spülten die familiären Wurzeln nach Wien. Der Urgroßvater begann hier seine Karriere noch im Kaiserreich, der Vater studierte in Wien Welthandel und gründete danach Österreichs ersten Yamaha-Generalimporteur. Später verlagerten sich die Jobs und Wohnsitze nach Deutschland.
Porsche juniors zweiter Wohnort ist das Schüttgut bei Zell am See. Professor Ferdinand Porsche erwarb es während des zweiten Weltkriegs als Zufluchtsort. Das Anwesen gilt bis heute als der Familienmittelpunkt. Unsere Aufnahmen fanden am Schüttgut statt, vor den Toren der ebenso gut gehüteten wie legendären Garage, in der die privaten Porsche-Preziosen untergebracht sind.
Das Schüttgut schuf auch die Basis für jenen erstaunlichen automobilen Erfolg, den der Architekturstudent in den letzten Jahren schaffte. In den Nachkriegsjahren fand in Zell am See ein stets prominent besetztes Eisrennen statt, von dem in der Familie gerne erzählt wurde. Ferdi Porsche, damals 25 Jahre alt, beschloss gemeinsam mit seinem Freund Vinzenz Greger, diesen Mythos wiederzubeleben. Die Idee wurde zum durchschlagenden Erfolg: Bei der zweiten Ausgabe erlebten 20.000 Zuschauer, darunter Porsche-Fans aus aller Welt, ein hochkarätig besetztes Motorsport-Spektakel der Sonderklasse.
Unser erstes Treffen fand in seinem Büro statt, das sich als unscheinbares Gassenlokal im siebten Wiener Gemeindebezirk herausstellt. An einem der letzten warmen Herbst-tage steht die Türe weit offen. Drei junge Architekten arbeiten in einem sittsamen Durcheinander aus Entwürfen, Büchern und Fachzeitschriften an ihren Computern. Ferdi Porsche sitzt in vorderster Front gleich beim Eingang, die Begrüßung ist genauso ungezwungen und zuvorkommend wie das Telefongespräch. Die Antworten kommen präzise, schlagfertig, vor allem scheint aber die so offensichtliche Bescheidenheit tatsächlich weit mehr zu sein als bloß eine gesellschaftsgerechte Attitüde.