© Ferdinand Neumüller

Pepo Pichler: Der Herr der 70 Zimmer

Der Kärntner Künstler Pepo Pichler bewohnt das Gut Schmelzhofen im Lavanttal. Allein die Sanierung des Schlosses und der Mühle hat rund 20 Jahre in Anspruch genommen. Uns hat er erzählt, was die Vorzüge und Nach­teile eines so alten Anwesens sind – und wie viel die jährliche Beheizung kostet.

25.09.2020 - By Wojciech Czaja

LIVING: Seit knapp 30 Jahren wohnen Sie auf Schloss Schmelzhofen im Lavanttal. Warum ausgerechnet ein Schloss?
Pepo Pichler:
Seit den Siebzigerjahren verbringe ich den Winter immer in San Francisco. Irgendwann in den Neunzigern habe ich mir gewünscht, auch wieder Zeit in Kärnten zu verbringen. Zum Wohnen und Arbeiten brauche ich Platz. Und ich wollte einen alten, geschichtsträchtigen Ort, an dem ich mich austoben und entfalten kann.

Von wann stammt das Gebäude?
1399 wurde das Schloss erstmals urkundlich erwähnt. Laut Zeichnungen und literarischen Überlieferungen muss das ein U-förmiges Wasserschloss gewesen sein. Das Schloss ist jenes Gebäude, das meine Frau Anita Naz und ich zum Wohnen benützen. Die Mühle, in der sich nun mein Atelier befindet, wurde 1856 errichtet.

Wie würden Sie die Stimmung auf diesem Anwesen beschreiben?
Im historischen Vergleich zeigt sich, dass das ein ziemlich schmuckloses, vor allem funktionalistisches Bauwerk war. Es gab einen Wohnbereich für rund 20 bis 30 Leute sowie einige Funktionsbauwerke wie etwa Stall, Mühle, Schmiede und Schnapsbrennerei. Alles in allem hat das Schloss an die 70 Räume – genug also, um sich zu verlaufen.

»Wir haben größten Wert darauf gelegt, das Anwesen möglichst sensibel und behutsam zu reparieren, also mit Baustoffen und handwerklichen Methoden, die der Entstehungszeit entsprechen.«
Pepo Pichler in seinem Schloss in Kärnten. 

In welchem Zustand haben Sie das Schloss und die Mühle vorgefunden?
In einem katastrophalen! Es gab kaltes Wasser aus dem Brunnen, ein Plumpsklo und keinerlei Kanalanschluss. Hinzu kommt, dass mitten durchs Haus ein so großer Setzungsriss gegangen ist, dass man durch die ein Meter dicke Außenmauer sogar durchschauen konnte. Es gab echt viel zu tun.

Wie sind Sie bei der Sanierung vorgegangen?
1992 haben wir begonnen. Wir haben größten Wert darauf gelegt, das Anwesen möglichst sensibel und behutsam zu reparieren, also mit Baustoffen und handwerklichen Methoden, die der Entstehungszeit entsprechen. Dazu gehören etwa Kalkputze und mineralische Farben. Zement und Dispersion sind tabu. Wir haben die alten Wände und Holzdecken freigelegt, die Mauern trockengelegt, das Dach neu eingedeckt, eine Heizungsanlage installiert, Warmwasser eingezogen, einen Kanal gelegt, drei Badezimmer eingebaut, Türen und Fenster restauriert, Putze und Deckenstuck saniert, Holzböden repariert und, und, und …

Wer hat Sie in den baulichen Details beraten?
In meinem Freundeskreis gibt es einige Architekten. Obwohl das Haus nicht unter Denkmalschutz steht, haben wir den Kärntner Landeskonservator vom Österreichischen Bundesdenkmalamt zurate gezogen. Aber bei vielen Sachen gilt, wie so oft im Leben: Am Anfang macht man Fehler, dann macht man es halt neu und lernt mit der Zeit dazu.

Haben Sie die Bauzeit genossen?
Und wie! Baustelle ist etwas Wunderschönes. Man weckt ein Gebäude ganz langsam aus einem Dornröschenschlaf. Und man entdeckt immer etwas Neues, sogar auch neue Facetten von sich selbst.

Substandard auf hohem Niveau: Heizung, Warmwasser und Abwasser waren hier 1992 noch Fremdwörter. Für die jahrzehntelange Sanierung hat sich der Schlossherr von Architekten und vom Österreichischen Bundesdenkmalamt beraten lassen.

© Ferdinand Neumüller

Wie heizen Sie das Schloss?
Die meisten Schlossbesitzer haben eine Gasheizung. In unserem Fall hat die Gemeinde eine Biowärme-Hackschnitzelanlage errichtet, an die wir uns angeschlossen haben. Trotzdem: Die Heizkosten belaufen sich auf rund 750 Euro pro Monat. Das ist verdammt viel Geld.

Wie viel Budget verschlingt die Sanierung so eines Schlosses?
Unsummen! Über die ganze Zeit gerechnet vielleicht an die drei bis vier Millionen Euro, denn in jedem Eck lauern böse Überraschungen. Ich würde jedem anraten, das theoretisch errechnete Budget zur Sicherheit zu verdoppeln. Dann hat man ungefähr einen realistischen Wert. Es ist und bleibt Lieb­haberei. Wen das schreckt, der sollte lieber die Finger davon lassen!

Aktuell haben Sie wieder eine Baustelle. Was entsteht denn hier im Innenhof?
Wir bauen gerade einen Ausstellungsraum. Derzeit decken wir die Fassade mit Holzschindeln ein. Ich möchte den Raum privat für meine Exponate nutzen, aber auch Freunden und Bekannten zur Verfügung stellen. Außerdem habe ich nächstes Jahr im Klagenfurter Museum für Moderne Kunst eine Ausstellung. Dann wird es hier eine kleine Außenstelle geben.

Was ist das größte Wow, wenn man ein Schloss bewohnt?
Das Alter. Die Geschichte. Der Reichtum der Details. Man merkt, dass die Menschen damals ganz genau wussten, wie man baut und wie man ein angenehmes Gefühl schafft.

Und der größte Fluch?
Der größte Fluch ist, wenn etwas kaputtgeht. Hier ist nichts schnell einmal repariert. Man braucht Profis, und alles kostet Zeit und Geld.

Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 05/2020

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