© Luchford

Brexit und Covid, Stadtflucht und Landflucht. So viele Turbulenzen wie heute gab es lange nicht mehr im Londoner Immobilienmarkt. Der Büromarkt ist gesättigt, jetzt wachsen sogar in der City die Wohntürme empor, und Apartments in Premiumlagen könnten sich als die sicherste Bank erweisen.

12.11.2021 - By Maik Novotny

Gurke, Käsehobel, Walkie-Talkie. Fast jedes der Hochhäuser, die in den 00er- oder 2010er-Jahren in der Londoner City emporwuchsen, hat einen Spitz­namen. Es war ein Wettbewerb der Eitel­keiten, denn auf der »Square Mile«, wie der Bezirk seit ewigen Zeiten genannt wird, ging es immer schneller, immer enger und immer höher zu, parallel zur Dynamik der Finanz­industrie, die hier einen ihrer globalen Hauptsitze hat. Oder hatte, denn nach dem Brexit ist hier einiges im Umbruch, und die Pandemie hat zumindest zeitweise die ­Straßen dieser Büro-Monokultur leer gefegt. Mittendrin ein neuer Turm, der sich auf den ersten Blick ins bekannte Bild einfügt: »One Bishopsgate Plaza«. Doch er ist anders als die anderen. Denn in seinen 43 Stockwerken sind keine Büros zu Hause, sondern ein Hotel und Sky Residences. Neue Wohnungen, das hat es in diesem Ausmaß seit den 70er-Jahren in der City nicht mehr gegeben.

Zeichen des Wandels

Die Zeichen stehen auf Wandel, und noch weiß niemand genau, wohin es geht, vor ­allem was das Verhältnis zwischen Wohn- und Bürofläche angeht. Denn nicht nur die Finanzindustrie wandert ab, erstmals seit 30 Jahren verliert London auch Einwohner – laut einer Schätzung des Economic Statistics Centre of Excellence (ESCoE) haben seit Anfang 2020 fast 700.000 Nichtbriten die Stadt verlassen. Seitdem sind die Mietpreise stark gefallen, in ganz London um 6,9 Prozent, in der City sogar um 15 Prozent.

Doch nicht nur EU-Bürger und Finanzanalysten haben die Stadt en masse verlassen, sondern auch die Briten selbst. Nach Schätzungen der Agentur Hamptons International haben Londoner im letzten Jahr 73.950 Häuser oder Wohnungen außerhalb der Stadt erworben und sind jetzt keine Londoner mehr.

Eines der charmantesten Stadtviertel Londons, Fitzrovia, bietet mit Bars, Buchläden, Hochschulen und dem BT Tower eine lebendige urbane Mischung. Mittendrin: das »101 on Cleveland«, das sich mit seiner dunklen Klinkerfassade vornehm wie ein Gentleman der Umgebung anpasst.

101oncleveland.com

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Auch Canary Wharf, in den boomenden 80er-Jahren als neues Büroviertel in den ­früheren Docklands entwickelt und 2015 von Brookfield Asset Management und Katar für umgerechnet drei Milliarden Euro erworben, bekam den Exodus zu spüren und muss jetzt umdenken. Viele Büro- und Einzelhandelsflächen stehen leer, heute versucht man ­massiv, das Viertel zum Wohnquartier um­zumodeln. Ein Achtel aller neuen Wohn­einheiten entsteht hier, mehr als in jedem anderen Stadtbezirk. Doch die Nachfrage lahmt, denn das Büroviertel mit seinen
Spiegelglastürmen und sterilen Plazas wirkt als Wohnort wenig attraktiv.

Warum also in Wohnimmobilien investieren? Weil die jüngsten Entwicklungen zeigen, dass das Pendel schon wieder zurückschwingt, wie die Immobilienanalysten Knight Frank im Oktober 2021 andeuteten: »Viele zogen während der Pandemie über die Stadtgrenze, im Glauben, dass sie im bequemen Homeoffice im Grünen arbeiten könnten. Heute merken viele, dass das nicht ganz stimmt.« Denn ganz ohne Präsenz im Büro geht es nicht, und das bedeutet mühsam ­lange Wege in die Stadt und wieder zurück. Auch realisieren viele, dass zwitschernde Vögel und das Pub am Kreisverkehr dem kulturellen Buzz der Metropole nicht das Wasser reichen können. 

Einen kompletten U-Turn wagen aber die wenigsten. Stattdessen will man das Beste beider Welten. »Die große Mehrheit der ­Käufer von außerhalb Londons sucht ein zweites Standbein in der Stadt,« sagt James Clarke, Head of London Sales bei Knight Frank, und die Anfragen steigen rapide an. »Boomerang buyers« lautet die treffende Bezeichnung für diese Käufer.Der Markt für Luxusapartments blieb von diesem Hin und Her noch weitgehend verschont, auch wenn sich die Renditen dezent einbremsten. Gut für Anleger, denn Premiumstandorte kommen zurzeit viele auf den Markt. Nicht nur in der City, auch in traditionell ­noblen Gegenden wie Mayfair und Kensington und vor allem am lange ignorierten ­Themseufer.

Mit ihren vier weißen Schloten war die Battersea Power Station ein ikonisches Wahrzeichen des Londoner Südens. Lange dem Zerfall überlassen, ist das ehemalige Kraftwerk heute das Zentrum eines der größten und teuersten Stadtentwicklungsgebiete.

batterseapowerstation.co.uk

© Battersea Power Station | Hufton & Crow

Toplage Themse

Die größte Ansammlung von Neu-Apartments clustert sich um die Battersea Power Station am Südufer der Themse: die neue US-Botschaft, die luxuriösen »Embassy Gardens« mit ihrem etwas albernen, aber aufsehenerregenden Glas­pool in luftiger Höhe zwischen zwei Gebäuden, die Wohnbauten von Norman ­Foster und Frank ­Gehry, die maximal ­verwertbare Wohnfläche mit einem dekora­tiven Schimmer von Stararchitekten-Signatur kombinieren.

Direkt gegenüber erwarb Qatari Diar schon 2007 für fast eine Milliarde Pfund das bis ­dahin vom Militär genutzte Areal der Chelsea Barracks in hervorragender Lage. Nach schwierigem Beginn – Finanzkrise und erfolgreicher Protest des konservativen Prince Charles gegen zu moderne Architektur – sind die in gediegenem Beige gehaltenen Stadt­häuser heute ein Asset, ebenso wie die Chelsea Waterfront etwas flussaufwärts, deren zwei elegante Türme das Beste aus ihrer aussichtsreichen Lage machen. Ein unverbaubar ­sicheres Investment, unabhängig von den ­politischen Gezeiten, die die Stadt, mal hin, mal her, durchströmen.

Das letzte Gustostückerl am Nordufer der Themse: Zwei schicke schlanke Türme bieten Weitblick entlang des Flusses Richtung Zentrum. Insgesamt 700 Wohnungen entstehen hier, die zweite Bau­phase wird Ende 2021 fertiggestellt.

www.chelseawaterfront.com

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