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Kultur-Herbst: Welche Ausstellungs-Highlights noch anstehen

Nichts ist fix, aber die Zuversicht groß! Museen, Ausstellungshäuser, Messeveranstalter gehen optimistisch ins letzte Quartal des Jahres. Es warten spannende Highlights auf Kunstinteressierte. Ein fokussierter Ausblick, der zum Glück, ob der Fülle, unvollständig bleiben muss.

10.09.2021 - By Stefan Musil

Ich bin eigentlich recht optimistisch, was den kommenden Herbst betrifft. Ich glaube, dass wir zumindest bei unserem österreichischen Publikum wieder mit einem angemessenen Besuch der Ausstellungen, insbesondere unserer Modigliani-Schau rechnen können«, meint Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder. Im letzten Herbst hätte des 100. Todestages von Amedeo Modigliani gedacht werden sollen. Die Pandemie kam dazwischen. 

Modigliani gerettet

Eine Ausstellung mit Blockbuster-Potenzial, auch wenn Schröder bewusst ist, »dass der internationale Besuch hinten nachhinken wird, aber dennoch rechne ich mit etwa 200.000 Besuchern bei den großen Herbstausstellungen der Albertina. Wir werden alles tun, damit es zu keinem Cluster kommt und die Menschen durch konsequentes Maskentragen und Abstandhalten zu keiner Gefahr füreinander werden.« 

Ein großer Kraftakt für Schröder und sein Team, denn »die Verschiebung hat zunächst gedroht, zu einer Absage zu werden. Das war schließlich nicht der Fall. Manche Werke, die wir 2020 aufgrund der Überschneidung mit anderen Ausstellungen nicht erhalten hätten, haben wir nun für 2021 dazubekommen, einige wenige sind aufgrund der Pandemie ausgefallen. Es ist eine ganz große und einzigartige Modigliani-Ausstellung, die ihn im Kontext seiner Zeit, des Primitivismus, mit Picasso, mit Brâncuşi, mit der primitivistischen Skulptur der Khmer zeigen wird.« Modigliani wurde besonders für seine Akte berühmt, die zu Lebzeiten mit ihrer ungenierten Direktheit provozierten. 

Waffen der Frau

Der Männerblick auf die Weiblichkeit steht ebenso im Mittelpunkt, wenn das Kunsthistorische Museum zu »Tizians Frauenbild« einlädt, um vor rund 60 Gemälden, darunter viele prominente Leihgaben, zu zeigen, wie der Meister der venezianischen Hochrenaissance und seine Zeitgenossen Tintoretto, Veronese, Bordone und Lotto die Frauen sahen und darstellten. KHM-Direktorin Sabine Haag verspricht einen differenzierten Blick: »Die Ausstellung hat ja den Untertitel ›Schönheit – Liebe – Poesie‹. Auf diesem Aspekt des Frauenbildes liegt der Fokus der ausgewählten Bilder und Themen. Das ›Frauenbild Tizians‹ zeigt keine schwachen, dem Mann unterworfenen Wesen, sondern starke, sich ihrer ›Waffen‹ bewusste Frauen. Natürlich wurden die Bilder von Männern gemalt, der Anblick erotisch aufgeladener Mythologien wohl auch meist von Männern genossen. Aber es gibt auf den Bildern eben auch recht ansehnliche Männerkörper, von denen wir annehmen können, dass sie nicht (nur) homoerotische Konnotationen hatten. Wir sehen weibliche Männer und männliche Frauen – man bewegte sich ganz ungeniert zwischen den Welten. So soll es doch sein!«

Schönheit – Liebe – Poesie. Auf diesem Aspekt liegt der Fokus der ausgewählten Bilder und Themen. Das ›Frauenbild Tizians‹ zeigt keine schwachen, dem Mann unterworfenen Wesen, sondern starke, sich ihrer ›Waffen‹ bewusste Frauen.

Sabine Haag, Direktorin des Kunsthistorischen Museums Wien

Avantgarde, weiblich

Es folgt ein harter Perspektivwechsel, denn ab September wird die wunderbar grenzenlose Rebecca Horn in einer Personale im Kunstforum Wien gewürdigt. 2010 mit dem Praemium Imperiale ausgezeichnet, zählt sie zu den Großen der internationalen Kunstszene. Letztere hat im Schaffen von Margot Pilz noch einiges zu entdecken. Kunsthistorikerin Nina Schedlmayer hat soeben im Buch den Weg dieser feministischen Künstlerin und Pionierin der Medienkunst aufgezeichnet. Die Kunsthalle Krems reicht mit »Margot Pilz. Selbstauslöserin« die Ausstellung nach. 

Pilz ist neben Renate Bertlmann, Valie Export, Birgit Jürgenssen, Martha Rosler oder Cindy Sherman auch unter den 82 ausgestellten Künstlerinnen bei »Female Sensibility« im Lentos Kunstmuseum in Linz. An rund 200 Arbeiten aus der Sammlung Verbund möchte deren Direktorin Gabriele Schor vorführen, was sie unter dem von ihr geprägten Begriff der »Feministischen Avantgarde« versteht. 

Verschiebungen und Absagen haben genauso die Welt der Kunstmessen getroffen. Jetzt soll nachgeholt werden. So ist die »Art Basel« von 24. bis 26. September angesetzt. Die »Frieze London« und »Frieze Masters« sollen von 13. bis 17. Oktober zu Kunsttreffpunkten werden. Und auch Paris hat seine zwei wichtigen Kunstmessen für Herbst angekündigt: Die zeitgenössische »FIAC« (21.–24.10.) und die »Paris Photo« (11.–14.11.) bitten, nachdem das Grand Palais gerade renoviert wird, ins spektakuläre Ausweichquartier »Grand Palais Éphémère« gegenüber des Eiffelturms.

Ein neuer, alter Standort lockt in Wien, wenn die Kunstsammlung der Akademie in die renovierten Räume am Schillerplatz zurückkehrt. Zur Eröffnung gönnt man sich »Hungry for Time«, eine »Einladung zu epistemischem Ungehorsam mit Raqs Media Collective in den Kunstsammlungen der Akademie der bildenden Künste Wien.« Als »so etwas wie eine nachgeholte Eröffnung« bezeichnet auch Schröder die Herbstausstellungen der »Albertina Modern«, deren eigentliche Übergabe ans Publikum dem ersten Lockdown zum Opfer gefallen ist. Neben »Schiele und die Folgen« setzt besonders »The 80s. Anything Goes« den Einschränkungen der letzten Zeit Aufbruchsstimmung entgegen.

Alles schon da!

»Vielleicht meine Lieblingsausstellung dieses Herbstes in der Albertina Modern, weil die 80er-Jahre das Jahrzehnt sind, das unsere Gegenwart unmittelbar vorbereitet«, so Schröder. Er präzisiert: »In den 80er-Jahren wird die ruppige Kunst der Straße entdeckt: Graffiti. Es wird ein neuer Kunstbegriff entwickelt, der radikal Schluss macht mit dem jahrhundertealten Kunstbegriff, der auf der Singularität, der Kreativität, auf der Innovationskraft basiert. Stattdessen weiß man, dass alles schon da war, man nichts erfinden kann: Es wird wiederholt. Nicht mehr Authentizität und Unmittelbarkeit werden angestrebt, im Gegenteil: Diese werden als Illusion entzaubert. Wir feiern diese Kunst mit den Hauptwerken von Basquiat, Jeff Koons, Julian Schnabel oder der Transavantgarde in Italien genauso wie mit den wichtigen österreichischen Künstlern, die in der neuen Malerei, von Scheibl über Schmalix bis zu Moosbacher und Damisch, ihres geleistet haben.«

Natürlich bin ich mir bewusst, dass der inter­-nationale Besuch hinten nachhinken wird, aber dennoch rechne ich mit etwa 200.000 Besuchern bei den großen Herbstausstellungen der Albertina.

Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina

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