© Courtesy of Veliz Arquitecto

Hüttenzauber: Die verrücktesten Hütten der Welt

Wer sich im kommenden Sommer auch von der permanenten Angst vor dem Coronavirus erholen möchte, der ist in diesen Hütten, Baumhäusern und Minichalets bestens aufgehoben. Die dezentralen Einsamkeitshotels mitten in der Natur erleben einen regelrechten Boom und poppen weltweit auf wie die Schwammerln.

27.05.2021 - By Wojciech Czaja

Unten die Küche, auf der zweiten Etage das Bad, auf der Ebene darüber das Schlafzimmer, wehende Vorhänge inklusive, im letzten Stockwerk schließlich ein Wohnzimmer unter freiem Himmel mit Blick in die Baumkronen. Und mit etwas Glück natürlich auch auf die unzähligen Löwen, Büffel und Giraffen, die sich im 15.000 ha großen Ngala-Nationalpark tummeln. Ab 8.500 Rand pro Nacht, rund 500 Euro, ist man mit von der Partie, doch dafür gibt es nicht nur einen eigenen Speiselift, damit man die Getränketabletts die 50 Stufen nach oben nicht mühsam hinaufbalancieren muss, sondern auch die Garantie auf einen coronafreien Urlaub. 

Tatsächlich boomen derzeit kleine Hütten, Baumhäuser und Minichalets, in denen man allein, zu zweit oder mit der ganzen Familie die Ferien verbringen kann, ohne dabei ­anderen Gästen über den Weg zu laufen. »Unsere Aufgabe war es, mitten im Nationalpark eine romantische, abenteuerliche Herberge zu kreieren, die es ermöglicht, sich in die Welt zu verlieben«, sagen Debra Fox und ­Christopher Browne, die in Johannesburg das Designbüro Fox Browne Creative leiten. ­Gemeinsam mit Architekt Alexander Walt haben sie diese außergewöhnliche Safari-Lodge geplant, die vor rund einem Jahr in Betrieb genommen wurde. »Das Haus ist autark und kann sich mit Solarstrom, Grauwasserzisterne und Bio-Rock-Sanitärsystem selbstständig versorgen.« 

Brüllende Löwen und affenheißes tropisches Klima wird man in Norwegen zwar schwer finden, doch auch hier kann man sich in stilsichere Einsamkeit begeben und in den Wipfeln der Bäume die Seele baumeln lassen. Unter dem Namen »Woodnest« schufen die norwegischen Architekten Helen & Hard ein sensationelles Baumhaus, das nicht nur so heißt, sondern in der Tat auf den Stamm einer der Tausenden hier herumstehenden Fichten aufgespießt wurde. Auf einer Fläche von 15 m2 kann man den Baum oder auch seinen eigenen Liebespartner umarmen und bei einem Gläschen Aquavit mit Blick auf den Hardangerfjord den Tag ausklingen ­lassen. 

»Das ist wahrscheinlich eine der schönsten Bauaufgaben, die wir je realisieren durften«, sagt Reinhard Kropf, der gemeinsam mit seiner Partnerin Siv Helene Stangeland das Büro Helen & Hard leitet. »Unser Bauherrenehepaar hat sich vor Jahren einmal in einem Baumhaus verlobt, und so hatten sie eines Tages die Idee, selbst ein kleines Baumhaushotel zu gründen. Hier, in der Nähe der ehemaligen Industriestadt Odda, haben sie ein Stückchen Wald gefunden, wo sie diesen Traum mit unserer Hilfe realisiert haben.« 

Betreten wird das »Woodnest« über einen kleinen Holzsteg, unter dem sich – geschickt versteckt – die gesamten Versorgungs­leitungen, wie etwa für Strom, Wasser und Abwasser, befinden. Das Haus selbst ist ein modular aufgebauter Holzleichtbau, der mit nur zwei hölzernen Dübeln, die durch den 50 cm dicken Stamm getrieben wurden, auf der etwa 70 Jahre alten Fichte hängt. Durch den minimalinvasiven Eingriff, ohne dabei Kern und Rinde zu zerstören, kann sich der Baum weiterhin ohne Probleme mit Wasser und Nährstoffen aus dem Boden versorgen und weiterwachsen. 

Zur Ausstattung des fast schwerelos schwebenden Nests zählen ein kleines, kompaktes Bad, ein Schlafzimmer mit Doppelbett sowie ein Wohnbereich mit Klappsofa und zwei Lounge-Chairs mit Blick auf den darunter liegenden Fjord. Außen ist das teils verglaste »Woodnest« mit riesigen Kieferschindeln verkleidet, die von einer lokalen Firma produziert werden, die zur Resozialisierung in den Arbeitsmarkt suchtkranke und drogenabhängige Menschen beschäftigt. Und: Sollte der Baum eines Tages durch Blitzschlag oder Käferbefall seine Tragfähigkeit verlieren, kann das Baumhaus jederzeit in Einzelteile zerlegt und am nächstbesten Baum wieder montiert werden. 

Derzeit besteht das Hotel aus zwei »Woodnest«-Einheiten, die in der Errichtung rund 200.000 Euro pro Stück kosten. Die nächsten zwei Nester sind bereits in Bau, sechs weitere Holzkanzeln sind in Planung. »Ich glaube, dass diese Form des sanften, nachhaltigen Tourismus in den kommenden Jahren deutlich zunehmen wird«, sagt Architekt Kropf. »Allein schon in Skandinavien entstehen einige atemberaubend schöne Projekte, die einen einfachen, aber sehr schönen und vor allem coronafreien Urlaub ermöglichen.« Die Anreise zum »Woodnest« erfolgt übrigens über einen rund 20-minütigen Fußmarsch, stetig steil den Hang hinauf. Das nennt sich dann wohl Aktivurlaub. 

Cabins on the Mountain, Kuba

© Courtesy of Veliz Arquitecto

Urlaub in Zeiten von Corona? Der kubanische Architekt Jorge Luis Veliz Quintana hat diese Vision von am Waldhang verstreuten, dezentral organisierten Chalets entwickelt. Die Hotelzimmer bestehen aus einer gewölbten Holzkonstruktion, die dem Panzer von Insekten nachempfunden ist. In den kommenden Monaten soll das im April vorgestellte Projekt mithilfe von CNC- und Softwareprogrammen realisiert werden.

Anna Cabin, Niederlande

© www.tonutunnel.com

Der holländische Architekt Caspar Schols hat diese archaische, aber ausgetüftelte Urlaubshütte entwickelt. Je nach Wunsch und Bedarf kann man die Holzfassade und die darunter befindliche Glashülle auf Rollen händisch zur Seite schieben. Auf diese Weise verwandelt sich »Anna« von der Hütte in ein Glashaus oder in eine Outdoor-Wohnplattform. Der vorgefertigte Bausatz kostet 87.000 Euro. cabin-anna.com, casparschols.com

Hytte, Großbritannien

© Merge Visualisation Studios

Die beiden Londoner Designbüros Koto Design und Aylott + Van Tromp entwickelten diese »Hytte«, die im Urlaub keine Wünsche offen lässt – die Fassade aus dunklen skandina-vischen Hölzern, der Innenraum im Scandic Chic mit Einbaumöbeln und verschiebbaren Fensterläden. »Wir suchen gerade nach Partnern, die sich trauen, das Hospitality-Konzept mit uns umzusetzen«, sagt CEO Nathan Aylott. Mutige voran! kotodesign.co.uk, aylottandvantromp.com

Woodnest, Norwegen

© Sindre Ellingsen

Im südlichen Norwegen findet man dieses zauberhafte »Woodnest« mit Blick auf den Hardangerfjord. Das von Sally und Kjartan Aano betriebene Minihotel umfasst alle Annehmlichkeiten auf kompakten 15 m2 und hängt auf gerade mal zwei Holzdübeln auf der 70 Jahre alten Fichte. -Zimmerkapazität auf Anfrage. helenhard.no, woodnest.no

Lumipod, Frankreich

© Kevin Dolmaire

Das französische Unternehmen Lumicene ist auf innovative Fensterlösungen spezialisiert und plante die zylindrische Hotelkapsel »Lumipod«. Die gewölbten Glasschiebetüren im Schlafbereich lassen sich komplett zur Seite schieben, übrig bleibt ein fünf Meter breites Open-Air-Erlebnis mit wehenden Vorhängen und geschickt integriertem Bad und WC hinter dem Betthaupt. Das erste »Lumipod« steht in den französischen Alpen. Moskitoschutz nicht vergessen! lumicene.com

Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 04/2021

Für den LIVING Newsletter anmelden

* Mit Stern gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Anrede

Lifestyle & Genuss – das sind die zentrale Themen der Falstaff-Magazine. Nun stellen wir das perfekte Surrounding dafür in den Mittelpunkt. Das Ambiente beeinflusst unsere Sinneseindrücke – darum präsentiert Falstaff LIVING Wohnkultur und Immobilien für Genießer!

JETZT NEU LIVING 24/03