© Helsinki Biennal

Helsinkis Kunstszene ist ein gut gehütetes Geheimnis

Tanninen-Mattila, die Direktorin des Helsinki Art Museum und der ersten Helsinki-Biennale, erklärt, was die finnische Kunstwelt ausmacht: Selbstverständlichkeit, Demokratie, und sehr viel Naturerfahrung.

04.08.2021 - By Maik Novotny

LIVING  In den letzten Jahren wurden in -Helsinki mehrere große Kulturbauten eröffnet, wie das Museum Amos Rex oder die Zentral-bibliothek Oodi. Eine neue Kulturoffensive oder Teil einer Kontinuität?

Maija Tanninen-Mattila Es ist Teil einer Kontinuität, aber es gibt ein gestärktes Bewusstsein dafür, was ein Museum heute verkörpern kann: einen Ort, an dem man sich trifft, der mit dem Ökosystem der Stadt vernetzt ist, der Bewohner und Besucher
in gleichem Maße willkommen heißt. Es gibt heute einen großartigen Museums-Cluster, mit der Kunsthalle, dem Kiasma, dem Ateneum, dem Amos Rex und dem Museum für Naturgeschichte. Die breite Öffentlichkeit hat die Möglichkeiten dieses Clusters auch sehr schnell realisiert. Helsinki ist sehr kunstaffin, aber das ist immer noch ein gut gehütetes Geheimnis.

Ein Fall von nordischer Bescheidenheit?

Vielleicht! (Lacht.) Wir Finnen sind sehr gute Schweiger, aber auch sehr gute Zuhörer. Im Moment freue ich mich jedenfalls sehr über die anstehende Helsinki-Biennale, die die -finnische Kunst ins Rampenlicht stellen wird.

Die erste Ausgabe der Helsinki-Biennale -wurde im Juni eröffnet. Was war das Motiv, einen solchen Event ins Leben zu rufen? 

Es geht darum, lokale und internationale Besucher zusammenzubringen. Deshalb haben wir die früher militärisch genutzte Insel Vallisaari als Location ausgesucht. Sie war jahrzehntelang für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, daher werden auch die -Einheimischen voller Neugier sein. Es war eine ziemliche logistische Aufgabe, eine -Biennale an einem so ungewöhnlichen Ort zu organisieren, aber alle haben sehr viel Arbeit investiert. Alle Kunstwerke wurden extra für -diesen Ort geschaffen.

Wie würden Sie die Kunstszene Helsinkis einem Außenseiter beschreiben?
Was macht sie besonders? 

Wir haben sowohl sehr gute von Künstlern betriebene Art Spaces als auch exzellente -Institutionen. Die Mischung aus beiden macht den Charakter aus. Beim HAM (-Helsinki Art Museum) haben wir beides unter einem Dach: eine Institution, die schon seit 1968 eine Galerie beinhaltet, die für -junge Künstler reserviert ist.

Das stadteigene HAM verwaltet viel Kunst im öffentlichen Raum. Ist dieser Anspruch, bürgernah zu sein, typisch finnisch?

Wir waren nie ein Königreich, also gab es hier nie eine Elite. In Finnland gibt es die Regel: »Ein Prozent für die Kunst«. Das heißt, immer wenn ein öffentliches Gebäude errichtet wird, geht ein Prozent der Kosten in die Kunst. Da Helsinki sehr stark wächst und viele neue Stadtviertel entstehen, taucht auch sehr viel neue Kunst in der Stadt auf, sowohl von einheimischen als auch von internationalen Künstlern. Auch die Arbeiten der Biennale werden nach Ende der Veranstaltung in der Stadt bleiben. Das ist toll, weil sie nach einer Weile eine eigene Persönlichkeit be--kommen und die Menschen sie in einem anderen, alltäglichen Kontext erleben werden.

Welche Museen würden Sie einem Wochenend-Besucher in Helsinki empfehlen?

Helsinki ist eine sehr fußgängerfreundliche Stadt, also würde ich einen ausgedehnten Kunst-Spaziergang empfehlen. Am besten beginnt man mit dem Museums-Cluster im Zentrum und spaziert dann an der Küste entlang, wo es ebenfalls viele Museen gibt. Außerdem hat die Stadt in den letzten Jahren sehr viel in die Attraktivität der Ufer investiert. Auch in den Außenbezirken passiert inzwischen sehr viel – Kallio, früher ein recht raues Viertel, hat sehr viele Restaurants und Galerien. Und natürlich die Biennale! Der Eintritt ist frei, nur der Boat-Shuttle kostet einen kleinen Obolus. Zum Schluss sollte man natürlich eine der öffentlichen Saunas besuchen, die in den letzten Jahren wiederentdeckt wurden.

Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 05/2021

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