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Die Tokenisierung von Immobilien eröffnet neue Möglichkeiten des Investments. Was vor zwei, drei Jahren noch weit weg erschien, ist mittlerweile in der Immobilien­wirtschaft angekommen. Steuerexperte Florian Petrikovics von der TPA Group erklärt im Interview die Zusammenhänge und die künftigen Entwicklungen.

03.05.2022 - By Walter Senk

Residences: Können Sie kurz erklären, worum es bei Blockchain und Tokenisierung geht?
Florian Petrikovics: 
Die Blockchain kann mit einem weltumspannenden Betriebssystem verglichen werden, auf dem kleine Programme installiert werden können. Diese kleinen Programme sind die sogenannten Token, die je nach Ausgestaltung eine Vielzahl von Rechten und Pflichten repräsentieren können. Im Zusammenhang mit Immobilien beziehen sich diese im Token verbrieften Rechte momentan in der Regel auf die finanziellen Aspekte einer Immobilie, also die Beteiligung am laufenden Ertrag. Denkbar wäre es zukünftig auch, Mitbestimmungsrechte oder Gestaltungsrechte über einen Token abzubilden.

Wie weit ist die Tokenisierung von Immobilien vorangeschritten? Gibt es bereits Projekte?
In der Vergangenheit wurden bereits erfolgreich Immobilien-Token emittiert, die Genussrechte an Immobilien verbrieften. Dadurch wurden die Token-Anleger wirtschaftlich am laufenden Ertrag und an einem allfälligen Veräußerungserlös einer Immobilie beteiligt. Momentan sind einige Projekte in Arbeit, bei denen ein unmittelbarer Bezug zur Immobilie hergestellt werden soll. TPA selbst ist gerade in die Konzeption mehrerer solcher Projekte involviert.

Wo liegen die rechtlichen Herausforderungen?
Gerade bei Immobilien-Token liegt die Herausforderung darin, dass viele Immobilienanleger eine gewisse »Nähe« zur Immobilie im Sinne eines Grundbucheintrags wünschen. Eine Grundbucheintragung kann in Österreich nicht mit einem Token abgebildet werden. Daher beziehen sich Immobilien-Token in der Regel auf den Ertrag einer Immobilie. Es befinden sich jedoch gerade Token-Projekte in Arbeit, die durch Tokenisierung von GmbH-Anteilen eine Beteiligung an Immobilienprojektgesellschaften ermöglichen sollen.

Was bedeutet die Tokenisierung für die Zukunft?
Die Tokenisierung ermöglicht es, neue kleinteilige Finanzinstrumente zu schaffen. Dadurch können Kleinanleger in Assetklassen investieren, die ihnen bei einem Direktinvestment aufgrund des Mindestinvestments vielleicht verwehrt bleiben würden.

Florian PetrikovIcs ist Steuerberater und Partner bei TPA. Seine Beratungsschwerpunkte sind Immobilien, Konzern- und Privatstiftungssteuerrecht und Tokenisierung von Vermögenswerten. Er betreut vorwiegend Immobilienkonzerne und Unternehmensgruppen sowie Privatstiftungen und wohlhabende Privatpersonen.

Was würde eine Vielzahl an tokenisierten Immobilien für eine Privatperson bedeuten?
Bei Fortschreiten der Entwicklung wird mittelfristig für Anleger die Möglichkeit bestehen, aus einer Vielzahl von Immobilien-Token zu wählen und somit wirtschaftlich ein breit diversifiziertes Immobilienportfolio aufzubauen. Im Gegensatz zur Investition in eine Eigentumswohnung kann man durch diese Diversifikation gewisse Immobilienrisiken (z. B. Leerstand) minimieren.

Wäre eine Tokenisierung auch für Projektentwickler ein Thema?
Für Projektentwickler wird die Tokenisierung einerseits als Finanzierungsinstrument und andererseits auch als Absatzinstrument interessant. Je nach Ausgestaltung kann der
Projektentwickler Fremd- oder Eigenkapital für die Projektentwicklung aufnehmen oder die errichteten Immobilien wirtschaftlich verkaufen.

Sind Immobilien-Token untereinander handelbar?
Durch die Tokenisierung werden die im Token verbrieften Rechte auf der Blockchain handelbar. Das bedeutet, dass der Token grundsätzlich frei übertragen werden kann. Aktuell gibt es noch keine Handelsplätze für derartige Token. Es ist davon auszugehen, dass sich solche Marktplätze zukünftig bilden werden.

Wann, schätzen Sie, wird so ein Geschäftsmodell bei uns Usus sein?
Die rechtlichen und technischen Grundlagen sind vorhanden, größere Tokenisierungsprojekte werden heuer umgesetzt werden. Es ist daher von einem weiteren Wachstum dieser Assetklasse auszugehen.

Erschienen im Falstaff LIVING Residences 01/2022

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