© Piotr Niepsuj

In einem stylishen Zuhause darf ein Teppich als neues It-Piece nicht fehlen. Das kuschelige Gefühl beim Barfußgehen und aufregende Designs gibt es als Draufgabe. LIVING hat bei Produzenten nachgefragt, warum nachhaltige Teppiche als neues Luxusgut gehandelt werden.

16.02.2022 - By Florentina Welley

Noch vor wenigen Saisonen galten Teppiche als spießig und angestaubt. Warum sie jetzt ein Revival erleben, ist schnell erklärt: Wer kalten Fuß­böden abschwören und zudem ein schickes Wohlfühlambiente beibehalten will, denkt an textile Bodenbeläge. Spätestens in Zeiten der Pandemie, die mit bewusstem Wohngefühl für Homeoffice und Co. und dem Trend zu Yogaübungen im eigenen Heim einhergeht, ist ein weicher, flexibler Untergrund gefragt und Teppichproduzenten haben Hochkonjunktur. Vorbei ist nur die Zeit verstaubter Perser oder langweiliger Teppichböden.

»Der Trend von früher, kleine Brücken in der Wohnung zu errichten, ist vorbei. Heute geht es darum, großflächigere Oasen zu schaffen. Auch Wand- und Outdoorteppiche sind ­wieder im Kommen«, so der Grazer Teppichproduzent Harald Geba.

MADE TO MEASURE

Fast könnte man sagen, »back to the roots«, denn bereits vor 10.000 Jahren stellten Noma­denvölker und die ersten sesshaften Bauern Teppiche aus Schafwolle her. Ein nach wie vor erprobtes, wärmeregelndes und atmungsaktives Material. Heute kommen Mohair, tibetische Hochlandschafwolle, vegane ­Fasern wie Hanf, Sojaseide oder Leinen dazu. »Der Teppich per se war in seiner Verwendung ein bewegliches Raumelement, auf dem gewohnt, gegessen und geschlafen wurde. Er wurde immer anders eingesetzt und konnte leicht transportiert werden«, erzählt Architekt Arkan Zeytinoglu, der für ein neues ­Hotelprojekt runde, flexibel nutzbare Teppiche einplant. Muster und Farben spiegeln dabei die DNA des Hotels wider und sind heute wichtige Stil-Statements auch im privaten Raum. Dabei kommen immer öfter, etwa bei Geba, Pflanzenfarben aus Wurzeln, Walnuss und Co. zum Einsatz.

Künstlerische Vielfalt

Die Gründer von cc-tapis, Nelcya Chamszadeh (M.), Fabrizio Cantoni (l.)und Art-Direktor Daniele Lora (r.) vor ihren Kunstwerken. Jeden Monat wird ein neuer Teppichentwurf eines jungen Designers produziert. 

Architektur der Fläche

Labverts Teppichkreation »Transitions« bekennt Farbe und Form. Architekt und Designer Stephan Vary will damit starre Linien brechen.
 

Mikro-Makro

Das Design zeigt den tibetischen Schlingknoten eines gewebten Teppichs, als würde man ihn durch eine Lupe ansehen. Das Museum für angewandte Kunst Wien kaufte den Teppich von Patrick Rampelotto, produziert von Geba, für die Sammlung an. 

Wohnen mit Mode

Marco de Vincenzo verknüpft Mode erstmals mit Wohnen. Er übertrug sein aktuelles Lurex Modedesign auf diesen Teppich.

Re-Design 

»Balders Hage«-Re-Edition von Ingrid Dessaus Kasthall-Teppich. Erhältlich bei Wohnsalon P. 

© Falstaff - Kann Produktplatzierung enthalten

Dass Design bei Teppichen als künstlerisches Projekt und nicht bloß als Ornament verstanden wird, ist Stephan Vary von Labvert, Patrick Rampelotto oder Art-Direktor ­Daniele Lora von cc-tapis, einer Mailänder Teppichfirma, wichtig. »Wir wollen nicht nur digitale Prints umsetzen, sondern der Oberfläche des Teppichs mit unterschiedlichen Faserhöhen einen Körper verleihen. Das ist echter Designzugang«, sagt Lora. »Wir ­arbeiten seit Jahren mit den besten Designern zusammen. Unsere erste Kooperation war ein Projekt mit Patricia Urquiola, unsere neueste, mit dem Modedesigner Marco de Vincenzo, dessen Teppichentwürfe jetzt direkt im ­Online-Store erhältlich sind. Hier haben wir erstmals Lurexfasern verwoben. Bei solchen Projekten entdecken wir immer Neues, wie etwa die Jacquard-Webtechnik, wo wir für ein Modell der japanischen Desi­gnerin Yuri Himuro einen Handwebstuhl

einsetzten.« Ein Teppich, der dann übrigens vom Eigentümer selbst individuell in Höhe und Form zurechtgeschnitten werden kann. »Wir produzieren Teppiche, um damit das Flair von Kunst und Design weiterzugeben«, so Co-Founder Fabrizio Cantoni.

NACHHALTIGES STATEMENT

Bei Mustern und Design greifen Produzenten gerne auf Retromuster zurück, die neu interpretiert werden und zu nordischem Wohnstil oder Mid-Century-Möbeln passen. Wie etwa Teppich »Balders Hage« von Kasthall-Col­lective. »Der Trend zu Retro hält an. Und ­Re-Editionen wie die von Ingrid Dessaus gewebten Rya-Teppichen aus den 1960er-Jahren sind wieder gefragt«, meint Ursula Polster vom Wiener Wohnsalon P.

Labverts Teppichkreation »Transitions« zeigt hingegen ein Design, das futuristisch wirkt. »Die Übergänge zwischen Architektur und Objektdesign sind fließend und sollen bewusst aus der Strenge der klassischen Rechteckform ausbrechen«, so Architekt Stephan Vary. Er spielt mit geometrischen Formen und starken Farbkontrasten und will damit ein Statement setzen.

»Wir verbringen wieder viel mehr Zeit zu Hause und wollen es gemütlich haben. Teppiche am Boden wirken gesellig.«

Harald Geba

Geschäftsführer,Teppichgalerie Geba

Harald Geba

Geschäftsführer,Teppichgalerie Geba

Auch Nachhaltigkeit gehört heute zur DNA jedes Teppichs und spiegelt sich in Materialien und Produktionsprozessen wider. Hierzu hat die Mailänder Teppichfirma neue Ideen. Heute produziert cc-tapis 105 Capsule-Kollektionen von handgeknüpften Teppichen in Nepal sowie 25 Capsule-Kollektionen handgewebter Teppiche in Indien. Produziert wird nach alter tibetanischer Knüpfkultur ohne Einsatz von Maschinen und synthetischen Fasern aus feinster Himalaya-Wolle. »Unser Designprozess findet mit den Designern selbst statt und ist mehr als digitale Arbeit am PC. Der Raum, in dem der Teppich zukünftig liegen soll, wird schon beim Konzept miteinbezogen«, sagt Lora. Neu ist der Einsatz von Econyl, einer Nylonfaser, die aus recyceltem Ozeanplastik erzeugt wird. Für das Packaging selbst verwendet cc-tapis widerstandsfähiges Denim, das aus recycelten Stoffen erzeugt wird. »So wird die Kreislaufwirtschaft des Materials zu einer Botschaft über Nachhaltigkeit. Bald werden wir den CO2-Fußabdruck jedes einzelnen Teppichs mitliefern können.«

BARFUSS AUF GOLD

»Teppiche sind bei jungen Menschen wieder gefragt, auch um das Homeoffice gemütlich zu machen. Wertbeständige Modelle, die perfekt ins Ambiente passen und zeitlos sein sollen, sind besonders beliebt«, weiß Harald Geba, der in Nepal produziert und auf Kooperationen mit österreichischen Designern setzt. Wie etwa mit Patrick Rampelotto, der erstmals echte Goldfäden einsetzt, um den Teppich als neues Luxusgut zu interpretieren.

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Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 01/2022

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