© Kramar für Lobmeyr

Aldo Bakker: »Design entsteht aus einem inneren Bedürfnis«

Seine schlichte Formensprache hat den Anspruch des Zeitlosen. Und doch wohnt den von Aldo Bakker designten Gegenständen ein starker zeitgenössischer Gestus inne. Seine Designs besitzen ohne laute Aufdringlichkeit eine starke Präsenz. Diesen Spagat hat er nun zum zweiten Mal für das Wiener Traditionsunternehmen Lobmeyr geschafft.

17.05.2023 - By Verena Schweiger

Aldo Bakker hat jene jungendhafte Aura, die besonders erfüllten Menschen beschieden ist. Seine blitzblauen Augen ruhen gelassen im gebräunten Gesicht, der Blick ist klar und direkt. Spricht er über seine Arbeit und den Prozess des Designens, wird seine zurückhaltende, freundliche Art von einem ansteckenden Enthusiasmus erfüllt. Die Galerie Mario Mauroner zeigte Aldo Bakkers Designs erstmals im Rahmen der Vienna Design Week in Österreich. Nun arbeitet der niederländische Designer zum zweiten Mal mit dem österreichischen Traditions- und Familienunternehmen Lobmeyr zusammen. Nach einer variantenreichen Glasserie mit dem vielversprechenden Namen »Reigen«, hat Aldo Bakker nun ein Night-Set geschaffen. 

Falstaff Living: Lobmeyr feiert im Juni 200-jähriges Jubiläum. Inwiefern war es für Sie als zeitgenössischer Designer schwierig, sich in diesen Kosmos der Tradition einzufinden?

Aldo Bakker: Es ist schon ein Unterschied für ein Unternehmen zu designen, das derart lange existiert. Ich kannte viele Designs bereits von früher, war aber dann doch mehrere Male im Geschäft, um quasi das Archiv und die Atmosphäre aufzusaugen. Auch die vorhandene Expertise in Bezug auf die Glasbläserei ist bei einem Traditionshaus eine andere, als bei vergleichsweise jungen Unternehmen.

Wie hat sich die Zusammenarbeit ergeben?

Die Eigentümerfamilie und ich haben einen gemeinsamen Freund, der uns einander vorgestellt hat. Ich kannte Lobmeyr, wie gesagt, schon viele Jahre. Am Beginn meiner beruflichen Laufbahn bin ich auf die Designs aufmerksam geworden und war sofort überwältigt von der Qualität. Es ist in gewisser Weise ein wahrgewordener Traum für dieses Haus zu arbeiten. Vor dem ersten Treffen war ich sehr aufgeregt. Ich wurde innerlich zu dem Jungen von damals. Erstaunlich, dass dieses Gefühl der Bewunderung nicht altert. Es war genauso stark als bei meiner ersten Begegnungen mit der Marke. Mittlerweile hat sich das zum Glück normalisiert, und wir können scherzen.

Variantenreiches Spiel: Die Serie »Reigen« besteht aus drei Gläsersets und 18 Kombinationsmöglichkeiten. 

© Kramar für Lobmeyr

Stille Wasser: Das Nightset ist in drei verschiedenen Farben erhältlich. 

© Kramar für Lobmeyr

Wie schaffen Sie es, ein Archiv zu studieren, ohne zu sehr von dessen Formensprache beeinflusst zu werden?

Das ist vor allem eine Frage der Zeit. Was ich tue, entspringt einem inneren Bedürfnis Präsenz zu verleihen. Es ist nicht an eine Gelegenheit oder einen Moment gebunden. Es ist dieser Drang in mir Präsenz zu verleihen und mit Form zu arbeiten, den Unterschied zwischen der einen und der anderen Linie zu verstehen und daraus etwas Neues zu erschaffen. Ich beobachte pausenlos – bewusst oder unbewusst. Allmählich entstehen daraus meine Designs, mein ureigenster Weg. Wenn du an einem bestimmten Thema oder Format arbeitest, dann läuft man unmittelbar Gefahr zu imitieren. Wenn die Arbeit aber der eigenen Persönlichkeit entspringt, ist das nicht möglich. Wir sind alle einzigartig.

Wie haben sie sich herangetastet? Gab es Restriktionen oder Vorgaben?

Ich hatte mit Leonid Rath, der im Unternehmen für das Design zuständig ist, mehrere Gespräche. Er hat seine Erwartungen und die Richtung klar kommuniziert, auch wofür Lobmeyr steht. Wir haben über verschiedene Möglichkeiten gesprochen. Mir war jedoch schnell klar, dass ich die für Lobmeyr typische Formensprache beschreiten möchte: perfekt geblasene Gläser, dünn, aber schwer. 

So entstand die erste Zusammenarbeit »Reigen«…

Ja genau, die Gläserserie besteht aus drei Sets mit 18 Kombinationsmöglichkeiten. Es braucht zwei verschiedene Gläser, wenn man sie aufeinanderstellt, ergibt sich eine neue, dritte Form. Es trennt sie kein Verbindungsstück, das die Schönheit zerstört. Die Gläser interagieren miteinander, was zu interessanten Kombinationen führt.

Nun folgte eine weitere Zusammenarbeit für ein Night-Set. Wie kam es dazu?

Wir sind laufend im Austausch, manche Projekte verfolgen wir nicht weiter oder heben sie für später auf. Das Night-Set sollte handlich sein, aber stabil, sodass es nicht so leicht umfallen kann, wenn es auf dem Nachttisch steht. Eine intime Geste neben dem Bett.

Waren Sie bei der Herstellung des Prototyps dabei?

Nein, ich habe das in meiner Laufbahn viele Male miterlebt, das ist nicht mehr nötig. Ich bleibe auch bewusst fern. Wenn man zu nahe an allem ist, zerstreut es den Geist und lenkt vom Eigentlichen ab. Ich will mich im Design-Prozess nicht zu sehr von Möglichkeiten und Herausforderungen der Herstellung lenken lassen. Ich will frei bleiben.

Welche Pläne haben Sie für die nähere Zukunft?

Derzeit habe ich große Lust an Gegenständen zu arbeiten, die an keine Größe gebunden sind. Wir denken im Studio gerade viel in Richtung Objekt und Skulptur. Im Rahmen der Europäischen Kulturhauptstadt 2024 in Bad Ischl werde ich zum ersten Mal Skulpturen zeigen. Es ist spannend etwas zu entwerfen, was nicht funktionieren muss, um akzeptiert zu werden.

Designer Aldo Bakker talks about his work

Aldo Bakkers Kreation für Lobmeyr wurde in Japan gezeigt.

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